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Orgelpredigt

Start → Register → Predigten → E000018: Die vortrefliche Nachtmusik (Arnstadt 1774)

a Die vortrefliche Nachtmusik (Arnstadt 1774)

Einführung in die Edition

Die Orgelpredigt des Le Geographicumf Ort: Schwabhausen (Thüringen) Schwabhausener Pfarrers Lc PredigtautorBeck, Johann Andreas (1714–1787) Johann Andreas Beck hat sich nicht erhalten. Nachweisbar ist der in Le Geographicumf Ort: Arnstadt Arnstadt 1774 verlegte Druck nur aufgrund zweier Rezensionen sowie eines Eintrags im Katalog der Ostermesse des Jahres 1774.[1]

Die drei Quellen geben den Titel in folgenden drei Varianten wieder:

  • Vortreffliche Nachtmusik, welche dem neugebohrenen Jesulein zu Ehren gebracht worden. Eine Weihnachtspredigt bey Einweihung einer neuen Orgel, Arnstadt: Tromsdorf, 8° (Messekatalog)
  • Weihnachtspredigt bey der Einweihung einer neuen Orgel über Luc. 2, 1=14. gehalten. Arnstadt. 1774 (Journal für Prediger)
  • Weynachts=Predigt […] bey Einweihung einer neuen Orgel über Luc. 2, 1–14 […] Die vortrefliche Nachtmusik, welche dem neugebohrnen Jesulein zu Ehren gebracht worden (Gothaische gelehrte Zeitungen)

Die Formulierungen entsprechen sich inhaltlich. Für den Titeleintrag im Orgelpredigt-Portal wurde der Messekatalog als Referenzquelle ausgewählt, da er der mutmaßlichen Formulierung auf dem Titelblatt des Drucks am nächsten kommen dürfte. In keiner der Quellen wird angegeben, welches Instrument mit der Predigt eingeweiht wurde. Da aber bekannt ist, dass die Le Geographicumg Gebäude: Schwabhausen (Thüringen), Trinitatiskirche Trinitatiskirche in Schwabhausen 1773 eine neue Ld OrgelSchwabhausen, [N.N.]-Orgel 1773 Orgel erhielt, liegt die Vermutung nahe, dass Beck die Predigt in seiner eigenen Pfarrkirche gehalten hat. Die Predigt muss gleich zu Beginn des neuen Jahres in Druck gegangen sein, denn am 23. März 1774 erschien bereits in den LVD18 90296915 Gothaischen gelehrten Zeitungen eine Besprechung:

Arnstadt.

Herr Johann Andreas Beck, Pfarrer in Schwabhausen, hat daselbst eine Weynachts=Predigt, welche er bey Einweihung einer neuen Orgel über Luc. 2, 1–14 gehalten, drucken lassen. Sein Thema heißt: Die vortrefliche Nachtmusik, welche dem neugebohrnen Jesulein zu Ehren gebracht worden. Wobey zu betrachten: 1 Das Collegium musicum, oder die musikalische Gesellschaft, so diese vortrefliche Nachtmusik aufgeführet. 2 Wer diese Nachtmusik anzuhören eingeladen worden. 3 Der hohe und erhabene Jnhalt oder musikalische Text. Unsre Leser werden uns verzeihen, wenn wir ihnen nur zwey Stellen aus dieser Predigt abschreiben. Der erste Theil hebt folgendermaßen an: Fragen wir, was dieses für eine musikalische Gesellschaft gewesen, so diese vortrefliche Nachtmusik gebracht? So antworten wir: Niemand anders, als die himmlische Hofkapelle, die rechte ausgelernte künstliche Virtuosen in himmlischen Chören, die Morgensterne, die jauchzenden Kinder Gottes, die starken Helden etc. Der Verf[asser] läßt sich im dritten Theil, wenn er von der Gewalt der Musik redet, also vernehmen: Orpheus soll mit seinem Gesang und Leyer die Felsen und Bäume tanzend, die Berge hüpfend, die Flüsse stillstehend, und die wilden Thiere gebändigt und zahm gemacht haben; der Orion (soll Arion heissen) mit seiner Laute die Meerschweine herbeygelockt, und gemacht haben, daß sie ihn über das Meer getragen u[nd] s[o] w[eiter]. Ein Holländer, Nicol Peter, konnte mit seiner durchdringenden Stimme Gläser zerbrechen, welches durch erregten starken Schall nicht unmöglich und dessen Würkung erstaunlich ist. Jndem der Herr Pastor von dem Endzweck der Orgeln redet, drückt er sich also aus: Hierinne gehen uns die heiligen Engel in dem heiligen Evangelio vor, die als rechte lebendige geistliche Orgelpfeifen einen solchen süßen Ton in der Luft erregen, daß die Hirten in den Bethlehemitische Feldern aufs angenehmste unterhalten wurden etc. Zugleich sind zwey Anhänge beygefügt. Der erste handelt von der Musik der Alten, und ob unsre heutige Musik derselben beykomme oder nicht. – Was haben nicht 4000 Sänger, die David im Tempel gestellt, die sich mit Fleiß darauf gelegt, das Horn zu erheben, darunter 288 Meister in der Musik, und der Assaph, Heman, Ethan und Jedithun die Oberkapellmeister gewesen, für eine Musik aufführen können? Die jungen Leviten haben die klaren Stimmen, Discant, Alt, Tenor, die Alten aber die Bässe gesungen. Der zweyte Anhang thut Vorschläge zur Verbesserung der Kirchenmusik. Vornemlich soll sie darinn bestehen, daß in einer jeden Gemeinde nur anfangs eine iede Stimme 6 bis 8 mal besetzt würde; nachher könnte auch die Anzahl steigen und vergrössert werden. Der Discant und Alt müßte unter dem Frauenzimmer in Uebung, Tenor und Alt unter den jungen Purschen, der Baß unter den Männern in Schwung gebracht werden.[2]

Die Rezension im LVD18 90123077 Journal für Prediger ähnelt der oben angeführten in einigen Wendung. In welcher Weise die zwei Texte voneinander abhängen, lässt sich aber nur schwer entscheiden:

Johann Andreas Becks, Pfarrers in Schwabhausen, Weihnachtspredigt bey der Einweihung einer neuen Orgel über Luc. 2, 1=14. gehalten. Arnstadt. 1774.

Wir stellen uns unter Herrn Beck einen ehrlichen Prediger vor, welcher zu Ende des siebzehnten Sekuli auf die Welt gekommen, und sehr sorgfältig die Methode zu denken und zu schreiben beybehalten hat, nach welcher er im Jahr 1701. unterrichtet worden. Jn seiner Priesterbibliothek mögen vielleicht Wilckin gelehrter Predigerkandidat, Bauchens Jenaische Predigermethode und Weidlichs oratorische Schatzkammer Hauptbücher seyn. Wenigstens erinnern wir uns in einem dieser Bücher eben das Thema gefunden zu haben, welches der Herr Verfasser im Jahr 1773. ausgearbeitet hat: Die vortrefliche Nachtmusik, welche dem neugebohrnen Jesulein zu Ehren gebracht worden. Er betrachtet dabey 1. das Kollegium musikum oder die musikalische Gesellschaft, so diese vortrefliche Nachtmusik aufgeführet. 2. Wer diese Nachtmusik zu hören eingeladen worden. 3. Den hohen und erhabenen Jnhalt oder musikalischen Text. – Der Predigt hat der Verfasser zwey Anhänge beygefügt. Der erste handelt von der Musik der Alten, und ob unsere heutige Musik derselben beykomme oder nicht. Der zweite thut Vorschläge zur Verbesserung der Kirchenmusik. Vornehmlich soll sie darin bestehen, daß in einer jeden Gemeinde nur anfangs eine jede Stimme sechs bis acht mal besetzt würde: nachher könnte auch die Anzahl steigen und vergrössert werden; der Diskant und Alt müste unter dem Frauenzimmer in Uebung, Tenor und Alt unter den jungen Purschen, der Baß unter den Männern in Schwung gebracht werden.[3]

Während in dieser Rezension die Zitate aus Becks Predigt fehlen, bietet der Autor Hinweise auf altgediente homiletische Modellsammlungen des ausgehenden 17. Jahrhunderts, in deren Geist ihm die Schwabhausener Orgelpredigt verfasst zu sein schien. Der Verfasser gibt allerdings die Titel nicht ganz korrekt wieder. Eher intuitiv datiert er sie in das 17. Jahrhundert zurück, obwohl die genannten Drucke alle erst nach 1700 veröffentlicht worden sind. Das Werk des englischen Theologen John Wilkins (1614–1672) erschien 1718 in Lr QuellenWilkins, Candidatus Ministerii Literatus (1718) M deutscher Übersetzung. Lr QuellenSacrosancta Concilia ad Regiam Editionem exacta 15 (1672) M Weidlings und Lr QuellenOlearius, Christliche Schuel-Freude (1666) M Bauchs Bücher hätte Beck 1701 bzw. 1704 heranziehen können. Dass in einem der drei Werke das Thema der Schwabhausener Orgelpredigt behandelt worden sei, wie der Rezensent meint, lässt sich nicht ohne weiteres verifizieren. Wilkins behandelt keine musikalischen Themen, dürfte also ausscheiden. In Bauchs Sammlung von Modellpredigten wird der Gesang der Engel in der Predigt für den ersten Weihnachtsfeiertag nur gestreift; an anderer Stelle geht er kurz auf das Collegium Davidis musicum ein.[4] Die Form einer langen Exempla-Liste findet man einzig in Weidlings lehrreichen geistlichen Excerpta zu gelehrten Reden, wo verschiedene, bisweilen kurios anmutende Geschichten über die Wirkung des Gesangs zusammengetragen sind.[5] Die exzerpierten Stellen aus Becks Predigt lassen sich aber auch hier nicht wiederfinden. So geht es dem Rezensenten offenbar in erster Linie darum, in prototypischer Weise auf eine zu seiner Zeit längst veraltete Schicht von Hilfsliteratur hinzuweisen, deren Methoden sich in Becks Orgelpredigt widerspiegeln. Aus aufklärerischer Sicht erschienen die Exempla, mit denen die Wirkung der Musik erläutert werden sollte, als Absurditäten, die in der Verballhornung der Arion-Geschichte gipfelten. Von Becks Unbedarftheit zeugen seine historischen Erläuterungen zur alttestamentarischen Tempelmusik, die er seinen Zuhörern mit dem anachronistischen Hinweis auf den zeitgenössischen vierstimmigen Satz nahe zu bringen versuchte.

Der Reflex der Beckschen Orgelpredigt in zeitgenössischen Rezensionsorganen bietet so wertvolles Anschauungsmaterial für die Kritik, der diese Gattung im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts ausgesetzt war.[6] Die Ablösung der Orgelpredigt lutherisch-orthodoxen Typs durch Predigttexte, die Musik als natürliche Gabe definierten, die die Rührung als zentrales Konzept der zeitgenössischen Ästhetik einbezogen und die Zuständigkeit für wissenschaftliche Fragen an die entstehenden Fachdisziplinen delegierten, lässt sich an einigen anderen Beispielen vorführen.[7]

Die Edition der Predigt basiert auf den zitierten Fragmenten, die in ihrem Gesamtzusammenhang in den Quellentexten dieser Einführung präsentiert werden. Erkennbar ist zum einen der Aufbau des Werks. Zum anderen werden auf diese Weise einige inhaltliche Elemente des Textes greifbar.

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Ebenfalls recherchiert wurde nach der Publikation im Rahmen des Online-Projekts Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung. Doch auch hier gelang kein Nachweis des Werks. Ermittelt wurde die Erwähnung im Messekatalog, auf die sich unsere Titelangabe stützt. Im Kommentar heißt es: Besprochenes Werk ist in den Bibliotheksverbünden nicht nachweisbar (online-Suche: Jan. 2017). Nachweis in: Allgemeines Verzeichnis der Bücher, welche in der Frankfurter und Leipziger Ostermesse des 1774 Jahres entweder ganz neu gedruckt, oder auch sonst verbessert, wieder aufgeleget worden sind, Leipzig 1774, S. 646. Dort folgende Titelaufnahme: J. Andr. Beck: Vortreffliche Nachtmusik, welche dem neugebohrenen Jesulein zu Ehren gebracht worden. Eine Weihnachtspredigt bey Einweihung einer neuen Orgel, Arnstadt: Tromsdorf, 8°. (http://www.gelehrte-journale.de/startseite/id/002552574/#tx_find)
  2. Rezension Orgelpredigt Arnstadt (1774).
  3. Nachrichten von den neuesten Predigten (1774)
  4. Vgl. Bauch, Jenaische Prediger-Methode, S. 57–69, 409f.
  5. Vgl. Weidling, Lehrreiche Oratorische Schatz-Kammer, S. 306–310.
  6. Vgl. Braun, Orgelpredigt (2014), S. 247f.
  7. Vgl. etwa die Orgelpredigten von La OrgelpredigtDas heilige und fröliche Aufsehen (Tübingen 1767) M Wolfgang Wilhelm Schmidlin oder La OrgelpredigtDer rechte Gebrauch der Orgeln (Altenburg 1766) M Friedrich Wilhelm Traugott Linke.

Exemplare

Von dieser Predigt sind bisher keine Exemplare bekannt.

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Letzte Änderung dieses Dokuments am 10. Juni 2023.

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