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Orgelpredigt

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a Der Dienst der Orgeln (Jena 1778)

Einführung in die Edition

Historischer Hintergrund

Als spätes Beispiel einer Orgelpredigt lässt der vorliegende Text einen Großteil der üblichen Gattungsmerkmale vermissen. Dass ein wissenschaftlicher Anspruch ganz im Hintergrund steht, zeigen die wenigen Anmerkungen. Die typischen Ausführungen zur Geschichte des Instruments bleiben allgemein und verzichten auf einzelne Exempla. Auch das über lange Zeit hinweg bestimmende Anliegen, die Verwendung der Orgel im Gottesdienst theologisch zu begründen, spielt offenkundig keine Rolle mehr. Ebensowenig enthält die Predigt Teile einer Einweihungszeremonie oder informiert über den Ablauf des Gottesdienstes.

In dem schmalen Druck nehmen stattdessen die Widmung, die Vorrede und der abschließende Segen einen überproportional großen Raum ein. Sie stiften den Bezug zum Anlass der Einweihungspredigt, an den die Druckschrift daher besonders stark gebunden erscheint. Lc PredigtautorScheller, Johann Caspar (1745–1811) Johann Caspar Scheller widmete den Predigtdruck der damals noch unverheirateten Lb PersonAuguste Luise Friederike von Sachsen-Gotha-Altenburg (1752–1805) Auguste Luise Friderike von Sachsen-Gotha-Altenburg. Als Tochter eines zweitgeborenen Sohns der herzöglichen Familie Sachsen-Gotha-Altenburg residierte sie zur Zeit des Orgelbaus ganz allein im Schloss des Städtchens Le Geographicumf Ort: Roda Roda.[1] Die kleine Sekundogenitur-Hofhaltung wurde nach ihrer Heirat aufgelöst, da es keine weiteren männlichen Nachkommen dieser Linie gab. Der Orgelbau in dem nahegelegenen Ort Le Geographicumf Ort: Tröbnitz Tröbnitz fiel so in die kurze Spanne ihrer Patronage und dürfte zu den wenigen Zeugnissen für das Wirken dieser sonst kaum bekannten Prinzessin gehören.

Im Schlussteil wird die Gemeinde zum Dank an den Lb PersonErnst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1745–1804) Landesherrn mit seiner gesamten Familie aufgerufen. Auch der Herzog scheint den Orgelbau finanziell oder über seinen Einfluss auf die kirchlichen Entscheidungsträger unterstützt zu haben. Möglicherweise waren Vertreter der regierenden Familie bei der Orgelweihe anwesend. Ein Exemplar des Predigtdrucks jedenfalls stammt aus der persönlichen Bibliothek des Herzogs Lb PersonErnst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1745–1804) Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg.

Im Exordium beschwört der Autor eindringlich die zurückliegende Zeit,

als jene kummervollen Jahre über uns herein brachen, als die Rache des Höchsten wieder uns entflammt war, als die durch unsere Sünden beleidigte Gerechtigkeit uns das Schmerzhafte ihres strafenden Arms fühlen ließ, den Fluren das Gedeien, dem Brode den Seegen versagte, und einen nagenden Hunger ins Land schickte. Schreckliche Jahre! in welchen sich der Tod mit dem Hunger vereinigte, ganze Familien in den allerkläglichsten und dürftigsten Zustand versetzte, den Mann von dem Weibe, das Weib von dem Manne, die Kinder von den Eltern, die Eltern von dem [sic] Kindern trennte, und zu einer Beute des Grabes machte.[2]

In der Chronik des Ortes Roda werden die Ereignisse des Lm Ereignis1756–1763: Siebenjähriger Krieg Siebenjährigen Krieges ausführlich geschildert.[3] Nachdem im September 1757 erstmals kaiserliche Truppen eingerückt waren und tausende von Soldaten einquartiert werden mussten, zogen 1759 preußische Regimenter durch den Ort. Mehrfach fiel das Gebiet in wechselnde Hände. 1761 spielten sich zudem immer wieder Gefechte vor der Stadt ab, die belagert und umkämpft wurde. Von den Kriegsfolgen konnten sich Roda und sein dörfliches Umland nur langsam erholen. Scheller spricht in seiner Orgelpredigt die schweren Zeiten der Armut und des Hungers an, die durch Missernten in den Jahren 1770 und 1771 zu Hungernöten führten.[4]

Im Bau des neuen Musikinstruments gelangen die Einkehr friedlicher Verhältnisse und ein beginnender Wohlstand in besonders sinnfälliger Weise zum Ausdruck. Der festliche Einweihungsgottesdienst ist ein Tag der Wonne, ein Tag, wo wir die Güte Gottes zu preisen verbunden sind und mit Jauchzen und Frohlocken vor sein Angesicht kommen müssen.[5]

Der heute nicht einmal fünfhundert Einwohner zählende Ort leistete sich mit seiner Ld OrgelTröbnitz, Christian Friedrich Poppe-Orgel 1778 Orgel ein ungewöhnlich großes Instrument. Als Orgelbauer hatte man Lb PersonPoppe, Christian Friedrich (1751–1812) Christian Friedrich Poppe gewinnen können, der eine Werkstatt in Roda unterhielt. Die Tröbnitzer Orgel gehörte zu seinen ersten Aufträgen und steht am Anfang des Orgelbauunternehmens Poppe, das über mehrere Generationen hinweg zum Orgelbau in Le Geographicumh Territorium: Thüringen Thüringen beitragen sollte.

Quellenbeschreibung

Als Vorlage für die Edition dient das Exemplar der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, das als Digitalisat öffentlich zugänglich ist. Johann Caspar Schellers Orgelpredigt erschien in dem im 18. Jahrhundert häufiger für Kasualdrucke verwendeten Oktavformat. Der Druck hat die Signaturformel A–B und umfasst 32 bedruckte Seiten. Er weist einen Paginierungsfehler auf: Auf Seite 18 wurde irrtümlich ein weiteres Mal 17 gedruckt.

Ein grundsätzlicher Fehler liegt außerdem bei der Angabe des Bibeltextes vor, der der Predigt als Grundlage dient. Sowohl auf dem Titelblatt als auch unter der Zwischenüberschrift Text auf Seite 12 der Predigt wird als Stelle 1 Chr 17, 8–10 genannt. Aus den Ausführungen des Pfarrers geht jedoch eindeutig hervor, dass es ihm um die Aufforderung zum Dank und Gotteslob geht, mit der sich David nach dem Lm Ereignislegendär: Einholung der Bundeslade Einzug der Bundeslade an die Israeliten wandte. Die entsprechenden Verse werden zu Beginn der Auslegung mit ausschmückenden Zusätzen versehen zitiert:

Danket, spricht er, danket dem Herrn, dem Gott der Weisheit, dem Gott der Güte und Barmherzigkeit, predigt seinen Namen, thut kund unter allen Völkern sein Thun, singet, spielet und dichtet von allen seinen Wundern mit andächtigen und dankvollen Gesängen, unter dem Klange harmonischer Töne, und rühmet seinen heiligen Namen.[6]

Es handelt sich dabei allerdings um die Stelle Ly Bibelstelle1 Chronik 16,8–10 1 Chr 6, 8–10 – verwechselt wurde also die Kapitelangabe. Solche Verwechslungen oder Zahlendreher sind in der Predigt immer wieder zu finden und wurden in der vorliegenden Edition verbessert.

Insgesamt gehört Schellers Werk zu den kürzesten überlieferten Orgelpredigten. Etwa ein Drittel des Drucks wird von Titelblatt, Widmung, dem eröffnenden Gebet sowie einer Anrede an die Gemeinde, in der der Bezug zum Predigtanlass hergestellt wird (Eingang), gefüllt. Die eigentliche Predigt beginnt erst auf Seite 13 und mündet in eine Aufforderung zum Dank und einen Schlusssegen auf die Stifter und Förderer des Orgelbaus (S. 30–32).

Einzelanmerkungen

  1. Nach dem Tod ihres Lb PersonJohann August von Sachsen-Gotha-Altenburg (1704–1767) Vaters 1767, dem Tod ihrer Lb PersonLuise Reuß zu Schleitz (1726–1773) Mutter 1773 und der Verheiratung ihrer jüngeren Schwester Lb PersonLuise von Sachsen-Gotha-Altenburg (1756–1808) Luise 1775 blieb Auguste Luise Friederike in den Jahren 1775 bis 1780 als letzte Vertreterin der Familie in Roda, vgl. Löbe, Chronik der Stadt Roda 1 (1892), S. 88, 90.
  2. Der Dienst der Orgeln (Jena 1778), S. 11.
  3. Vgl. Löbe, Chronik der Stadt Roda 1 (1892), S. 96–99.
  4. Vgl. Löbe, Chronik der Stadt Roda 1 (1892), S. 100.
  5. Der Dienst der Orgeln (Jena 1778), S. 12.
  6. Der Dienst der Orgeln (Jena 1778), S. 14.

Exemplare

Halle (Saale), Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (D-HAu): Pon Ye 735, QK

urn:nbn:de:gbv:3:1-134955

Das als Vorlage für die Edition verwendete Exemplar stammt aus der Sammlung Lb PersonPonickau, Johann August von (1718–1802) Johann August von Ponickaus und liegt in der dafür typischen Form als separat eingebundener Druck vor. Mehrere Bleistiftmarkierungen an den Seitenrändern belegen eine Lektüre des Textes.

Gotha, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Forschungsbibliothek Gotha (D-GOI): Theol 8° 00773–774 (01)

Das Exemplar der Forschungsbibliothek Le Geographicumf Ort: Gotha Gotha befindet sich in einem Band mit elf Le Geographicumf Ort: Jena Jenenser theologischen Drucken der Jahre 1775–1781. Der Halbpergamenteinband mit braun-marmoriertem Papierdeckel trägt auf dem Buchrücken die Aufschrift Varia theologica. Das aus einer Krone über der Initiale E und der Jahreszahl 1782 bestehende Supralibros weist den Band als Besitz des Herzogs Lb PersonErnst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1745–1804) Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg aus.

Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek (D-WRz): Bb4 : 120

Auch das Exemplar der Herzog-Amalien-Bibliothek Le Geographicumf Ort: Weimar Weimar ist Teil eines größeren Sammelbandes mit Kasualpredigten des 18. Jahrhunderts.

Portaldaten

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Letzte Änderung dieses Dokuments am 17. Juni 2021.

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