b Steigleder, Johann Ulrich (1593–1635)
- * 22. März 1593 in Schwäbisch Hall
† 10. Oktober 1635 in Stuttgart - Johann Vlrich Steigledern
- Sohn von Lb PersonSteigleder, Adam (1561–1633) Adam Steigleder
- 1613–1616 Organist in Lindau (Bodensee)
1617 Organist an der Stiftskirche in Stuttgart
ca. 1621 Mitglied der fürstlichen Kammermusik in Stuttgart
1627 Organist in Heilbronn und Ernennung zum Hoforganisten - Organist | Komponist
- 121395545
Biographie
Johann Ulrich Steigleder ist der Widmungsträger der La OrgelpredigtVlmische Orgel Predigt (Ulm 1624) M Vlmischen Orgel Predigt Lc PredigtautorDieterich, Conrad (1575–1639) Conrad Dieterichs. Es handelt sich um einen der wenigen Fälle, in denen der Autor einer Orgelpredigt direkten Bezug auf einen zeitgenössischen Musiker nahm. Ein anderes ähnliches Beispiel ist die Widmung von Lc PredigtautorFeuerlein, Conrad (1629–1704) Conrad Feuerleins La OrgelpredigtSchuldiges Lob Gottes (Nürnberg 1696) M Orgelpredigt an Lb PersonPachelbel, Johann (1653–1706) Johann Pachelbel.
Johann Ulrich Steigleder wuchs als Sohn des Organisten Lb PersonSteigleder, Adam (1561–1633) Adam Steigleder seit 1595 in Le Geographicumf Ort: Ulm Ulm auf, wo er vom Vater zum Organisten ausgebildet wurde. Aufgrund einer Gehbehinderung scheint Johann Ulrich im Gegensatz zu seinem Vater keine größeren Reisen unternommen zu haben. Im Oktober 1613 führte ihn seine erste Anstellung als Organist nach Le Geographicumf Ort: Lindau (Bodensee) Lindau an den Bodensee. Am 25. Januar 1617 wechselte er an die Le Geographicumg Gebäude: Stuttgart, Stiftskirche Stiftskirche in Le Geographicumf Ort: Stuttgart Stuttgart, wo er bis zum Ende seines Lebens blieb. Seit 1618 kümmerte er sich um die an der Stiftskirche eingerichtete Figuralmusik und war zugleich an der fürstlichen Kammermusik beteiligt. Sein Versuch, die Anwartschaft auf die Organistenstelle seines Vaters am Le Geographicumg Gebäude: Ulm, Münster Ulmer Münster zu erhalten, scheiterte 1625. Steigleder erhielt jedoch 1627 nach der Ablehnung eines Rufs nach Le Geographicumf Ort: Heilbronn Heilbronn das Amt eines Hoforganisten. Er starb mit 42 Jahren an der 1634 in Stuttgart ausgebrochenen Pest.
Steigleders erste Publikation, die unter dem Titel Lw MusikwerkSteigleder, Johann Ulrich: Ricercar tabulatura M Ricercar Tabulatura
erschienene Sammlung verschiedenartiger imitatorischer Formen der damaligen Orgelmusik, kam 1624/25 im Selbstverlag heraus. Es handelt sich im Bereich des deutschen Notendrucks um das früheste Beispiel eines Kupferstichs, den der Autor eigenhändig hergestellt hatte. Parallel zu Lb PersonScheidt, Samuel (1587–1654) Samuel Scheidts Lw MusikwerkScheidt, Samuel: Tabulatura nova I M Tabulatura nova
führte Steigleder die Partiturnotation in einem modifizierten Zehnliniensystem ein, wie es bis dahin nur in Handschriften belegt ist. Stilistisch weisen die Ricercari in vielfältige Richtungen. Eröffnet mit einer Fantasia, die an Lb PersonSweelinck, Jan Pieterszoon (1562–1621) Jan Pieterszoon Sweelinck erinnert, schließt die Sammlung mit einer italienisch geprägten Canzona. Gewisse Spuren hat auch die am Stuttgarter Hof gepflegte englische Virginal- und Lautenmusik hinterlassen.
Die Veröffentlichung steht in direktem Zusammenhang zur Ulmischen Orgel Predigt
. Ulrich Siegele, der die Entstehungsumstände untersucht hat, vermutet, dass der Druck in Angriff genommen wurde, um die Bewerbung Johann Ulrich Steigleders auf die 1625 vakant gewordene Stelle seines Vaters am Ulmer Münster zu stützen. Siegele verweist dabei auf die Rolle Conrad Dieterichs und auf dessen Aufforderung an den Widmungsträger der Orgelpredigt, seine Kompositionen zu publizieren (Siegele 2007). In seiner eigenen Dedikation an den Herzog Lb PersonJohann Friedrich von Württemberg (1582–1628) Johann Friedrich zu Württemberg geht der Komponist umständlich auf die Gründe ein, weshalb er seine Musik erstmals im Druck präsentiert. Neben der Nachfrage befreundeter Organisten, denen er Abschriften zur Verfügung gestellt hatte, neben dem Wunsch seiner Bekannten, Studierender Jugent etwas zu gefallen in Truck auszufertigen
, erwähnt er den Ratschlag von Personen als ausschlaggebend, zu denen in erster Linie wohl der Ulmer Superintendent gezählt haben dürfte: wie ich dan von dergleichen Kunstverständigen, wol erinnert, meiner sachen etwas ahn tag zu bringen, Hab ich ihnen hiemit wollen folgen, und zu einem anfang etlich Fantasia oder Ricercar zusamen gesucht.
In seinem zweiten Druck, dem Lw MusikwerkSteigleder, Johann Ulrich: Tabulatur Buch M Tabulatur Buch
, veröffentlichte Steigleder 1627 40 Variationen über Luthers Choral Lw MusikwerkLuther, Martin: Vater unser im Himmelreich M Vater unser
. Er legte nach dem international konzipierten ersten Druck nun ein Kunst- und Musterbuch
lutherisch geprägten Komponierens vor, in dem verschiedenartige Techniken der Choralvariation und –bearbeitung vorgeführt werden. Steigleder führt darin die süddeutsche Fundamentum-Praxis fort und treibt sie zu einem Höhepunkt (Siegele 2012, 80-97). Etwa ein Drittel der Sätze integriert – offenbar im Dialog mit Samuel Scheidts Tabulatura Nova
– die niederländisch-norddeutsche Tradition. Siegele betont die Selbständigkeit Steigleders gegenüber Scheidt, der aufgrund der wissenschaftlichen Rezeption wesentlich früher, nämlich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wahrgenommen und daher als Vorläufergestalt gedeutet worden sei. Steigleders Vaterunser-Variationen dagegen wurden erst 1968 entdeckt. Eine grundsätzliche Vernachlässigung der Orgeltraditionen des süddeutschen Raums mag hierzu beigetragen haben (Siegele 2012, S. 79-90).
Im Kontext der Orgelpredigt ist das Vorwort zu den Variationen aufschlussreich. Steigleder verwendet zahlreiche Topoi der damaligen protestantischen Musik-Theologie, wie sie der ihm befreundete Dieterich kurz zuvor entfaltet hatte. Steigleder erinnert an die Musik der himmlischen Heerscharen bei Christi Geburt. Der Gesang könne mit Geistlichen Liedern, und innerlicher herzlicher Frewd, der schwermütigen nichtstaugenden Melancholiae, welche wol ein Balneum diaboli genennet wird, mit wolklingenden Cymbalen, Posaunen, Psalter, Harpffen, Paucken, Raygen, Saiten, Pfeiffen und Orgeln, meisterlich begegnen, wie wir dann gleichsam mit einem wollautenden Final aller Psalmen, von dem Geistreichen und königlichen Propheten David hierzu ermanet und auffgemuntert werden.
Zitate des Psalms 150, Auzszüge aus den Psalmen 33 und 71 sowie die Aussagen des Apostels Paulus zum Psalmengesang (1. Korinther 14: 7, 15) schließen sich an. Den folgenden Kompositionen wird so ein präziser theologischer Rahmen vorgegeben.
Eigene Werke
- Steigleder, Johann Ulrich, Ricercar tabulatura organis et organaedis unice inserviens et maxime conducens adornata
- Steigleder, Johann Ulrich, Tabulatur Buch, Darinnen daß Vatter unser auff 2, 3 und 4 Stimmen componirt, und viertzig mal varirt würdt, auch bey jeder Variation ein sonderlicher bericht zu finden
- zwei Kantionalsätze in: Hitzler, Daniel (Hrsg.), Musicalisch Figurierte Melodien aller unnd jeder gebräuchigen Kirchen-Gesäng/ Psalmen und Geistlichen Lieder : Mit vier Musicalischen Stimmen von berühmbten Autoribus Musicis [...] Mehrertheils von newem componirt
Quellen und Literatur
- Siegele, Ulrich: Die organistischen Musterbücher von Samuel Scheidt und Johann Ulrich Steigleder, in: Musketa, Constanze (Hrsg.): Samuel Scheidt (1587-1654). Werk und Wirkung. Bericht über die Internationale wissenschaftliche Konferenz am 5. und 6. November 2004 im Rahmen der Scheidt-Ehrung 2004 in der Stadt Halle und über das Symposium in Creuzburg zum 350. Todesjahr, 25. - 27. März 2004 (= Schriften des Händelhauses in Halle 20), Halle: Händel-Haus, 2006, S. 261–268
- Siegele, Ulrich: Steigleder. 3. Johann Ulrich, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Personenteil 15, Kassel / Basel / Paris / London / New York / Prag / Stuttgart / Weimar: Bärenreiter / Metzler, 2006, Sp. 1383–1384
Portaldaten
Dieser Datensatz ist in folgenden Einträgen des Portals verknüpft:
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Dieterich, Conrad: Kirchweih= oder Orgel=Predigt (Leipzig 1632)
Dieterich, Conrad: Vlmische Orgel Predigt (Ulm 1624) - Steigleder, Adam (1561–1633)
Empfohlene Zitierweise
DFG-Projekt »Orgelpredigt«. Digitale Edition, https://orgelpredigt.ur.de/E010699 (Version 1.00 vom 31. Januar 2020). DOI: 10.5283/orgelpr.portal
Letzte Änderung dieses Dokuments am 6. April 2020.
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