Icon

Orgelpredigt

Start → Register → Predigten → E000094: Des Friedens=Tempels Edler Bau (Dresden 1650)

a Des Friedens=Tempels Edler Bau (Dresden 1650)

Einführung in die Edition

Die Predigt des sächsischen Hofpredigers Lc PredigtautorWeller, Jacob (1602–1664) Jakob Weller wurde in den Katalog der Orgelpredigtdrucke aufgenommen, weil in ihrem Titel die Orgel als einer der wichtigen Bestandteile des Kirchengebäudes genannt wird. Die Predigt gehört jedoch zu der kleinen Gruppe von Werken, bei denen auf eine Edition verzichtet wird.[1] Denn es handelt sich bei dem Text weder um eine Orgel- noch um eine Einweihungspredigt im engeren Sinn. Der Le Geographicumf Ort: Dresden Dresdner Superintendent und Hofprediger hielt seine Predigt am 22. Juli 1650, als mit dem Reichs-Friedens-Rezess auf dem Lm Ereignis1649–1650: Nürnberger Exekutionstag Nürnberger Exekutionstag die genauen Entschädigungs- und Abrüstungsregelungen vereinbart worden waren, mit denen der Lm Ereignis1649–1650: Nürnberger Exekutionstag Dreißigjährige Krieg endgültig abgeschlossen war.

In ganz Deutschland fanden aus diesem Grund Feierlichkeiten statt. Die Geistlichen waren aufgefordert, Friedenspredigten zu halten. Entsprechend den jeweiligen aufführungspraktischen Möglichkeiten setzte man feierliche Musik ein, um Dank und Freude über den Frieden zum Ausdruck zu bringen.[2] Der Bau eines Tempels, den Weller sich zum Thema seiner Predigt wählte, stellt lediglich eine symbolische Handlung dar: Die Wiederaufrichtung der Kirche steht für die Rückkehr geordneter Verhältnisse in einer zerstörten Welt. Dass dabei der Musik eine zentrale Rolle zukommt, zeigen schon die ersten Worte, mit denen Weller seine Zuhörer ansprach:

Als die Kinder Jsrael nach der Babylonischen siebenzig jährigen Gefängnis wieder gen Jerusalem kamen/ vnd den Grund am Tempel des Herrn legten/ stunden die Priester angezogen mit Trommeten/ und sungen umb ein ander mit loben und dancken dem Herrn/ daß Er gütig ist/ und seine Barmhertzigkeit ewiglich wehret/ und alles Volck döhnet laut mit loben den Herrn.[3]

Sowohl der Lm Ereignisca. 515 v. Chr.: Bau des zweiten Tempels in Jerusalem Wiederaufbau des Tempels zu Jerusalem, der als Vorbild dient, als auch die zum Lobe Gottes angestimmten Psalmen des Alten Testaments bezogen Gesang und instrumentale Musik ein. Infolgedessen nahm Weller auch die Orgel als eines von vier Stücken in das Konzept seiner Kanzelrede auf:

Da denn/ gleich wie in einem irrdischen Tempel/ viererley/ nemlich/ Erstlich Den Grund/ Zum Andern Die Decke und Gewölbe/ Zum Dritten Die Seiten und das Tafelwerck/ Vnd denn vors Vierdte Die schöne Orgeln/ herrliche Music, und Predigstul man beschauet: Also wollen wir auch diese Vier Stücke in unsern durch Gottes Gnade verliehenen Friedens=Tempel/ betrachten: Nemlich wir wollen Erstlich besehen den Grund darauff alles beruhet/ welcher ist die Die [sic] Güte des Herrn; Zum Andern Die Decke/ so diesen Tempel beschleust/ damit nicht etwa Sturmwinde/ Schlossen und Hagel/ ihn durchlöchern/ und ist solche Decke die Barmhertzigkeit Gottes die noch kein Ende hat; Zum Dritten die Wände und das Tafel=Werck/ ist die Treue Gottes/ und deine Treu ist groß; Zum Vierdten/ die herrliche Orgel/ die schöne Music/ der köstliche Predigstul/ davon in unsern Hertzen täglich gesungen und gepredigt soll werden/ ist nun die bey einem frommen Christen daraus entspringende hertzliche Zuversicht/ und Danckbarkeit gegen Gott/ so da gefasset in die Wort/ Der Herr ist mein Theil spricht meine Seele/ darumb will ich auff Jhn hoffen.[4]

Der vierte, dem Predigtstuhl und der Orgel gewidmete Teil erstreckt sich über die letzten sieben Seiten der Predigt.[5] Es geht darin jedoch nur allgemein um die Zweiheit von Singen und Predigen, mit denen der Gläubige in der Kirche wie auch im metaphorischen Tempel seines Herzens oder seiner Seele Gottes Lob zum Ausdruck bringt. Die Frage nach den Bedingungen instrumentaler kirchenmusikalischer Praxis wird nicht gestellt. So fehlen auch die typischen Ausführungen über die Musik im Alten Testament, die Herkunft der Orgel oder den Sinn und Zweck des Musizierens. Einzig bei seiner Darstellung der frühen christlichen Märtyrer nähert sich Weller entfernt den Exempla-Aufreihungen anderer Orgelpredigten an:

Was achtet Vincentius das Foltern/ döhnen und strecken? War ihm nicht als wenn er einer herrlichen Music beywohnete/ daß er ie länger ie kräfftiger sang: Gib dich nun wieder zufrieden meine Seele/ denn der Herr thut dir guts? Was haben andere Martyrer die Glut des Feuers/ die Ström des wütenden Wassers/ die Pein der Marter/ die Zerreissung und Zerzerrung aller Glieder/ geachtet? nichts überall. Sondern Gott gedancket/ der sie würdig gemacht/ und Christi willen zuleyden. Dieses aber alles kam daher/ dieweil in ihren Hertzen erklang diese schöne Predig und herrliche Music/ der Herr ist mein Theil. Darumb waren sie wohl zufrieden/ hetten doch tausendmal Marter ausgestanden/ und auff Gott gehoffet/ daß Ers wohl machen würde.[6]

In den unsäglichen Folterqualen, die der Lb PersonVinzenz von Valencia ( – ca. 304) Heilige Vinzenz von Saragossa wegen seines Glaubens zu ertragen hatte, leisteten ihm kurz vor seinem Tod die Engel Beistand. Dieser Übertritt in die andere Welt begann mit dem Gesang des Märtyrers, wie in der Heiligenvita berichtet wird:

Quibus inuictissimus Dei athleta refectus, psalmum Deo & hymnum dicens, laetus exultat. Sicque solitudo horribilis Angelica releuatur d frequentia. Quorum caterua vallatus Martyr egregius venerando fouebatur obsequio, & mulcebatur alloquio. Agnosce, inquiunt, o Vincenti inuictissime, pro cuius nomine fideliter decertasti. [ab Angelis soluitur, cumq; iis Deum laudat:] Ipse tibi reuera coronam praeparatam seruat in caelestibus, qui te victorem esse fecit in poenis. Esto igitur iam securus de praemio, quia mox, deposito carnis onere, nostro addendus eris collegio. Dantur hinc laudes Deo, & resonante organo vocis Angelicae modulata suauitas procul diffunditur.[7]

Weller greift damit gegen Ende seiner Predigt auf ein besonders starkes und blutrünstiges Beispiel eines standhaften Glaubens zurück, als wolle er darin die Schrecken des überstandenen Krieges einfangen. Die Musik dient hier als jenes Medium, das den Gläubigen in der Todesstunde stärkt und ihn in das himmlische Leben hinüberleitet. Weitere Auslassungen zu musikalischen Themen kommen in dem Text nicht vor.

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Vgl. Arbeits- und Editionsrichtlinien, Abschnitt 2.3.
  2. Vgl. etwa zu dem Festgottesdienst, den man 1650 in Le Geographicumf Ort: Sommerhausen Sommerhausen abhielt, die Einführung in die La OrgelpredigtCorona Templi (Nürnberg 1621) M Orgelpredigt von Lc PredigtautorTheodoricus, Hieronymus (1562–1634) Hieronymus Theodoricus.
  3. Des Friedens=Tempels Edler Bau (Dresden 1650), B1r.
  4. Des Friedens=Tempels Edler Bau (Dresden 1650), C2r.
  5. Vgl. Des Friedens=Tempels Edler Bau (Dresden 1650), G1r–G4v.
  6. Des Friedens=Tempels Edler Bau (Dresden 1650), G4r–G4v.
  7. Zitiert nach der digitalen Volltextedition der Acta sanctorum, http://gateway.proquest.com/openurl?url_ver=Z39.88-2004&res_dat=xri:acta&rft_dat=xri:acta:ft:all:Z300066362 – Eine abweichende Fassung bietet die deutsche Übersetzung nach https://www.heiligenlexikon.de/Stadler/Vinzenz_Vincentius_von_Valencia.html : Der hl. Martyrer kam zu sich und fing an, zum Lobe Gottes Psalmen zu singen. Es erschienen zahlreiche Engel, welche ihn trösteten, in seine Lobgesänge einstimmten, und ihm seine baldige Aufnahme in ihre Genossenschaft ankündigten. Die Wächter nahmen den Glauben an, und die zur Tröstung des hl. Martyrers heimlich herbeigeeilten zahlreichen Gläubigen (multitudo vicina fidelium) wurden im Glauben gestärkt. Der heil. Martyrer bat die Wächter, dem Dacianus von dem Geschehenen Nachricht zu bringen, damit er noch weiter seine Wuth an ihm auslasse, denn er fürchte nichts, als daß er etwa Barmherzigkeit und Verzeihung heuchle. Jetzt aber befahl der Richter selbst, ihm ein weiches Bett herzurichten und seine Wunden etwas vernarben zu lassen, um ihn darauf neuen Peinigungen zu unterwerfen. Christus vereitelte jedoch diese Pläne, indem Er seinen standhaften Zeugen gleich darauf durch einen sanften Tod zur ewigen Belohnung abrief.

Exemplare

  • Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek (D-As): 4 Th Pr 1019 – urn:nbn:de:bvb:12-bsb11230022-9
  • Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl): Hist. Germ. C. 584,45. – urn:nbn:de:bsz:14-db-id3996016194
  • København, Det Kongelige Bibliotek (DK-Kk): 27, 232 00661
  • Leipzig, Universitätsbibliothek, »Bibliotheca Albertina« (D-LEu): A 42101/9
  • Linköping, Stadsbibliotek/Stiftsbiblioteket (S-LI): [?]
  • Nürnberg, Stadtbibliothek (D-Nst): 6 an Ab. 4. 8
  • Rostock, Universitätsbibliothek (D-ROu): Fl-1147.6
  • Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek (D-W): 19.3.Eth (6)
  • Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek (D-W): J 106.4° Helmst. (14)

Portaldaten

Dieser Datensatz ist in folgenden Einträgen des Portals verknüpft:

Letzte Änderung dieses Dokuments am 10. August 2022.

Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist, so bitten wir um eine kurze Nachricht an