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Orgelpredigt

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a Davids Vermahnung (Dresden 1711)

Einführung in die Edition

Historischer Hintergrund

Am 19. Juli 1711 wurde in der Le Geographicumg Gebäude: Hohenwussen (Naundorf), Dorfkirche Dorfkirche in Hohenwussen, die seit 1555 als Filialkirche zum Kirchspiel Naundorf gehörte,[1] eine neue Ld OrgelHohenwussen, N.N.-Orgel 1711 Orgel eingeweiht. Weder über das Instrument noch über die Hintergründe des Ereignisses ist bislang Näheres bekannt. Erhalten hat sich lediglich die hier edierte La OrgelpredigtDavids Vermahnung (Dresden 1711) M Orgelpredigt, die Lc PredigtautorHanitsch, Gabriel (1673–1736) Gabriel Hanitsch, Pfarrer in Le Geographicumf Ort: Naundorf Naundorf und Hohenwussen, noch im Jahr der Einweihung in Druck gegeben hatte, die jedoch in der lokalen Geschichtsschreibung in Vergessenheit geraten ist.[2] So klein das Instrument und so bescheiden die Kirche gewesen sein mögen, ist auch in diesem Text der Stolz auf die gelungene Verschönerung deutlich zu spüren. Er äußert sich besonders im Niederblicken auf weit ärmlichere Gotteshäuser wie dasjenige in Le Geographicumf Ort: Kleinrössen Kleinrössen.[3] Wichtig für die Drucklegung war auch der Memorialaspekt. Orgelbau und Kirchenausstattung waren von offenkundig wohlhabenden Bauernfamilien gefördert worden, die in der Predigt ausführlich gewürdigt werden.[4] Der Blick schweift daher auch auf andere Baumaßnahmen der vergangenen Jahre. So hatte die Kirche eine neue Kanzel und einen neuen Altar mit einer Kreuzigungsszene erhalten. Die Predigt nutzt des weiteren die Gelegenheit, um nochmals für die Stiftung eines Taufsteins (1703) und eines Beichtstuhls zu danken und die Initiative Lb PersonWolff, Hans (fl. 1711) Hans Wolffs als besonders maßgeblichen Beitrag in den Vordergrund zu rücken:[5]

Dieser Mann hat ausser dem/ daß er den Beichtstuhl/ das Orgel=Werckgen/ und was noch am Chore gefehlt/ aus eigenen Mitteln angeschafft/ auch so Fortweit das Chor gehet/ ein Stücke Kirch=Decke machen lassen/ ingleichen die steinern Fenster=Stöcke an Kirch=Fenstern/ an welchen allen oben in Mittel die Form eines Hertzes zu sehen/ dadurch laut seiner eigenen Worte zu erkennen zu geben/ es sey solches aus guten Hertzen geschehen. Nicht weniger hat er beym Kirchen=Baue nie ermangelt/ sein Contingent, wie andere/ willigst noch beyzutragen/ und kan daher mit Recht ein Kirch=Vater heissen.[6]

Hanitsch drückte in seiner Kanzelrede auch die Hoffnung auf, dass sich noch weitere Spenden finden mögen, um den Uberrest der Kirch=Decke endlich willig folgends [zu] verfertigen.[7] In einer Anmerkung konnte er berichten, dass dieser Wunsch in der Zwischenzeit bereits bei einem persönlichen Besuch des Lb PersonZinzendorff, Otto Christian von (1661–1718) Patronatsherrn in Erfüllung gegangen sei.[8] Der Druck insgesamt ist Lb PersonZinzendorff, Otto Christian von (1661–1718) Otto Christian von Zinzendorff und Pottendorf gewidmet, obwohl dessen Beteiligung wohl eher eine unterstützende gewesen sein dürfte. Den festlichen Einweihungsgottesdienst etwa beehrte er nicht mit seiner Anwesenheit. Dennoch durfte die symbolische Geste der Verbundenheit zur adligen Obrigkeit nicht fehlen.

Die Orgelpredigt erwähnt auch musikalische Werke, die bei der Einweihung zu Gehör gebracht wurden, und zwar nicht nur mit Vocal= sondern auch gantz deutlich mit Jnstrumental=Music[9]. Um was es sich hier genauer handelte, ist nicht bekannt.

Deutlich führt die Predigt jedoch vor Augen, dass auch abseits größerer kultureller Zentren fachlich hoch qualifizierte Theologen wirkten. Hanitsch hatte sich 1694 in Le Geographicumf Ort: Leipzig Leipzig immatrikuliert und schöpfte in seiner Predigt aus einem breiten Spektrum an theologischer und anderer Literatur. Die in den Fußnoten dokumentierten Schriften lassen auf einen gut bestückten Bücherschrank schließen, der mehrere Psalmen- und Bibelkommentare und Hebräischlexika ebenso umfasste wie Predigtsammlungen zu verschiedenen Themenbereichen, aber auch diverse Kasualdrucke. Hanitsch besaß so Zugriff auf Leichenpredigten wie diejenige für Lb PersonSchütz, Heinrich (1585–1672) Heinrich Schütz[10] oder auf ältere Orgel- und Kirchweihpredigten Lc PredigtautorGerlach, Georg (1614–1686) Georg Gerlachs und Lc PredigtautorWeller, Jacob (1602–1664) Jakob Wellers.[11] Aus solchen kleineren, Anlasss gebundenen Schriften bezog er Detailinformationen, mit denen er zur Unterhaltung und Belehrung seiner Zuhörerschaft beitragen konnte.[12] Insgesamt nähert sich Hanitsch in der Exaktheit seiner Belege einer modernen wissenschaftlichen Praxis an. Typisch sind auch Anmerkungen, in denen er ein ganzes Bündel weiterführender Literatur nennt.

Auffallend gegenüber älteren Orgelpredigten ist der Rekurs auf Disputationsschriften, darunter auch solche, die sich musikalischen Spezialfragen widmen.[13] Bemerkenswert ist des weiteren das von Hanitsch konsultierte Lr QuellenMirus, Kurtze Fragen aus der Musica Sacra (1707) M Büchlein über die Musik der alten Hebräer. Der Verfasser, der umfassend gebildete Theologe und Hebraist Lb PersonMirus, Adam Erdmann (1656–1727) Adam Erdmann Mirus, wirkte als Konkrektor am Gymnasium in Le Geographicumf Ort: Zittau Zittau. Er gab eine ganze Serie kleiner Einführungsbücher heraus, die im Titel stets die Formulierung Kurtze Fragen aus... besaßen und die in ihrer einfachen Sprache und klaren Struktur auf eine interessierte breitere Leserschaft zielten. Inhaltlich greift Mirus‘ Buch die musikhistorischen Themen auf, die Lb PersonPraetorius, Michael (1571–1621) Michael Praetorius erstmals erschöpfend dargestellt hatte. Nachdem die Musikpraxis des Alten Testaments in Lehrwerke der orthodoxen Theologie Eingang gefunden hatte, wo sie in streng wissenschaftlicher Manier und auf Latein dargestellt wurde,[14] findet sich hier nach 1700 eine neue Etappe der populärwissenschaftlichen Verbreitung dieser Thematik. Die älteren Fachwerke Michael Praetorius‘ oder auch die lange Zeit als Referenztext verwendete La OrgelpredigtVlmische Orgel Predigt (Ulm 1624) M Orgelpredigt Lc PredigtautorDieterich, Conrad (1575–1639) Conrad Dieterichs scheinen nach der Jahrhundertwende von solchen moderneren Publikationen in den Hintergrund gedrängt worden zu sein. Die Kontinuität des überlieferten Themenkanons ist gleichwohl deutlich. In den zwei noch auf die älteste Schicht zurückgehenden Topoi der Ld OrgelJerusalem, Salomos Tempel-Orgel (legendär) Salomon-Orgel[15] und des Lm Ereignis1531: Orgelsturm im Ulmer Münster Orgelsturms in Ulm wird sie besonders greifbar.

Quellenbeschreibung

Der Druck im Quartformat umfasst zwei unpaginierte Blätter ohne Bogensignaturen für Titelseite und Widmung sowie sechs Druckbögen mit der Signaturformel A-F. Statt F3 wurde auf Seite 45 irrtümlich die Bogensignatur G abgedruckt. Die Paginierung setzt auf Seite 2 ein und geht bis zur letzten Seite 48.

Als Kolumnentitel dient auf den Seiten 2-48 einheitlich die Überschrift Orgel=Weih=Predigt.. Die Kolumnentitel werden in dieser Edition nicht wiedergegeben. Auf der ersten und letzten Seite der Predigt zieren Vignetten den ansonsten nüchtern gehaltenen Druck, der nur wenige Zwischenüberschriften enthält.

Das Werk besitzt keine Marginalien, sondern Fußnoten, die mit einer durchgehenden Ziffernfolge von 1 bis 65 nummeriert sind. Sie werden in der Edition am Ende jeder Seite platziert und sind durch eine durchgehende Linie vom Haupttext abgesetzt. Die graphische Gestaltung der Fußnotenzeichen ist in der Vorlage nicht einheitlich. Diese erscheinen zunächst in runden Klammern, ab Seite 11 dann nur noch mit einer schließenden runder Klammer, teils mit Punkt und teils ohne Punkt hinter der Zahl. Aus Gründen der Einheitlichkeit und Prägnanz werden alle Fußnotenzeichen in unserer Edition auschließlich in der ersten Form mit zwei runden Klammern wiedergegeben: (1), (2) usw. Dieses Prinzip gilt in gleicher Weise im Haupttext als auch in der Fußzeile. Die Kursivierung von lateinischen Werktiteln in den Fußnoten wird im Einklang mit den Editionsrichtlinien nicht übernommen. Alle Werktitel sind durch html-Auszeichnung kenntlich gemacht.

In seiner wissenschaftlichen Arbeitsweise zeichnet sich Hanitsch durch große Sorgfalt aus. Nahezu alle Belege finden sich genau auf den von ihm genannten Seiten. Daher wird in der Edition manchmal auf eine weitere Kommentierung der Quelle verzichtet. Die Verlinkung im Portal führt fast immer zu einem Digitalisat, wo die Stelle nachzulesen ist. Es wurde darauf geachtet, Digitalisate aus solchen Bibliotheken zu wählen, die eine einfache Orientierung im Werk ermöglichen. Editorische Kommentare finden sich teilweise direkt im Haupttext, teilweise aber auch als Erläuterung der originalen Fußnote.

Die Bibelstellen werden im Text in der Regel ebenfalls in Klammern angegeben. Gelegentlich vorkommende eckige Klammern (S. 6, 33, 39 u.a.) werden in der Edition einheitlich als rund wiedergegeben, da eckige Klammern editorischen Kommentaren vorbehalten sind. Fehlende runde Klammerteile werden in eckigen Klammern ergänzt.

Vergleichsweise hoch ist in diesem Druck der Anteil an Setzfehlern (Verwechslung n/u). Sie werden durch einen Korrekturtag ohne weiteren Kommentar verbessert.

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Für diese und zahlreiche weitere Auskünfte zur Ortsgeschichte danke ich Herrn Jochen Förster (Naundorf) sehr herzlich. Vermittelt wurde der Kontakt dankenswerter Weise durch den Kantor der Kirchgemeinde Oschatzer Land, Matthias Dorschel.
  2. Das Werk wird nur in einer kurzen biographischen Skizze über Hanitsch gestreift, die auch ein Licht auf seine wissenschaftlichen Interessen wirft: Er ist der Verfasser mehrerer Sendschreiben, in denen die Schicksale verschiedener Prediger=Geschlechter, und insbesondere die Schicksale der Geistlichen zu Limbach, Schweta und Schrebitz geschildert werden. An der Herausgabe einer Geschichte sämmtlicher Parochien der Diöces Oschatz hinderte ihn der Tod. Seine hierzu gesammelten Nachrichten kamen an den Pastor Frenkel zu Bloßwitz. Außerdem ist von ihm noch eine Orgel=Weihpredigt und ein in katechetischer Form abgefaßter Unterricht vom Gevatterstehen, im Druck erschienen. (Die Inspection Oschatz (1840), S. 79) Für die Übersendung einer Kopie dieser Quelle danke ich Herrn Jochen Förster.
  3. Vgl. Davids Vermahnung (Dresden 1711), S. 5.
  4. Vgl. Davids Vermahnung (Dresden 1711), S. 6-8.
  5. An diese Stifterpersönlichkeiten hat sich eine Erinnerungsspur erhalten, wobei als Vorname Abraham statt Hans angegeben wird: Der Tauffstein ist eine schätzenswerte Arbiet aus dem vorigen Jahrhundert, ein Geschenk der Frau Anna Wolfin aus Delmschütz. Die Decke ist reich geschmückt mit Gemälden, die Bildnisse der Propheten und Apostel in Lebensgröße darstellend. Ein Kirchvater und PFerdner aus Delmschütz, Abraham Wolf, hat sie am Anfang des 18. Jahrhunderts malen lassen. Haben sie keinen künstlerischen Wert, so gereichen sie immerhin dem Gotteshaus zur Zierde. Demselben wahrhaft väterlichen Freunde der Kirche verdankt diese auch ihre Orgel. (Neue sächsische Kirchengalerie. Ephorie Oschatz (1901), Sp. 592f.) Diesen Literaturhinweis stellte Jochen Förster freundlicher Weise zur Verfügung.
  6. Davids Vermahnung (Dresden 1711), S. 6-7, Fußnote (15).
  7. Davids Vermahnung (Dresden 1711), S. 8.
  8. Vgl. Davids Vermahnung (Dresden 1711), S. 8, Fußnote (16).
  9. Davids Vermahnung (Dresden 1711), S. 9.
  10. Vgl. Davids Vermahnung (Dresden 1711), S. 36, Fußnote (60).
  11. Vgl. Davids Vermahnung (Dresden 1711), S. 4, Fußnote (6) und S. 25, Fußnote (42).
  12. Dies ergänzt meine früher geäußerten Vermutungen zur Nutzung von Kasualpredigten, vgl. Braun, Orgelpredigtdrucke in Regensburger Bibliotheken (2019), S. 227, 239.
  13. Vgl. Davids Vermahnung (Dresden 1711), S. 12: Loescher/Pipping, De Saule Per Musicam Curato (1688).
  14. Vgl. etwa Calvör, Ritvalis Ecclesiastici 2 (1705), S. 637-701.
  15. Vgl. zur Rezeption Braun, Syntagma musicum (2019), S. 187.

Exemplare

Halle (Saale), Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (D-HAu): Pon Yb 4653, QK

Dieses Exemplar der Orgelpredigt gehört zur Saxonica-Sammlung Lb PersonPonickau, Johann August von (1718–1802) Johann August von Ponickaus.[1] Es handelt sich wie immer in dieser Sammlung um ein einzeln aufbewahrtes Werk ohne Einband. Hinweise zur Provenienz liegen nicht vor. Auf dem Titelblatt ist der Ort Hohenwussen mit Bleistift unterstrichen. Weitere Nutzerspuren liegen nicht vor.

Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl): Hist.Sax.H.325

urn:nbn:de:bsz:14-db-id3762549041

Das Dresdner Exemplar, das auch digitalisiert vorliegt und als Referenz für die Edition diente, ist einzeln in einen bibliothekarischen Pappeinband eingebunden und hat den Besitzstempel der Königlichen Öffentlichen Bibliothek zu Dresden, der für die Zeitspanne von 1806 bis 1917 Gültigkeit besaß. Über die Provenienz des Exemplars ist nichts weiteres bekannt. Von einer vermutlich zeitgenössischen Nutzung zeugt eine handschriftliche Randglosse mit stark verblichener Tinte auf Seite 41, die auch im Original kaum entzifferbar ist. Außerdem korrigierte ein Leser den Druckfehler, der am Umbruch zwischen den Seiten 40 und 41 entstanden war.

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Vgl. zur Geschichte der Sammlung: Henning, Johann August von Ponickau (2002), sowie zu ihrer Bedeutung für den Erhalt sächsischer Orgelpredigtdrucke, Braun, Orgelpredigtdrucke in Regensburger Bibliotheken (2019), S. 241f.

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Letzte Änderung dieses Dokuments am 30. Mai 2022.

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