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Orgelpredigt

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a Linke, Friedrich Wilhelm Traugott: Der rechte Gebrauch der Orgeln (Altenburg 1766)

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y Bibelstellen (39)

  • 1 Chronik 23,5
  • 1 Chronik 29,14
  • 1 Chronik 29,17
  • 1 Korinther 10,31
  • 1 Korinther 12,3
  • 1 Korinther 7,7
  • 1 Könige 8,56
  • 1 Könige 8,66
  • 1 Samuel 16,14
  • 1 Samuel 16,23
  • 1 Samuel 7,12
  • 2 Korinther 3,5
  • 2 Könige 3,15
  • Amos 5,21.23
  • Apostelgeschichte 17,25
  • Epheser 2,1
  • Epheser 4,3
  • Epheser 5,18–20
  • Epheser 5,19
  • Epheser 5,20
  • Genesis 28,17
  • Habakuk 2,20
  • Ijob 21,12.14
  • Jakobus 1,17
  • Jeremia 47,6
  • Jesaja 26,12
  • Kolosser 3,16
  • Lukas 17,10
  • Matthäus 6,2
  • Offenbarung 5,8
  • Philipper 4,8
  • Psalmen 115,1
  • Psalmen 150,1–2.5
  • Psalmen 84,1.10.4–5
  • Römer 11,33
  • Römer 11,35
  • Römer 12,1
  • Römer 15,2
  • Römer 15,5–6

[S. [1]]

Titel

Der
rechte Gebrauch der Orgeln
beym öffentlichen Gottesdienste
bey der Einweihung einer Ld OrgelGödern, Dorfkirche, Johann Carl Becher-Orgel 1765-1766 neuen Orgel zu Le Geographicumf Ort: Gödern Gödern
am XXVsten Sonntage nach Trinitatis 1766.
über
Ly BibelstelleEpheser 5,18–20 Epheser V. 18. 19. 20.
einer sehr zahlreichen Versammlung
vorgestellet
und auf Verlangen in Druck gegeben
von
Lc PredigtautorLinke, Friedrich Wilhelm Traugott (1728–1772) Friedrich Wilhelm Traugott Linke
Pastor zu Le Geographicumf Ort: Oberlödla Oberlödla
Le Geographicumf Ort: Altenburg (Thüringen) Altenburg, gedruckt mit Lb PersonRichter, Paul Emanuel (vor 1736 – 1781) Richterischen Schriften.

[S. [2]]vakat

[S. [3]]

Jn Nomine Jesu

Gott, man lobet dich in der Stille zu Le Geographicumg Gebäude: Zion Zion und dir bezahlet man Gelübde. Dir gebührt die Majestät und Gewalt, Herrlichkeit, Sieg und Dank. Denn alles, was im Himmel und auf Erden ist, das ist dein. Dein ist das Reich, und du bist erhöhet über alles zum Obersten. Dein ist Reichthum und Ehre vor dir, du herrschest über alles. Jn deiner Hand steht Kraft und Macht. Deines Lobes ist der Himmel voll und deiner Ehre ist die Erde voll, dir soll man dienen mit Freude und Lust des Herzens. Du hoher und erhabener Gott, wohnest in der Höhe und im Heiligthum; aber du siehest auch aufs Niedrige herab. Du bist gütig und erbarmest dich aller deiner Werke. Du thust grose Dinge an allen Enden, du bist es, der uns von Mutterleibe an lebendig erhält und uns alles Gutes thut. Du bists, von dem alle Hülfe kommt, so auf Erden geschicht. Du bists, der das Herz erfreut, das Angesicht frölich macht, Leben und Seegen giebt. Du bist der Herr und sonst keiner mehr, kein Gott ist, ohne du, der du das Licht machest und schaffest die Finsternis, der du das Uebel schaffest, aber auch Friede giebst. Herr, du lässest uns frölich singen von deinen Werken, daß wir rühmen die Geschäfte deiner Hände. Wir danken dir und loben den Namen deiner Herrlichkeit, daß du uns des Gebeths um Friede und Treue gewährt, uns Ruhe gegeben, bisher unsern Gränzen Friede erhalten hast, unsers Angesichts Hülfe und unser Gott gewesen bist. Wie sollen wir dir vergelten alle deine Wohl= [S. 4] that, die du an uns thust? Wir wollen dir danken, Herr, in den Versammlungen. Wir wollen dir frolocken, und dir, dem Hort unsers Heils jauchzen. Wir wollen stets mit Danken vor dein Angesicht kommen und mit Lobgesängen dir jauchzen. Wir kommen ietzo in dein Haus, dir unsere Gelübde zu bezahlen, wie wir unsre Lippen aufgethan und unser Herz geredet hat in unsrer Noth. Großer Gott, wir kommen zu dir; denn du bist unser Gott. Schaue vom Himmel, vom Sitz, da du wohnest, auf uns, daß du hörest das Lob und Gebeth, so deine Knechte und Mägde vor dir thun. Gott, wir warten deiner Güte in deinem Tempel. Herr, unsre Stärke, unser Lobgesang und unser Heil, laß dir doch in Gnaden das Denkmaal wohlgefallen, welches diese christliche Gemeine allhier deiner Güte und dem geschenkten Frieden, durch eine Ld OrgelGödern, Dorfkirche, Johann Carl Becher-Orgel 1765-1766 neuerbaute Orgel, errichtet hat. Alles ist dein. Von dir ist alles kommen. Von deiner Hand haben sie darzu gegeben. Deiner Ehre, deinem Lobe, deinem Dienste sey dieses Werk allein geheiliget. — Ly BibelstellePsalmen 150,1–2.5 Lobet den Herrn in seinem Heiligthum. Lobet ihn in seinen Thaten. Lobet ihn in seiner grosen Herrlichkeit. Lobet ihn mit Pfeiffen. Lobet ihn mit wohlklingenden Singen. – Ly BibelstellePsalmen 84,1.10.4–5 O wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth! Ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser, denn sonst tausend. Wohl denen! die in deinem Hause wohnen, die loben dich immerdar. Wohl denen! die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln.[1] Herr, unser Herrscher, anbetungswürdigster Gott, ermuntre uns, daß wir lieb haben die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt; daß wir uns freuen, daß wir in dein Haus gehen und deine schönen Gottesdienste schauen können. Gieb, daß wir dein Wort unter uns reichlich wohnen lassen in aller Weisheit und uns selbst vermahnen mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern. Behüte uns aber auch, daß wir nicht blos mit dem Munde uns zu dir nahen und mit unsern Lippen dich ehren, mit den Herzen aber ferne von dir sind; sondern verleihe uns deine Gnade, daß wir dich, der du ein Geist bist, auch im Geist und in der Wahrheit anbeten und mit rechtschaffenen Herzen dir dienen. Das müsse unsers Herzens Freude und Wonne seyn, dich mit frölichem Munde zu preisen für alle deine Güte, die du an den Menschenkindern thust. Der du wohnest unter dem Lobe Le Geographicumh Territorium: Israel Jsrael, richte dir selbst aus unserem Munde ein Lob zu. Thue unsre Lippen auf, daß unser Mund deinen Ruhm verkündige. Herr der Geister, Gott alles Fleisches, neige unsere Herzen zu dir, daß wir [S. 5] wandeln in allen deinen Wegen und halten deine Gebote, Sitten und Rechte, die du uns geboten hast. Hier müssen wir durch das Thränenthal wallen. Wir haben oft viele Bekümmernisse in unsern Herzen und müssen mit Seufzen vor dich kommen. Ach! regiere uns, ewiger Gott, daß wir mit Geduld in guten Werken nach dem ewigen Leben trachten, auf daß wir einst mit Jauchzen in die Palläste des Friedens einziehen, wo ewige Freude über unserm Haupte sein wird und wir dich in deinem Tempel Tag und Nacht loben. Jndes, so lange wir noch im Leibe wallen, leite uns nach deinem Rath. Gieb uns ein fröliches Herz und verleihe immerdar Frieden zu unsern Zeiten. Laß deine Gnade stets bey uns bleiben und erlöse uns, so lange wir leben. Amen.

Vorwort

Jch kann mir das Vergnügen nicht gros genug vorstellen, meine geliebtesten Freunde, von welchem einst die Jsraeliten begeistert seyn musten, welche bey der Lm Ereignislegendär: Bau des ersten Salomonischen Tempels Einweihung des ersten Tempels zu Le Geographicumf Ort: Jerusalem Jerusalem zugegen waren. Gott, der Herr hatte auch bisher sein Feuer und Heerd unter ihnen gehabt; allein seine Herrlichkeit hatte sich in einer beweglichen Wohnung, in der Stiftshütte, aufgehalten. Lb PersonDavid (fl. 1000 v. Chr.) David, der es für unanständig hielt, daß die Lade des Herrn unter den Teppichen stehen sollte, da er doch in einem Zedernhause wohnte, hatte sich vorgenommen, dem Gott der Hebräer einen Tempel zu erbauen. Dem Herrn misfiel zwar der Vorsatz eines dankbegierigen Herzens nicht; aber die Vollziehung desselben vermehrte er aus weisen Ursachen. Er wollte nicht, daß das Heiligthum des Friedens von den mit Blute bespritzten Händen eines Kriegers aufgerichtet werden sollte. Dieses war dem würdigen Sohne und Thronfolger Davids, dem Lb PersonSalomo Salomo, vorbehalten. Dies war das grose Werk, welches er gleich beym Anfang seiner geruhigen Regierung unternahm. Gott unterstützte und beförderte dasselbe. Nach sieben Jahren erhub sich, mit unermeßlichen Kosten, ein Le Geographicumg Gebäude: Jerusalem, Tempel Bau, den man mit Recht unter die Wunder von ganz Orient zählte. Die Tage der Einweihung werden angesetzt und ausgerufen. Aus al= [S. 6] len Gegenden des jüdischen Landes eilt iedermann mit einer grosen Erwartung herbey, die durch den Erfolg und Anblick noch übertroffen ward. Sie sahen Le Geographicumg Gebäude: Jerusalem, Tempel den herrlichsten Pallast von der Welt, wo alles, was die Sinne reitzen und einnehmen konnte, alles, was die Kunst Schönes und Seltenes erfinden, und Macht und Reichthum Prächtiges ausführen kann, zum Erstaunen vereinget war. Sie erblickten den neuen Glanz und die Majestät ihrer Gottesdienste, welche der Hoheit des Herrn, dem zu Ehren sie angestellet wurden, nicht unwürdig schien, wiewohl sie ihr bey weiten nicht gleich kam. Sie hörten die lieblichen Töne der Sänger und Saitenspiele. Sie wurden gewahr, wie unter dieser harmonischen Musick eine Wolke das Haus erfüllete und die Herrlichkeit des Herrn sich in dasselbe herab lies. Sie wusten die erhabenen Vorrechte, welche Salomo für diesen neuen Tempel von Gott erbeten und erlangt hatte. Und, da sie sonst zu Davids Zeiten, durch viele Kriege und Unruhen, sehr mitgenommen worden, und so gar ihre Siege hatten beweinen müssen; so genossen sie ietzo, seit geraumer Zeit, die süssen Früchte des Friedens. Muste nicht das alles ihre Seelen mit einer wallenden Freude anfüllen? Sie waren so davon durchdrungen, daß sie die tiefsten Eindrücke von derselben mit sich nach Hause nahmen. Der heilige Geschichtschreiber meldet uns 1. Kön. 8, 66. Ly Bibelstelle1 Könige 8,66 Sie giengen hin zu ihren Hütten frölich und gutes Muthes über alle dem Guten, das der Herr an David seinem Knecht und an seinem Volk Jsrael gethan hatte.

Jhr Christen, die ihr euch heute in Le Geographicumg Gebäude: Gödern, Dorfkirche dieses Gotteshaus begeben, ein Ld OrgelGödern, Dorfkirche, Johann Carl Becher-Orgel 1765-1766 neues Orgelwerk, welches eure Erkentlichkeit veranstaltet, der Ehre des göttlichen Namens zu widmen, was fühlt euer Herz? Mit was für Regungen desselben habt ihr euch allhier nieder gelassen? Solltet ihr nicht frölich und gutes Muthes seyn über alle dem Guten, so der Herr auch an euch gethan hat? Jch gestehe es Meine Wertesten unsere gegenwärtige Versammlung ist von den Umständen der Juden gar sehr unterschieden. Jndes hat sie doch mit denselben viel ähnliches. Wie der Gottesdienst der Hebräer, durch den Salomonischen Tempel, mehrere Pracht und Herrlichkeit erhielt; so hat auch diese Kirche und die geheiligten Zusammenkünfte in der= [S. 7] selben, durch die neue Orgel, eine schönere und anmuthigere Gestalt bekommen. Viele gottesfürchtige Herzen dieser werthen Gemeine hatten schon längst gewünscht, daß dieser Tempel mit einer Orgel möchte gezieret werden. Aber das Ungemach der Zeiten und der Lm Ereignis1756–1763: Siebenjähriger Krieg schreckliche Krieg, der in die sieben Jahr gewütet, und wobey auch unser Fürstenthum vieles erlitten, hatte die Ausführung eines solchen Vorhabens verhindert. Doch, da der Herr der Heerschaaren dem vom Blute trunkenen Schwerde gebot: Ly BibelstelleJeremia 47,6 Fahre in deine Scheide und ruhe und sey stille, Jer. 47, 6. Da er dem Flehen so vieler Unterdrückten und Geplagten und vornehmlich der Fürbitte seines eingebohrnen Sohnes die Wiederherstellung der Ruhe zugestand, und auch unsern Gränzen Lm Ereignis15. Februar 1763: Friede von Hubertusburg Friede verschaffte; da in unsern lieben Gemeinden sich viele gute Seelen beeiferten, durch den Schmuck am Hause des Herrn, das Fest des Friedens feyerlicher und das Andenken desselben dauerhaft zu machen: da entschlossen sich auch, auf Anrathen und Vorschub einiger Liebhaber Gottes und der Stätte, da seine Ehre wohnt, die Glieder dieser werthgeschätzten Gemeine zu Gödern und der eingepfarrten, zu stetem Gedächtniß des erhaltenen Friedens und zum Beweis ihrer Dankbarkeit dafür, einen Theil ihrer Haabe darzu anzuwenden, daß eine Orgel in diesen Tempel gesetzet würde. Unter der guten Hand Gottes ist dieses nützliche Werk mit vieler Geschicklichkeit verfertiget und glücklich zu Stande gebracht worden. Da eine iede neue Sache eine besondere Kraft über das menschliche Herz hat; wie vergnügt müssen heute eure Gemüther seyn? da ihr das erste mal in dieser Kirche euren Gott mit wohlklingender Einstimmung der Orgel habt loben können. Wenn ihr alle Barmherzigkeit und Treue erwägt, die der Herr euch erzeiget hat, wenn ihr den Frieden, den er bescheret, das Vermögen, welches er dargereicht, den Seegen, den euch seine Huld verspricht, wenn ihr das alles bedenkt; müßt ihr nicht frölich und gutes Muthes werden über dem Guten, so der Herr bereits an euch gethan hat und ferner thun wird, wenn ihr ihn fürchtet. Was heute euer Vergnügen verdoppeln muß, ist die große Menge der Fremden die aus andern Kirchfahrten hieher gekommen sind, an eurer Freude Theil zu nehmen. Zeigt ihnen denn, meine Freunde, ihr die ihr zu die= [S. 8] ser Gemeine gehöret, Beyspiele der Andacht und Aufmerksamkeit, und wie euer Exempel in dem einen Stück andere zur Nachfolge reitzen muß; so müsse auch eure ganze Aufführung hinfort in allem so beschaffen seyn, daß sich ein guter Geruch der Erkenntnis Lb PersonJesus Christus (ca. 0 – ca. 30) Jesu und der Gottseeligkeit von euch ausbreite. Jch freue mich, ein Zeuge eurer Freude und eurer Andacht zu seyn, besonders, da mein Amt und die mir aufgetragene Verrichtung mich verbindet, euer Vergnügen dadurch zu heiligen, daß ich euch zeige, wie ihr es mit der Danckbarkeit vereinigen und diese dadurch zu Tage legen sollt, daß ihr von der neuen Orgel einen guten und christlichen Gebrauch macht. Möchte doch der Gott, welcher einst unter den Lobgesängen seiner Knechte und unter dem Schalle der Trommeten und Saitenspiele den Tempel zu Jerusalem einnahm, möchte er doch, bey den Tönen dieser Orgel, dieses Haus nicht nur, sondern auch unsere Herzen mit seiner herrlichen Gnade erfüllen, sie durch seine Liebe rühren und zu feuriger Gegenliebe und willigem Dienst ermuntern! Ly BibelstelleHabakuk 2,20 Gott ist in seinem heiligen Tempel. Es sey vor ihm stille alle Welt. Jn tiefster Ehrfurcht, aber auch mit kindlichem Vertrauen lasset uns beten Vater Unser etc. zuvor aber singen: Lw MusikwerkCrüger, Johann (Rinckart, Martin): Nun danket alle Gott, 1636 M Nun danket alle Gott etc.

Text

Ephes. V. 18, 19, 20.

Ly BibelstelleEpheser 5,18–20 Werdet voll Geistes, Und redet unter einander von Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern; singet und spielet dem Herrn in eurem Herzen; Und saget Dank allezeit für alles Gott und dem Vater, in dem Namen unsers Herrn Jesu Christi.

Andächtige Zuhörer! im Pabstthum pflegt man die Kirchen und die darinnen zum Gottesdienst gehörigen Dinge mit verschiedenen abergläubischen Feyerlichkeiten einzuweihen. Man glaubet, durch die Einweihung bekomme eine Sache eine gewisse Heiligkeit und eine ganz andere Natur. Man steht in den Gedan= [S. 9] ken, sie werde dadurch von aller menschlichen Gewalt los gemacht, daß auch so gar die Obrigkeit kein Recht mehr darauf hätte; sie erhalte einen unaustilglichen Character, den sie nie wieder verlieren könne, und man sey ihr eine solche Achtung schuldig, daß man ohne Lebensstrafe sie nicht verletzen dürfe. Doch weg mit diesen gehirnlosen Träumen und Einbildungen! Gott Lob! daß wir nicht mehr in päbstlichen Finsternissen tappen dürfen. Die bey uns gewöhnlichen Einweihungen sind von ganz anderer Art. Sie sind der Vernunft und Religion gemäser. Nach unserer Meynung bleibt eine geweihte Sache, dem Wesen nach, eben dieselbe. Sie empfängt keine besondere Heiligkeit. Sie wird vermittelst des Gebeths und der Danksagung von dem gemeinen und weltlichen Gebrauch abgesondert und zu einem heiligen und geistlichen Zweck bestimmt. Eben das geschicht auch in Ansehung der allhier angeschaften Orgel. Sie soll von heute an stets darzu gewidmet seyn, das Lob Gottes zu befödern, die Andacht glühend, die Hoffnung fest, die Gottseeligkeit eifrig zu machen. Und hiermit habe ich, unvermerkt, den ganzen Jnhalt meiner Rede angezeigt. Jch stelle euch nehmlich zur Betrachtung vor

Den rechten Gebrauch der Orgeln beym öffentlichen Gottesdienste.

Wir müssen sie gebrauchen
I) zu steter Erinnerung der göttlichen Güte.
II) zur Erweckung mehrerer Andacht beym öffentlichen Gottesdienst und
III) zur Befestigung in der Hoffnung höherer Freuden.

Der Lb PersonPaulus von Tarsus (10 v. Chr. – 60 n.Chr.) Apostel ermahnt uns in dem abgelesenen Texte: Ly BibelstelleEpheser 5,20 Saget Dank allezeit für alles Gott und dem Vater. Diese Dankbarkeit gründet sich auf eine deutliche und überzeugende Erkenntnis der Güte des Höchsten und ihrer Ausflüsse, seiner Wohlthaten. Wenn wir daher unsern Wohlthäter allezeit und für alles preisen sollen; so sind wir auch verbunden aufmerksam auf die [S. 10] Spuren seiner Liebe zu seyn und das Andenken derselben nie in uns ersterben zu lassen. Dies muß denn besonders bey Erblickung und Anhörung der Orgeln geschehen. Sie sind ein Denkmaal der göttlichen Güte, so wohl, wenn wir sie überhaupt, als auch, wenn wir insonderheit diejenige betrachten, die an diesem Orte ist aufgeführet worden.

Jch getraue mich nicht, wie etliche Weltweisen gethan, zu behaupten, daß Gott unmittelbar der Urheber der Musik sey. Jnzwischen ist sie doch eine Erfindung, welche ihm zur Ehre gereicht und die uns ganz natürlich zur Betrachtung seiner Größe leitet. Es ist bewundernswürdig, daß aus den vier und zwanzig Buchstaben in unserer Sprache eine unzählige Menge von Wörtern und aus der Verbindung dieser Wörter so viele Reden und Schriften entstehen können. Aber es ist fast noch erstaunlicher, daß die zwölf Töne in der Musik und auf der Orgel einer ganz unendlichen Abwechselung und Mannigfaltigkeit fähig sind. Welcher erfindungsreicher und schöpferischer Witz leuchtet daraus hervor! Und von wem hat der Mensch denselben empfangen? Wer hat die Seele der Sterblichen mit so herrlichen Kräften geschmückt? Wer machte sie so verständig und geschickt, ein Jnstrument nach dem andern ausfindig zu machen, sie zu verbessern, das, was durch viele musikalische Jnstrumente geleistet werden kann, in einem Orgelwerke zu vereinbaren und diese edle Kunst zu der Vollkommenheit zu treiben, welche die Welt mit Recht an vielen bewundert? Müssen wir nicht hierbey den Finger Gottes erkennen? Und, wenn die Geschöpfe so weise, so einsichtsvoll sind; wie erhaben muß nicht ihr Schöpfer sein! O, welch eine Tiefe des Reichthums der Weisheit und Erkenntnis[2] muß sich nicht in ihm befinden, dem Vater des Lichts, von welchem alle gute und vollkommene Gaben herab kommen! Ly BibelstelleJakobus 1,17 Jak. 1, 17.[3] Bewundert darbey, Meine Freunde die weise Huld des Herrn, nach welcher er seine Gaben unter die Menschen mannigfaltig vertheilt und, so verschieden sie auch sind, zum gemeinen Nutzen lenkt. Ly Bibelstelle1 Korinther 7,7 Ein ieglicher hat seine eigene Gabe von Gott, einer so, der andere so 1 Kor. 7, 7. Jn einige legt er den Trieb, sich dem Dienste der Gemeinden durch das Predigen zu widmen. Andern pflanzet er die Neigung ein sich mit der [S. 11] Unterweisung der Jugend zu beschäftigen. Noch andere legen sich auf die Musik, auf die Wissenschaft, regelmäsig zu singen und die Orgeln zu schlagen. Das alles soll nach seinem gnädigen Absehen zur Erbauung seiner Gemeine, zur Beförderung seines Ruhms und zur Ausbreitung der Tugend etwas beytragen. Zeugt dieses nicht von seiner treuen Vorsorge für seine Kirche! Und welch eine zärtliche Sorgfalt, die nicht nur auf unsern Nutzen, sondern so gar auf unser Vergnügen bedacht ist! Mit Recht nennt Lb PersonPaulus von Tarsus (10 v. Chr. – 60 n.Chr.) Paulus Gott einen Vater, wenn er uns zur Erkentlichkeit gegen ihn erweckt: Saget Dank Gott, dem Vater. Als einen solchen erweißt er sich unter andern auch dadurch, daß er unsere Herzen mit Freude erfüllet. Was würde uns die fürtreflichste Musik, was würde uns der Wohlklang der schönsten Orgeln helfen, wenn wir dargegen fühllos wären? Unser erbarmender Vater hat uns das Vermögen verliehen, das Schöne und Vollkommene einer Sache ergötzend zu empfinden. Er hat unsere Natur also eingerichtet, daß der Schall zusammenstimmender Töne, der unsere Ohren rührt, auch den unsterblichen Geist erquickt und ihn in eine sanfte und angenehme Bewegung setzt. Die Musik und das Orgelschlagen ist eine schwere Wissenschaft. Es wird viel Zeit, Fleis und Uebung erfordert, ehe man es zu einer Fertigkeit bringt. Wenn bey uns das Singen eben so viele Arbeit und öftere Wiederholung erheischte; so würden die wenigsten darzu geschickt seyn. Aber sehet! unser liebreicher himmlischer Vater hat unsere Seele so mit dem Körper verbunden, daß seine Glieder dieser Regentin auf einen Wink gehorsam seyn müssen. Er hat uns die Fähigkeit mitgetheilt, daß wir vermittelst einer gewissen Oefnung des Mundes und der Kehle, die Töne, die wir uns in unserm Gemüthe vorstellen, ohne viele Mühe bilden können, damit wir im Stande wären, sein Lob nicht nur zu erzählen, sondern auch zu besingen. O wie strafbar sind wir denn nicht, Meine Freunde wenn wir diese Fertigkeit nicht zum Preis unsers Schöpfers anwenden! Wie unanständig und schimpflich ist es, wenn über eine Zunge, die nur der Ehre Gottes geheiliget seyn sollte, schlüpfrige, keusche Ohren beleidigende und schändliche Lieder wegrollen! Dies sollte billig von Christen nicht gehört werden, sondern viel= [S. 12] mehr Danksagung. Saget Dank allezeit Gott und dem Vater.

Doch es giebt noch andere und weit stärkere Beweisthümer der göttlichen Barmherzigkeit, deren Andenken durch die Orgeln in uns erneuert werden muß; Gnadenproben, die um desto mehr einer Anzeige bedürfen, weil sie leider! unter die unerkannten Wohlthaten Gottes gehören. Jn den ersten Zeiten des Christenthums, da die Lm Ereignis41–311: Christenverfolgungen im Römischen Reich schrecklichen Verfolgungswetter über die Anhänger des Gekreuzigten stürmten, daß sie wie Schlachtschafe geachtet wurden; da die Rechtgläubigen ingeheim, in unterirdischen Behältnissen und bey dunkler Nacht zusammen kommen musten, Gott und Jesum anzubeten, um nicht von den Unglaubigen gestört und zu den grausamsten Martern übergeben zu werden: Da hatte man weder Kirchen, noch Orgeln, noch irgend eine Art der Musik beym Gottesdienst. Das war für die Braut Jesu, für die Kirche, eine Zeit der Drangsale, des Traurens und Weinens. Volk der Christen, lerne deine Glückseeligkeit einsehen. Gott hat sich seiner Heerde erbarmet. Er hat das Joch ihrer Last und den Stecken des Treibers zerbrochen. Unsre Orgeln, was lehren, was verkündigen sie uns? Sie sind Weckstimmen zum Lobe Gottes, Prediger seiner Huld. Sie erinnern uns an die Wunder seiner mächtigen Gnade; an die Erhaltung seiner Gemeine, an die Ausbreitung des Evangelii, an die Befreyung von blutigen Verfolgungen, an die Ruhe, so wir erhalten, an das freye und gefahrlose Bekenntnis des Namens Jesu, an die ungehinderte Religionsübung, die wir zu geniesen haben. Wie hart, wie steinern müßten nicht unsere Herzen seyn, wenn das keine Wirkung auf sie haben sollte! Entfliehe schaurenswürdiger Undank! Erlöste des Herrn, saget Dank für alles. Ly Bibelstelle1 Könige 8,56 Gelobet sey der Herr, der seinem Volk Ruhe gegeben hat, wie er geredt hat. 1. Kön. 8, 56. Jn den Tagen vor der heilsamen Lm Ereignis1517: Reformation Reformation fehlte es in den Tempeln und bey den Versammlungen in denselben nicht an äuserlichen Gepränge. Die wohlgebautesten Orgelwerke liesen ihre Pfeiffen anmuthig hören. Das war aber nur ein tönendes Erz und wie eine klingende Schelle. Was für Nutzen konnten die Menschen davon haben? da blos das Ohr gekützelt wurde, das [S. 13] Herz aber empfindungsleer blieb. Und wie konnten in der Seele gute und geistliche Regungen entstehen, da man die den Layen unbekannte lateinische Sprache beym öffentlichen Gottesdienst brauchte, mehr das Lob verdächtiger Heiligen, als den Ruhm des ewigen Gottes besang, und wo, um das Elend vollkommen zu machen, der Geistliche auf der Kanzel einem Possenreisser und Gaukelspieler vielmals nicht unähnlich war. O finstre Tage der Unwissenheit und des Aberglaubens, wo die unglückseeligen Menschen des göttlichen Wortes, alles Licht auf dem Wege des Heils und der Mittel ihrer Seeligkeit beraubt waren, ihr müßt bey uns den Werth der unaussprechlichen Liebe erhöhen, die uns ist erzeiget worden. Der Herr hat durch den Dienst Lb PersonLuther, Martin (1483–1546) Luthers die schädlichen Misbräuche abgeschafft. Dieser seelige Mann, welcher ein groser Liebhaber und Kenner der Poesie und ihrer Freundin, der Musik war, hat die deutsche Sprache beym Gottesdienst wieder eingeführt. Er hat Gesänge voll Geist und Salbung hinterlassen, deren wir uns bedienen können. Jhm sind andere gottseelige Männer darinnen nachgefolgt, so, daß wir ietzo ein besonderes Buch von erbaulichen Liedern[4] haben, darinnen, durch ein schickliches Sylbenmaas und durch die Lieblichkeit des Reims, die Wahrheiten der Schrift uns annehmlich gemacht und unsern Herzen sanft eingeflöst werden. Und da er auser der Sättigung und Erquickung unsers Geistes, durch sein Lebenswort, auch unsern äuserlichen Sinnen, durch den ergötzenden Schall der Orgeln ein unschuldiges Vergnügen gönnet; häuft er nicht Gnade mit Gnade gegen uns? Unvergleichliche Güte! Saget Dank allezeit für alles Gott und dem Vater.

Wie stark seid ihr nicht zu dieser Pflicht verbunden, Meine Teuren denn zu den bisher angeführten Zeugnissen der göttlichen Erbarmung, die ihr mit andern gemein habt, kommen noch besondere, die euch vornehmlich angehen. Diejenigen, welche den Orgelbau in Vorschlag gebracht und besorgt und die darzu das Jhrige beygetragen haben,[5] verdienen billig das Lob und den Beyfall aller Verehrer Gottes. Jhr Andenken müsse bey dieser Gemeine des Herrn stets in Seegen bleiben. Sehet, Meine Geliebten wir lassen euch Gerechtigkeit widerfahren. Jhr aber seyd dabey schuldig, das [S. 14] euch ertheilte Lob dem wieder zurück zu geben, der allein würdig ist zu nehmen Preis, Ehre und Kraft und mit einer heiligen Demuth und Bescheidenheit zu sagen: Ly BibelstellePsalmen 115,1 Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gieb Ehre Ps. 115, 1. Wer hat in euch den Vorsatz zum Guten erweckt? wer hat das Vermögen, ihn auszuführen, dargereicht? Ly BibelstelleJesaja 26,12 Herr, alles, was wir ausrichten, das hast du uns gegeben Es. 26, 12. Jst das nicht Gnade? Freye und unverdiente Gnade. Weg demnach mit dem stolzen Wahne, als ob ihr dem Herrn dadurch einen besonders gefälligen Dienst erwiesen! Er, der Allerseeligste, gewinnt durch die neue Orgel nichts. Ly BibelstelleApostelgeschichte 17,25 Sein wird auch nicht von Menschenhänden gepfleget, als der Jemandes bedürfe, so er selber Jedermann Leben und Odem allenthalben giebt. Gesch. 17, 25. Weg mit der der Ehre des Höchsten nachtheiligen Einbildung, als ob ihr dadurch ein gewisses Verdienst bey ihm erlangt. Ly BibelstelleRömer 11,35 Wer hat ihm etwas zuvor gegeben, das ihm werde wiedervergolten? Röm. 11, 35. Wenn wir alles gethan haben, was uns befohlen ist; so müssen wir sprechen: Ly BibelstelleLukas 17,10 Wir sind unnütze Knechte. Wir haben gethan, was wir zu thun schuldig waren. Luc. 17, 10. Weg mit der juckenden Begierde, Ly BibelstelleMatthäus 6,2 von Menschen gesehen und gerühmt zu werden! der Mund der Wahrheit hat von solchen das Urtheil gefället, daß sie ihren Lohn dahin haben. Matth. 6, 2. Ach! bittet Gott, Meine Werten daß er eure Absichten läutern und heiligen wolle, daß nicht eine niedrige Lobsucht, sondern Dank, Ehrfurcht und Gehorsam gegen ihn die Triebfedern eurer Werke sind. Rufet ihn um seinen Beistand an, daß er eine solche Gemüthsverfassung in euch wirke, damit ihr, wie einst David, bey einer ähnlichen Gelegenheit bekennet: Ly Bibelstelle1 Chronik 29,14 von dir ist alles kommen und von deiner Hand haben wir dirs gegeben. Und gebe doch Gott! Daß auch ein ieder unter euch mit diesem frommen Könige sagen könne: Ly Bibelstelle1 Chronik 29,17 ich habe alles aus aufrichtigen Herzen, freywillig gegeben. 1 Chron. 30, 14. 17.[6] Wer sollte denn auch von seinem Gute nicht ein Wesen willig ehren, dem man sich ganz schuldig ist, dem man alles zu verdanken hat; einen Gott, der zwar bisweilen ein Zerstören anrichtet, aber auch den Kriegen in aller Welt steuret? Jhr wißt es, Meine Teuren und ich habe es schon oben erinnert, daß der Lm Ereignis15. Februar 1763: Friede von Hubertusburg Friede, den Gott vom Himmel auf die verwüstete [S. 15] Erde gesendet, die erste Veranlassung eurer Orgel sey. O so müsse sie denn auch ein stetes Denkzeichen desselben und der daraus hervorstrahlenden göttlichen Barmherzigkeit seyn. Die Jsraeliten hatten einst von Gott wider ihre Feinde, die Philister, Sieg und Errettung erlangt. Lb PersonSamuel Samuel setzte deswegen einen Stein, hies ihn Le Geographicumf Ort: Eben-Ezer Ebenezer und sprach: Ly Bibelstelle1 Samuel 7,12 Bis hieher hat uns der Herr geholfen. 1 Sam. 7, 12. Ein solcher Ebenezer, ein solches Gedächtnismaal der Hülfe des Herrn müsse eure neue Orgel seyn. Es müsse über derselben, es müsse noch mehr in euren Herzen mit unaustilglichen Buchstaben geschrieben stehen: Bis hieher hat uns der Herr geholfen. Wenn ihr der Lm Ereignis1756–1763: Siebenjähriger Krieg vorigen Tage gedenkt, wenn ihr euch die beschwerlichen Einquartierungen, die häufigen Abgaben und Lieferungen, die Hindernisse in eurem Hauswesen und Ackerbau, die Störungen eurer Gottesdienstlichen Versammlungen, die kummervollen Tage, die schlaflosen Nächte, mit einem Wort, wenn ihr euch alle Schrecknisse des Krieges vorstellet, von welchen ihr befreit worden seyd; wenn ihr darneben die Annehmlichkeiten der Ruhe und den Trost, den euch der Herr bey den bittern Ueberbleibseln der vorigen Kriegsläufte verspricht, fühlt und beherziget, so vergesset dabey niemals der Ermahnung des Zeugen Jesu: Saget Dank allezeit und für alles Gott und dem Vater. Gelobt sey Gott, dies sey euer erster Gedanke, wenn ihr in dieses Bethhaus tretet, diese Orgel seht, oder hört, und wenn ihr betet, so müsse die Erhaltung des göttlichen Wortes und des reinen Gottesdienstes und die Befestigung des Friedens der Jnhalt eures Flehens seyn. Da hierzu Erhebung und Jnnbrunst des Geistes erfordert wird; so müsse die neue Orgel euch darzu dienen, eure Andacht in Flammen zu setzen, so wohl bey den Liedern, in welchen wir die Güte des Höchsten besingen, als auch bey Anhörung der Predigten, wodurch euch dieselbe bekannt gemacht wird. Es soll dieses in dem

andern Theile

weiter erkläret werden.

Der Apostel ermahnt in unserm Text die Glaubigen zu Le Geographicumf Ort: Ephesos Ephesus: Werdet voll Geistes und redet unter einander von Psal= [S. 16] men und Lobgesängen und geistlichen Liedern. Die Worte betreffen eigentlich das Verhalten der Christen bey den Mahlzeiten der Liebe, die sie an den Tagen des Herrn zu halten pflegten. Unter andern Gründen, die ich ietzo der Kürze wegen zurück setzen muß, erhellet dieses aus der Warnung unmittelbar vor unserm Text: Saufet euch nicht voll Weins, daraus ein unordig Wesen folgt. Jndessen, da diese Liebesmahle ein Stück des Gottesdienstes der ersten Bekenner des Christenthums waren; so kann man die Ermahnung des Lb PersonPaulus von Tarsus (10 v. Chr. – 60 n.Chr.) Heydenlehrers gar füglich auf die Zusammenkünfte ziehen, welche zur Anbetung und Verehrung des Herrn angestellt werden. Geistliche Wahrheiten, die grosen Thaten Gottes in einer gebundenen und nach dem Wohlklang abwechselnder kurzer und langer Sylben abgemessenen Rede zu verfassen, ist eine sehr alte Wissenschaft, worinnen David, ein Mann lieblich mit Psalmen, besonders geübt war. Es ist daher unter den Jüden und Christen gewöhnlich gewesen, beym Gottesdienste Psalmen, oder andere Lieder anzustimmen, und zur Entzündung gröserer Andacht, sich der Musik dabey zu bedienen. David ordnete vier Tausend Lobsänger des Herrn mit Saitenspielen aus den Leviten Ly Bibelstelle1 Chronik 23,5 1 Chron. 24, 5.[7] Diejenigen, welche in den Gedanken stehen, die Ebräer hätten den Gebrauch der Musik beym Gottesdienste von den Heyden entlehnt und der Herr habe, aus weiser Nachsicht gegen die Schwachheit der fleischlichen Juden, sie nur geduldet, die scheinen nicht bedacht zu haben, daß David ein vom Geiste Gottes erleuchteter und getriebener Mann gewesen, und daß er bey den Anstalten des Gottesdienstes halber den Propheten Lb PersonNathan Nathan zu Rathe gezogen. Sie vergessen, auf was für eine ausnehmende Art Gott die Musik in dem Tempel dadurch gerechtfertiget und geehrt, daß er unter ihren holden Tönen den Tempel des Salomo erfüllt. Sie erwägen nicht, daß Paulus in unserm Text nicht nur das Singen, sondern auch die Verbindung desselben mit der Musik ordnet und billiget: Singet und spielet dem Herrn in euren Herzen. Es ist zwar nicht wahrscheinlich, daß man in den sehr bedrängten Zeiten dieses Apostels musikalische Jnstrumente beym Gottesdienste gehabt. Jnzwischen erklärt er sich doch nicht darwider. Er räth sie an. Denn das Wort im Griechischen [S. 17] bezeichnet einen Gesang mit dem Schall wohlgestimmter Saiten. Alles dieses dient zugleich zu einer Schutzrede und Vertheidigung der Orgeln in unsern Kirchen. Wir können nicht sagen, wer ihr Erfinder gewesen und wenn sie zuerst aufgekommen. Das Wort in unserer Bibel, welches der seelige Luther durch Pfeiffen übersetzt, bedeutet, in vielen Stellen nach der heiligen Sprache, eine Orgel. Allein es ist nicht wohl glaublich, daß es eben so künstliche Werke, als bey uns, gewesen. Auch läßt sich die Meinung durch nichts beweisen, daß Salomo in seinem Tempel eine weit herrlichere Ld OrgelJerusalem, Salomos Tempel-Orgel (legendär) Orgel habe bereiten lassen, als sie ietzo anzutreffen sind. Lm Ereignis757: Kaiser Konstantin V. Kopronymus von Byzanz schenkt Frankenkönig Pipin eine Orgel Jm Jahr Christi 757 wuste man bey den Franken und in den abendländlichen Kirchen noch nichts von den Orgeln. Die erste, deren wir in den Geschichten gedacht finden ist die, welche der griechische Kaiser Lb PersonKonstantin V. von Byzanz (718–775) Constantinus Copronymus dem Könige der Franken, dem Lb PersonPippin (714–768) Pipinus verehrte. Nachher hat der Lb PersonMichael I. von Byzanz (ca. 770 – 844) Constantinopolitanische Kayser, Michael, Lb PersonKarl der Große (747–814) Carln, dem Grosen, verschiedene dergleichen zugeschickt und nur gedachter Kayser Carl brachte zween erfahrne Meister aus Le Geographicumf Ort: Rom Rom mit sich, welche die Cantors der Franken im Orgelschlagen unterrichten musten.[8] Es ist nicht zu leugnen, daß dies eine Sache sey, deren man bey den gottesdienstlichen Versammlungen ohne großen Schaden entbehren kann. Dem ohnerachtet aber kann sie doch auch von geseegneten Nutzen seyn. Wir sind fleischliche Menschen. Unsere in die Sinne eingehüllete Seele kann ihren Dienst nicht völlig entrathen. Wir haben gewisser äuserlichen Gegenstände nöthig, welche unserer Schwachheit aufhelfen, und die Seele ermuntern und stärken. Nur bilde man sich nicht ein, als ob Gott das Singen unter dem Klang der Orgel besser gefalle, als die Gesänge ohne dieselbe. Nein, Meine Freunde der Herr fragt nichts nach den äuserlichen Verzierungen unserer Zusammenkünfte. Er sieht das Herz an. Er ist ein Geist und will im Geist und in der Wahrheit angebetet seyn. Er verwirft alle Ehrfurchtsbezeugungen, denen das Herz widerspricht. Ein bloser Lippendienst, dieses dürre und armselige Gerippe vom Christenthum, ist ihm ein Greuel. Er sagte deswegen einst zu den Jüden: Ly BibelstelleAmos 5,21.23 Jch bin euren Feyertagen gram und verachte sie und mag nicht riechen [S. 18] in eure Versammlung. – Thue weg von mir das Geplerre deiner Lieder. Denn ich mag deines Psalterspiels nicht hören. Amos 5, 21. 23. Der Apostel verlangt: Singet und spielet dem Herrn in euren Herzen. Er will, daß wir die Wahrheiten, welche das Lied in sich faßt auch überlegen und bedenken sollen, was wir singen. Er fordert: Werdet voll Geistes oder erfüllet euch in dem Geiste. Das kann so viel heisen: Unsere Gesänge sollen ein Ausdruck der Bewegungen unsers Herzens und dieses mit heiligen Empfindungen angefacht seyn. Wir sollen mit Gegenwart des Geistes mit Andacht singen. Die Orgeln sind überaus geschickt, dieselbe zu erleichtern und zu stärken. Jch will nicht gedenken, daß das träge Unterziehen des Tones und das melodienwidrige Schreyen bey etwas unbekannten Weisen, wodurch die Achtsamkeit oft gehemmt und unterbrochen wird, durch die durchdringenden Pfeiffen der Orgel füglich vermieden und eine Gemeine in der Gleichheit und Uebereinstimmung des Gesangs erhalten werden kann. Wie viel Störer der Andacht bringen wir selbst mit in den Tempel und tragen sie im Herzen. Jhr fremden Gedanken, ihr eiteln Vorstellungen, ihr Sorgen fürs Hauswesen, ihr härmenden Bekümmernisse, ihr Raubvögel, die ihr das Lobopfer, welches wir unserm Wohlthäter anzünden, so oft unterbrecht! ach! ihr zertheilt den Geist, beschwert das Herz und drückt es zu Boden. O! entweicht! Lasset uns in Ruhe! hierzu trägt das Spielen der Orgeln vieles bey. Jhre abwechselnden Töne haben eine reitzende und entzückende Kraft, den Geist zu beleben, das Gemüthe aufzuklären, widrige Leidenschaften zu stillen, das schwarze Sorgenheer zu zerstreuen, die ins Gehirn aufsteigenden Dünste, welche Kummer, Traurigkeit und Angst über das Herz ausbreiten, zu zertheilen und mithin die in dem Liede ausgedruckten Wahrheiten in die Seele zu senken. Wir haben hiervon ein merkwürdiges Beispiel in der Schrift. Der König Lb PersonSaul (fl. 1000 v. Chr.) Saul verfiel in eine tiefe Schwermuth, wie einige Ausleger den Ausdruck: Ly Bibelstelle1 Samuel 16,14 ein böser Geist vom Herrn machte ihn sehr unruhig 1 Sam. 16, 14. erklären. Wenn aber David seine Harfe nahm und spielete; so ward es besser mit ihm und er erquickte sich Ly Bibelstelle1 Samuel 16,23 v. 23. Betrübte und niedergeschlagene Christen, erfahrt diese [S. 19] herrliche Wirkung frölicher Töne, zu eurer Beruhigung, wenn ihr euch in dieses Gotteshaus verfügt. Und, damit ich euch noch etwas Bessers und Tröstlichers wünsche: Schmecket hier die Freundlichkeit des Herrn, die himmlische Gabe, das gütige Wort Gottes.

Die Verkündigung des göttlichen Worts ist ein nöthiges und das wichtigste Stück bey unsern gottgeheiligten Versammlungen. Werdet voll Geistes sagt der Lb PersonPaulus von Tarsus (10 v. Chr. – 60 n.Chr.) Knecht Jesu in unserm Text. Das Wort Geist bedeutet bisweilen in der heiligen Schrift die Lehren des Evangelii. Voll Geistes werden, heist also: sich die geoffenbarten Wahrheiten einprägen, sie hören und betrachten. Seine Ermunterung: werdet voll Geistes drückt der Apostel in einer ähnlichen Stelle mit anderen Worten aus: Ly BibelstelleKolosser 3,16 Lasset das Wort Christi unter euch reichlich wohnen in aller Weisheit. Koloss. 3, 16. Hierzu preist er das Singen und Spielen an: Ly BibelstelleEpheser 5,19 Redet unter einander von Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern. Singet und spielet dem Herrn in euren Herzen. Nach dem Griechischen leiden die Worte den Verstand: Lehret und ermahnet euch durch Psalmen und Gesänge. Erweckt euch dadurch zur Liebe und Hochachtung gegen Gott. Sucht euer Herz dadurch in den Stand zu setzen, daß die Lehren und Ermahnungen der Religion desto leichter in dasselbe eindringen und darinnen haften können, daß ihr voll Geistes werdet. Der König Lb PersonJoschafat (ca. 870 – 849 v. Chr.) Josaphat begab sich einst zu dem Lb PersonElisa Elisa, den Herrn durch ihn um Rath zu fragen. Der Prophet lies einen Spielmann kommen, wodurch man aber keinen solchen verstehen darf, der auf den Bierbänken mit der Musik einen schändlichen Misbrauch treibt. Ly Bibelstelle2 Könige 3,15 Als der Spielmann auf den Saiten spielete, kam der Geist des Herrn auf den Elisa. 2 Kön. 3, 15. Es ist die Meinung nicht, als ob die Gabe der Weissagung eine Wirkung nach der Kunst hervorgebrachter Töne gewesen sey. Es wird so viel angezeigt, daß die Musik die sinnlichen Werkzeuge und das ganze Gemüth des Propheten in eine solche Verfassung gesetzt, die Eindrücke des Geistes desto eher anzunehmen. Sehet hier, Meine Geliebten einen neuen Nutzen des Orgelns bey unsern Gesängen. Es soll dadurch die Seele zu recht aufmerksamer Anhörung [S. 20] des Worts des Lebens vorbereitet werden. Unser Verstand regiert den Willen. Der bewegte Wille fordert hinwiederum die Kräfte des Verstandes auf. Wir fassen und behalten eine Sache viel eher und leichter, gegen die wir gerührt sind. Nun aber ist das Musiciren mit der Orgel, wenn sie anders den Sachen gemäs gespielt wird, sehr geschickt, die Affecten zu erregen und das Herz aufzuwecken. Wenn daher ein Lehrer die vorgeschriebenen Lieder weislich wählt, daß die Zuhörer dadurch einen Vorschmack von dem bekommen, was er vortragen will, und wenn, unter dem Singen und Spielen, das Herz in Feuer und Bewegung geräth; sollte nicht auch die Predigt des Worts dadurch eindringender und die Menschen begierig gemacht werden, das Wasser des Lebens, welches durch die Gesänge, als durch kleine Bächlein, ihnen beygebracht worden, aus dem Strome selbst zu schöpfen? Hieraus, Meine Freunde werdet ihr begreifen, wie ihr hinführo doppelt stark verbunden seyd, Stille des Geistes und Aufmerksamkeit in diesen Tempel vorwalten zu lassen. Hütet euch, daß ihr nicht eure Andacht durch das hindert, wodurch sie befördert werden sollte, daß ihr nicht etwa mehr auf den Wohlklang der Orgel höret, als auf den Jnhalt der Lieder denket. Fern sey es von euch, durch eine gähnende Schlafsucht dieses Bethhaus zu entweihen. Fern sey es von euch, euern Gedanken, euern Begierden, euern Blicken unziemliche Freiheiten zu verstatten. Fern sey es von euch, durch ein unanständiges Plaudern unter den Liedern nicht nur euch selbst zu versündigen, sondern auch die Andacht anderer zu stören. Werdet voll Geistes. Nehmet das Wort auf mit Sanftmuth, das in euch gepflanzet wird. Höret und bewahret es in einem feinen guten Herzen. Seyd aber auch Thäter desselben und bringet Frucht in Geduld. Ach! es müsse doch Niemand unter euch gefunden werden, auf welchen sich das schicke, was Lb PersonHiob Hiob von den Gottlosen sagt: Ly BibelstelleIjob 21,12.14 Sie jauchzen mit Paucken und Harfen und sind frölich mit Pfeiffen. Die doch sagen zu Gott: Hebe dich von uns. Wir wollen von deinen Wegen nicht wissen. Hiob. 21, 12. 14. Wie aufmerksam sollt ihr denn nicht auf den Willen des Herrn, wie eifrig in der Vollstreckung seiner Gebote sein! Da er so besorgt [S. 21] für euer Glück und Vergnügen ist, daß er sich nicht begnügt, euer Herz hier schon zu erfreuen, sondern euch auch noch weit erhabenere Freuden verheist. Nach denselben muß unser ganzes Verlangen sich austrecken. Jn der Hoffnung derselben soll uns der Gebrauch der Orgeln befestigen, theils, indem er uns einen dunkeln Schattenris von der Glückseligkeit jenes Lebens zeigt, theils, indem wir hier ein Bild von dem erblicken, was wir thun müssen, wenn wir jener Herrlichkeit wollen theilhaftig werden. Es soll dieses in dem

dritten Theile

nur mit etlichen Worten berührt werden. Um desto mehr, Meine Werten verspreche ich mir die Fortdauer der grosen Aufmerksamkeit, womit ihr bisher meinen Vortrag rühmlich angehöret.

Hier ist des Herrn Tempel. — Mich überfällt ein heiliger Schauer. Jch empfinde die Gegenwart des unumschränkten Gottes. Jch fühle die heilige Luft meines Amts. — Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anders denn Gotteshaus. Hier ist die Pforte des Himmels. Jhr Christen, warum seyd ihr heute hier erschienen? was sollt ihr thun? was sind eure Verrichtungen? Erhebt euch über euch selbst und über alles zeitliche. Hier treten wir in die Gemeinschaft mit jenen seeligen Himmelsbürgern. Hier vereinigen wir uns mit jenen Cherubim und Seraphim, mit jenen Tausendmaltausenden, mit jenen Erkauften aus allen Zungen, welche in liebreicher Eintracht singen: Dank sey dem, der auf dem Stuhle sitzt, unserm Gott und dem Lamme. O wie viel Erhabenes und Maiestätisches haben unsre Gottesdienste aus diesem Gesichtspunkte betrachtet. Jch sage es noch einmal: Ly BibelstelleGenesis 28,17 Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anders denn Gotteshaus. Hier ist die Pforte des Himmels 1 Mos. 28, 17. Lasset uns vom Kleinern aufs Grösere, von der Zeit auf die Ewigkeit, von der Erde auf den Himmel, von dem Dienste Gottes auf Erden die richtige Folgerung auf den machen, den wir ihm dort oben leisten werden. Lb PersonJohannes (Offenbarung) Johannes stellet, in seiner hohen Offenbarung, Ly BibelstelleOffenbarung 5,8 Kap. 5, 8. uns die Auserwählten vor, wie sie Harfen und güldene Schalen voll Räuch= [S. 22] werks haben. Da es, wiewol mit Entfernung aller groben und fleischlichen Begriffe, aus verschiedenen Gründen glaublich ist, daß in jener Welt, nach der Wiedervereinigung unsrer Seele mit dem Leibe, auch gewisse leibliche Ergötzlichkeiten statt finden werden; so ists gar nicht unwahrscheinlich, daß wir da die entzückendsten Lobgesänge hören werden. Wenn der Schall der Musik, wenn die künstlich gespielten Pfeiffen der Orgel uns hier schon vergnügen, da doch immer so viele rauhe und herbe Klagthöne sich in unsre Danklieder einmischen: O wie frölich werden wir da unsern Gott loben, wo Schmerz und Seufzen weichen und er selbst mit mitleidiger Hand alle Thränen von unsern Augen abwischen wird! Hat eine gottesdienstliche Versammlung von Sündern so viel Angenehmes: wie freudenvoll wird denn eine Gesellschaft von lauter Heiligen sein! die Kunst der Menschen, die doch von Gott sind, setzt uns in Verwunderung. Wie gros, wie herrlich muß der Schöpfer seyn, und wie werden wir nicht erstaunen, wenn, nachdem der dicke Vorhang des Fleisches niedergefallen, wir ihn sehen werden, wie er ist, von Angesicht zu Angesicht! Jst uns schon so wohl, wenn wir an die Güte Gottes nur lebhaft gedenken; wie seelig werden wir nicht seyn, wenn wir alle Schätze derselben geniesen! Jst ein Tropfen so labend; wie erquickend wird ein Meer von Wollust seyn! Jst ein einziger Blick so schön; wie herrlich muß die Sonne selbst seyn! Jst der Vorhof so prächtig; welch eine Pracht, welch ein Glanz wird in dem Pallaste anzutreffen seyn! O wie werden wir da für guten Muthe jauchzen, wo Freude die Fülle und liebliches Wesen ist, wo wir von den reichen Gütern des Hauses Gottes gesättiget und mit Wollust als mit einem Strome getränkt werden, wo wir —

Doch, Seelen, lasset uns nicht blos in Himmelsbetrachtungen vertiefen. Lasset uns untersuchen ob wir auch darzu geschickt sind, ob wir Grund haben, uns jene Freude zu versprechen. Lernet, was ihr thun müßt, aus der Betrachtung der Orgeln. Der Wind ist, wenn ich so reden darf, die Seele derselben. Ohne denselben ist alles todt. Ach! traurige und demüthigende Erinnerung an unser Verderben, an unsern kläglichen Zustand von Natur. Wir sind Ly BibelstelleEpheser 2,1 todt durch Ueber= [S. 23] tretung und Sünde Ephes. 2, 1. Ly Bibelstelle2 Korinther 3,5 nicht tüchtig von uns selber, etwas zu denken, als von uns selber 2 Kor. 3, 5. Ly Bibelstelle1 Korinther 12,3 Niemand kann Jesum einen Herrn heisen, ohne durch den heiligen Geist 1 Kor. 12, 3. Soll eine Orgel klingen; so muß sie vom Winde erfüllet werden. Dies zeigt die Nothwendigkeit des heiligen Geistes und seiner Bearbeitungen an. Werdet voll Geistes. Paulus scheint auf das Pfingstfest zu zielen, da der heilige Geist, unter den Brausen eines Windes auf die Apostel herab kam, der Geist, den unser Erlöser auch uns erworben hat und dessen Beystand er uns im Evangelio antragen läßt. Wenn gleich die Luft vermittelst der Bälge durch die Windlade in die Orgelpfeiffen getrieben wird; so geben sie darum doch keinen Laut von sich, bis das Hindernis durch Niederdrückung der Tasten gehoben wird. Eben so nützen uns auch die Gaben des Geistes Christi nichts, wenn wir sie von uns stosen, wenn wir ihm boshaft widerstreben, wenn wir unser Herz verstocken. Die vom Winde erfülleten Pfeiffen geben einen angenehmen Klang von sich. Christen müssen die Gnade des Geistes zur Heiligung anwenden. Sie müssen aus dem Vermögen, das Gott darreicht, Gutes thun. Ly BibelstelleRömer 15,2 Ein ieglicher soll sich also stellen, daß er seinem Nächsten gefalle zum Guten, zur Besserung. Röm. 15, 2. Ly BibelstellePhilipper 4,8 Lieben Brüder, was wahrhaftig ist, was erbar, was gerecht, was keusch, was löblich, was wohl lautet, ist etwa eine Tugend, ist etwa ein Lob, dem denket nach Phil. 4, 8. Die verschiedenen Pfeiffen und Töne in der Orgel stimmen in einer Melodie alle mit einander überein. Die Handlungen rechtschaffener Christen müssen sich insgesamt zu einem Zweck vereinigen. Ly Bibelstelle1 Korinther 10,31 Jhr esset, oder trinket, oder was ihr thut, so thut es alles zu Gottes Ehre 1 Kor. 10, 31. Ja die unterschiedenen Menschen und Gemüther sollen Ly BibelstelleRömer 15,5–6 unter einander einerley gesinnet seyn nach Jesu Christ, daß sie einmüthiglich mit einem Munde loben Gott und dem Vater unsers Herrn Jesu Christi. Röm. 15, 5. 6. Sie müssen Ly BibelstelleEpheser 4,3 fleisig seyn zu halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedes [sic] Ephes. 4, 3. Wohlan denn Meine Freunde entschlüst [sic] euch heute recht fest, nach dem Ewigen und Himmlischen zu trachten und eure Seeligkeit mit Furcht und Zittern zu schaffen. Es hilft euch nichts, daß ihr diese Orgel Gott widmet, wofern ihr euch ihm nicht selbst heiliget. Ly BibelstelleRömer 12,1 Begebet daher eure Lei= [S. 24] ber zum Opfer, das da lebendig, eilig und Gott wohlgefällig ist, welches sey euer vernünftiger Gottesdienst. Röm. 12, 1. Da euer Gotteshaus durch die erbaute Orgel ein neues Ansehen bekommen; so sorget doch dafür, daß ihr, als Tempel Gottes, im Geist eures Gemüths erneuert werdet. Werdet voll Geistes, ahmet den Bewohnern des Himmels nach. Redet unter einander von Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern. Singet und spielet dem Herrn in euren Herzen. Saget Dank allezeit für alles Gott und dem Vater unsers Herrn Jesu Christi. Lasset uns dieses schon ietzo bewerkstelligen. Kommt, lasset uns anbeten, und lobsingen dem Herrn, der uns gemacht, der uns begnadiget hat.

Schöpfer, Erhalter, Versorger, Wohlthäter, Erbarmer, Beschützer, Erretter, Vater unsers Herrn Jesu Christi und durch ihn auch unser lieber und treuer Vater, wir danken dir, daß du bist zornig über uns gewesen und dein Zorn sich gewendet hat und hast uns wieder getröstet. Ach! wer sind wir doch, daß du uns bis hieher gebracht hast? Wir sind viel zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die du an uns gethan hast. O Gott, gedenke nicht unserer Sünden noch unserer Uebertretungen, gedenke aber unser nach deiner grosen Barmherzigkeit um deiner Güte willen. Laß dirs gefallen, Herr, unter uns zu wohnen und uns mit dem Schatten deiner Hände zu bedecken. Behüte uns aber auch, daß wir nie muthwillige Sünden vor dein Angesicht bringen, welche einen heßlichen Gestank ausbreiten, unsere Loblieder verhaßt machen, und wider uns um Rache schreyen, wenn wir dich um Gnade anflehen. Heilige uns in deiner Wahrheit und bereite uns zu deinen Wohlgefallen. Laß in unserm Lande Ehre wohnen, Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen. Seegne den Fürsten dieser Länder, den besten Vater des Vaterlandes, unsern theuresten Lb PersonFriedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1699–1772) Friederich, beglücke seine Regierung, sey seine Stärke bey seinem Alter, der Schild seiner Lb PersonLuise Dorothea von Sachsen-Coburg-Gotha (1710–1767) Durchlauchten Gemahlinn der seine Fürstenkinder zu Ehren setzt [S. 25] und sein hohes Haus ausbreitet, und gieb, daß wenn Er einst, nach späten Jahren, zu seinen Vätern versammelt wird, wir in seinem Sohne, dem Durchlauchten Lb PersonErnst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1745–1804) Erbprinz das Bild eines frommen Ernsts und einen Regenten nach deinem Herzen, auf seinem Fürstenstuhle erblicken. Sey mit allen hohen Räthen in geistlichen und weltlichen Collegien. Schenke ihnen den Geist der Weisheit und des Raths zur Beförderung heilsamer Rathschläge und guter Anstalten zum Besten der Kirche und des Staats. Beglücke eine hochlöbliche Jnspection dieser Kirche und mache besonders deine Gnade am preiswürdigen Lb PersonFriedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1699–1772) Patron derselben, seiner würdigen Frau Lb PersonLuise Dorothea von Sachsen-Coburg-Gotha (1710–1767) Gemahlinn und hohen Familie gros. Setze sie zu Seegen. Lege Ehre und Schmuck auf sie. Stärke deinen treuen Lb PersonBraunhold, Christian Anastasius (1716–1786) Knecht, den du zum Wächter über diese Gemeinde gesetzt hast. Schmücke sein Amt mit vielen Seegen und laß die neue Orgel darzu dienen, dem Worte, welches er in deinem Namen prediget, einen ungehinderten Eingang in die Seelen seiner Zuhörer zu verschaffen. Erzeige den Lehrern[9] in hiesiger Schule Güte und Treue, die sie alle Wege behüte. Sey der Stecken und Stab des einen bey seinem hohen Alter und der Beystand des andern, daß er seine Kräfte deinem Dienste und der Unterweisung der Jugend gänzlich weihe. Gedenke, Herr, an deine Gemeine, die dein Lb PersonJesus Christus (ca. 0 – ca. 30) Sohn mit seinem Blute erkauft hat. Jch bitte dich, o Gott, nicht um zeitliche Güter für sie. Ach! das sind gefährliche Klippen, an welchen der Glaube leicht Schiffbruch leiden kann. Wenn sie am ersten nach deinem Reiche und nach deiner Gerechtigkeit trachten, so wird ihnen das andere alles zufallen. Wenn sie sich selbst in der Gottseeligkeit üben, so wird die Verheisung auch dieses Lebens nicht unerfüllt an ihnen bleiben. Heilige sie durch und durch. Führe sie auf den Steigen deiner Gebote. Der du die wohl belohnest, die deinen Namen fürchten, sey der Vergelter und der Lohn derer, welche einen Theil ihres Vermögens zur Erbauung dieser Orgel gegeben haben, und laß den frommen Lb PersonBecher, Johann Carl (vor 1739 – nach 1767) Werkmeister derselben, bey seiner Arbeit zu deinem Dienste in der Versicherung [S. 26] deiner Gnade, die süsseste Belohnung seiner Mühe finden. Behüte diesen Le Geographicumf Ort: Gödern Ort und die eingepfarrten Dorfschaften, beschütze diesen Le Geographicumg Gebäude: Gödern, Dorfkirche Tempel und die neue Orgel, für Feuer, Krieg, Verheerung und allen Unfällen. Zürne nicht groser Gott, daß ich noch eins von dir bitte. Laß auch denen Fremden und Auswärtigen, die heute allhier erschienen, deine Gnade und Barmherzigkeit reichlich widerfahren und hilf uns allen, ewiger Gott, daß nachdem wir dir in Heiligkeit und Gerechtigkeit unser Lebelang gedient, so wie wir ietzo hier versammlet sind und dich preisen, also auch einst in den Pallästen des Friedens vereiniget, unter den Chören der Engel und Auserwählten, dir zu Ruhm und Ehren, durch alle Ewigkeiten singen können: Heilig, Heilig, Heilig ist der Herr Zebaoth. Alle Lande sind seiner Ehren voll. Amen.

Einzelanmerkungen

  1. Linke gibt die Texte der Psalmen nur auszugsweise und paraphrasierend wider.
  2. Vgl. Ly BibelstelleRömer 11,33 Röm 11,33.
  3. Auch hier ist die Bibelstelle eher paraphrasiert, denn zitiert.
  4. Linke bezieht sich offenbar auf die Gesangbuchtradition in Arnstadt, wo 1662 erstmals ein städtisches Gesangbuch erschien, das zahllose Neuauflagen erlebte. 1760 brachte Lb PersonMosche, Gabriel Christoph Benjamin (1723–1791) Gabriel Christoph Benjamin Mosche eine überarbeitete Fassung mit einer längeren Vorrede heraus, die in Linkes Zeit den neuesten hymnologischen Stand repräsentierte, vgl. https://scripts.zdv.uni-mainz.de/gesangbuch/details.php?id=1208962047
  5. Wer den Orgelbau in der Gemeinde Gödern vorgeschlagen und durch Spenden unterstützt hat, ist bislang nicht bekannt.
  6. Auf Basis der Bibelausgabe Luthers (letzte Hand) von 1545 handelt es sich um hier um Kapitel 29 aus dem 1. Buch der Chronik, in anderen Bibelausgaben weicht die Zählung allerdings ab.
  7. Zur abweichenden Kapitelzählung vgl. oben.
  8. Linke verfügte über wenig präzise Informationen über die Einführung der Orgel im Karolingerreich. Seine Bemerkungen könnten sich auf eine ähnliche Darstellung in Lc PredigtautorGrosse, Bernhard Sebastian (1705–1772) Bernhard Sebastian Grosses La OrgelpredigtDie heiligen Verrichtungen in dem Hause des Herrn (Eisenach 1765) M Ilmenauer Orgelpredigt gestützt haben, die den Sachverhalt etwas ausführlicher wiedergibt: Gewiß ist, daß man im Jahre Christi 753, oder wie andere melden, 757, bei den Franken, und in ganz Occident, noch nichts von den Orgeln gewußt hat, sondern der griechische Kaiser Lb PersonKonstantin V. von Byzanz (718–775) Constantinus Copronymus machte dem Lb PersonPippin (714–768) Pipino, dem Könige der Franken, welcher eben damals den Reichstag zu Le Geographicumf Ort: Compiègne Compiegne hielte, mit einer Orgel das erste Geschenke, auch hat der Constantinopolitanische Lb PersonMichael I. von Byzanz (ca. 770 – 844) Kaiser Michael dem Lb PersonKarl der Große (747–814) Carolo Magno, dem Könige der Franken und erstem Kaiser in Deutschland, unterschiedene Orgeln verehret, und unter denselben eine, so gar künstlich zubereitet gewesen seyn soll. Als eben dieser Carolus in Le Geographicumf Ort: Rom Rom war, soll er zwei erfahrne Meister, Theodorum und Benedictum, bei sich gehabt haben, welche die noch Unwissende im Orgelschlagen unterrichten müssen. Von der Zeit an sind die Orgeln in den Abendländischen Kirchen gewöhnlicher worden. (Die heiligen Verrichtungen in dem Hause des Herrn (Eisenach 1765), S. 34f.) Historisch belegen lässt sich die Übersendung einer Orgel von Kaiser Michael I. von Byzanz an Karl den Großen aufgrund eines Berichts von Lb PersonNotker I. von St. Gallen (ca. 840 – 912) Notker Balbulus. Nach Dietrich Schuberth handelte es sich jedoch nicht um ein Geschenk, sondern um ein Instrument, das von der byzantinischen Gesandtschaft für die Empfangszeremonien am karolingischen Hof verwendet wurde und wieder in die Heimat zurückgeführt wurde. Wie Notker erläutert, wurde es von den Franken aufmerksam inspiziert und dann nachgebaut, vgl. Schuberth, Kaiserliche Liturgie (1968), S. 77, 120f. Vermengt wird diese Begebenheit bei Grosse und Linke mit der Einführung des römischen Choralgesangs in die fränkische Liturgie.
  9. Für die Jahre 1780–1786 lässt sich Lb PersonKämpfer, Johann Georg (vor 1780 – nach 1786) Johann Georg Kämpfer als Schulmeister in Gödern nachweisen. Ob er bereits zum Zeitpunkt der Orgelweihe im Dienst war, ließ sich nicht ermitteln.

Letzte Änderung dieses Dokuments am 22. Dezember 2022.

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