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Orgelpredigt

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a Geistliches Orgelwerk (Erfurt 1672)

Einführung in die Edition

Die Orgelpredigt

Die Edition präsentiert ein wenig bekanntes Werk, das nur noch in einem Exemplar in einer theologischen Bibliothek in den Le Geographicumh Territorium: Vereinigte Staaten von Amerika USA erhalten ist. Die Predigt, die der Nottlebener Pfarrer Lc PredigtautorMöller, Johann (1631–1703) Johann Möller 1672 zur Einweihung der neuen Ld OrgelNottleben, Hieronymus Wächter-Orgel 1672 Orgel hielt, lenkt den Blick auf den Orgelbau in den kleinen Ortschaften Le Geographicumh Territorium: Thüringen Thüringens. Le Geographicumf Ort: Nottleben Nottleben, dessen Le Geographicumg Gebäude: Nottleben, St. Peter und Paul Kirche 1672 erstmals oder nach längerer Zeit ein Orgelwerk erhielt, war Teil einer blühenden Orgelbaulandschaft und wurde etwas später sogar zum Sitz eines eigenen Orgelbauers, Lb PersonSchulze, Hans Heinrich (1716–1762) Hans Heinrich Schulzes. In seinem Text gibt Möller einige Anhaltspunkte zu dem in Vergessenheit geratenen Instrument und nennt auch dessen Erbauer, den im nahen Le Geographicumf Ort: Vehra Vehra ansässigen Lb PersonWächter, Hieronymus Hieronymus Wächter. In Ermangelung von Publikationen zur Nottlebener Geschichte lässt sich der Entstehungskontext des Orgelbaus hier leider nicht genauer umreissen. Dies gilt auch für die im Druck angeführten Widmungsempfänger, deren Identität nicht ermittelt werden konnte. Da die Nottlebener Kirche in den 1970er-Jahren dem Verfall preisgegeben wurde und heute wieder dank einer Bürgerinitiative neu aufgebaut werden soll,[1] gewinnt die Orgelpredigt eine besondere Bedeutung als historisches Testimonium.

Bereits im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts waren Orgeln auch in dörflichen Kirchen Mitteldeutschlands so selbstverständlich geworden, dass in der Predigt eine Rechtfertigung der Anschaffung kein Thema gewesen zu sein scheint. Weder Orgelfeinde noch die beliebten Exempla, an denen Nutzen und positive Wirkung der Musik aufgezeigt werden konnten, finden Erwähnung. Nur kurz gestreift wird desgleichen die Geschichte der Orgel im Alten Testament und in der christlichen Zeit. Der Pfarrer hat es eilig, zu seinem zentralen Anliegen zu gelangen. Das Gleichnis vom Sämann zum Ausgangspunkt nehmend, erklärt er der Gemeinde, dass es ihm diesmal um ein andersartiges Gleichnis zu tun sei:

Wir wollen vor dißmal die Gleichniß des Herren Christi im heutigen Evangelio nicht zwar gar beyseit setzen/ doch aber unsere Gedanken vornemlich auff ein solch Gleichniß richten/ so sich zu unserm Vorhaben in etwas schikket/ nemlich/ von unserm Orgelwerke einen geistlichen Verstand und Deutung zu fassen/ dasselbe heilsam und nützlich zu betrachten/ und zu unser Erbauung anzuwenden/ so viel als Gott Gnade gibt/ uns angelegen seyn lassen.[2]

Die Predigt entfaltet sich so aus einer gleichnishaften Erläuterung der Orgel. Indem Möller auf sämtliche wichtigen Baubestandteile des Instruments zu sprechen kommt, kann er seinen Ausführungen eine innere Einheit verleihen und der Gemeinde eine Memorierhilfe an die Hand geben. Dabei vermittelt er seinen Zuhörern zum einen Informationen über die Funktionsweise des komplex konstruierten Instruments. In anschaulicher Weise schildert er beispielsweise den Mechanismus der Bälge und spricht so das Vorstellungsvermögen und die Neugier der werktätigen Bevölkerung an:

Neben oder vielmehr hinter unserm Orgelwerke findet sich auch ein Balghauß/ darinnen 4. grosse Spänbälge zu innerst mit Pappier und von aussen mit Leder wol verleimet und verwahret/ daß kein Wind heraus gehe/ vorhanden/ die werden vom Calcanten getreten/ und darzu mit schweren doppel=liegenden Ziegelsteinen niedergedrukket und gepresset: Hinter unser geistlichen Orgel hat Gott der Herr auch ein Geistlich Balghauß oder Creutzschule erbauet/ das ist/ Er ist immer mit vielem schwerem Creutz und Leiden hinter seinem Volke und frommen Christen her/ läst sie hier wol treten/ drukken und preßen/ ja oft mit gedoppelten Ziegelsteinen beschweren.[3]

Ausgehend von solchen einprägsamen technischen Vorgängen entwickelt der Prediger Analogien zu einer theologischen Sichtweise des Lebens. Vielfältige und inhaltlich freiere Assoziationen verbinden sich mit der Ausdeutung der zwölf Register, die die Nottlebener Orgel besaß. Hier kann der Prediger auch wieder auf den Text des Sonntagsevangeliums zurückkommen.[4] Besonders deutlich ist in seiner Predigt so zum anderen ein katechetisches Anliegen zu erkennen. Anders als sonst in dieser Gattung üblich, erwähnt der Autor mehrfach explizit Lb PersonLuther, Martin (1483–1546) Martin Luthers Lr QuellenLuther, Kleiner Catechismus (1601) M Kleinen Katechismus.[5] Die Orgel dient so vornehmlich als ein Mittel, um grundlegende Inhalte der Christenlehre anzusprechen und in einer ungewöhnlichen Form neu zu beleuchten. Dass die Orgel als Bezugsobjekt direkt im Kirchenraum präsent war und mit Ohren und Augen wahrgenommen werden konnte, verlieh den Ausführungen Nachdruck.

Die Orgeleinweihung inspirierte den Pfarrer zu zwei weiteren literarischen Werken. Noch im selben Jahr ließ er der Predigt einen Kasualdruck folgen, den er seinem Kollegen Lb PersonGötze, Georg (1633–1699) Georg Götze zu dessen Investitur als Pfarrer an der Predigerkirche in Le Geographicumf Ort: Erfurt Erfurt zueignete. Neben dem Gedicht auf den Amtsantritt ist hier an zweiter Stelle ein Gedicht mit folgendem Titel enthalten:

Orgel=Lied/ | aus dem V. Capitel Esaiae: | Jch wil meinem Lieben ein Lied meines Vettern singen/ etc. | fürnehmlich gezogen/ auf vorgehende Orgel=Predigt gerichtet/ und ümb et=|licher Drukkerfehler in erwehnter Predigt zugleich zu erinnern/ als | zur Zugabe mit beygefüget:[6]

Das Orgel-Lied besteht aus 35 sechszeiligen Strophen. Möller entfaltet hier nochmals in anderer, poetischer Form die aus der Orgelpredigt bekannte allegorische Ausdeutung der Orgel und ihrer Bestandteile. Erneut geht er hier die zwölf Register des Instruments durch und charakterisiert sämtliche Bestandteile, die bereits in der Predigt erwähnt worden waren: das Gehäuse, die zwei Flügel, die sieben Pfeifentürme, aufgeteilt in drei große mittlere und vier kleinere an den Seiten, die Orgelpfeifen, das Balghaus, die Bälge, den Kalkanten, Windrohr, Clavir, Manual, Pedal, Trakturen, sowie die verstimmten Pfeifen.

Der poetisch veranlagte Pfarrer verfasste zudem ein Chronodistichon auf das Instrument. Es wurde im Rahmen seiner mehrbändigen Ausgabe von Anagrammen publiziert.[7]

Quellenbeschreibung

Als Vorlage für die Edition dient der nur in einem Exmplar erhaltene Druck im Quartformat. Er umfasst drei Bögen mit der Signaturformel A–C . Die 24 bedruckten Seiten sind unpaginiert. Auf Blatt A3v beginnt der Kolumnentitel Geistliches Orgelwerk., der in der Edition nicht abgebildet wird.

Das vom Autor nachträglich publizierte Errataverzeichnis zur Orgelpredigt Errata potiora oder etliche Drukkerfehler in der Orgelpredigt. listet acht Korrigenda auf. Handschriftlich wurde außerdem eine weitere Korrektur hinzugefügt.[8] Diese Angaben werden in die Edition einbezogen.

Marginalien setzt Möller abgesehen von einer einzigen Literaturangabe auf Blatt A4r nur für die Veranschaulichung der inhaltlichen Struktur ein. Berücksichtigt man diese Angaben, so ergibt sich für den Druck folgende Untergliederung:

  • [Titelblatt] A1r
  • [Widmung] A1v
  • Praeambul oder Vorbereitung. A2r–A2v
  • Textus: A2v
  • Eingang. A2v–A4r
  • Gebrauch der Music und Seitenspiel beym Gottesdienst wird bewiesen mit (1.) Sprüchen. A2v
  • 2. Exempeln. A3r
  • 3. derselben Nutz. A3r–A3v
  • der Orgeln Ursprung. A3v–A4r
  • Von dem Geistlichen Orgelwerke der Kirchen Gottes/ wie solche uns an unser neuerbauten Orgel kan etlicher massen abgebildet/ und eines mit dem andern verglichen werden. A4r–C4v
  • 1. Orgel. B1r
  • 2. Orgelmacher/ Organist. B1r
  • 3. Grund und Boden. B1r
  • 4. Eiserne Stäbe. B1r–B1v
  • 5. Gehäusich. B1v
  • 6. Kronen u. Zierahten. B1v
  • 7. Thürne 7. B1v–B2r
  • 8. Flügel. B2r–B2v
  • 9. Ordnung der Pfeiffen. B2v
  • 10. Kostbarkeit. B2v
  • 11. Register 12. B2v–B3r
  • 12. Register=Zöge. B3r
  • Principal B3r
  • Octava. B3r–B3v
  • Cymbaln. B3v
  • Mixtur. B3v–B4r
  • Gedakte. B4r–B4v
  • Grobgedakte. B4v
  • Qvinta. B4v
  • Qvintadena. B4v
  • SubBaß. B4v–C1r
  • Regal. C1r
  • Posaunen=Baß. C1r–C1v
  • Cornet-Baß. C1v
  • 13. Sterne. C1v–C2r
  • 14. Tremulant C2r
  • 15. Balghauß/ 4. Bälge/ Leder/ Papir/ Ziegelsteine. C2r–C2v
  • 16. Calcant. C2v
  • 17. Wind. C2v–C3r
  • 18. Windrohr. C3r
  • 19. Windlade. C3r
  • 20. Manual. C3r–C3v
  • 21. Pedal. C3v
  • 22. Tracturen. C3v
  • 23. Heulende Pfeiffen. C3v–C4r
  • Dacksagung und C4r–C4v
  • Einweihungs=Beschluß. C4v

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Siehe https://www.kirche-nottleben.de/die-kirche/
  2. Geistliches Orgelwerk (Erfurt 1672), A4v–B1r.
  3. Geistliches Orgelwerk (Erfurt 1672), C2r.
  4. Geistliches Orgelwerk (Erfurt 1672), B3v–B4r.
  5. Vgl. Geistliches Orgelwerk (Erfurt 1672), B3r, B3v, B4v.
  6. Möller, Wächter-Stimm (1672), D1r.
  7. Der Druck ist unpaginiert und weist eine eigenwillige Nomenklatur der Bogensignaturen auf. Zur Orientierung zweckmäßig erscheint so die vorliegende Nummerierung, Möller, Ana- et epigrammatum Centuria 1-2 (1684), Centuria II., 60.
  8. Vgl. Möller, Wächter-Stimm (1672), D2v.

Exemplare

Fort Wayne (IN), Concordia Theological Seminary, Walther Library (–): BX8067.G7 H83 1703

Das einzige Exemplar der Predigt befindet sich in der Bibliothek des Concordia Theological Seminary in Le Geographicumf Ort: Fort Wayne, IN Fort Wayne, Indiana. Es gehört zu einem größeren Predigtkonvolut, in dem zehn Kasualpredigten an Lb PersonHückel, Georg Heinrich (1665–1724) Georg Heinrich Hückels LVD18 10067701 Sciagraphia (1703) angebunden worden sind. Genauere Informationen zur Provenienz und zum Erhaltungszustand sind zur Zeit nicht möglich. Erschwerend für die Auffindbarkeit und Kontextualisierung des Werks wirkt sich der Umstand aus, dass der Autor im OPAC der Bibliothek irrtümlich als Johann Müller aufgenommen ist.[1]

Als Basis der Edition dient ein Scan. Wir danken der Bibliothek sehr herzlich für die unentgeltliche Anfertigung und Überlassung des Scans sowie die freundliche Genehmigung einer Online-Edition.[2]

Einzelanmerkungen

  1. Vgl. den Katalogeintrag: https://ctsfw.on.worldcat.org/oclc/25388613
  2. Die Publikationsgenehmigung wurde per E-Mail vom 11. September 2019 erteilt. Besonderer Dank für die Vermittlung gilt Rev. Roger A. Peters, Assistant to the Director of Library and Information Services, Concordia Theological Seminary.

Portaldaten

Dieser Datensatz ist in folgenden Einträgen des Portals verknüpft:

Letzte Änderung dieses Dokuments am 3. Oktober 2021.

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