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Orgelpredigt

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a Martini, Friedrich Wilhelm: Lob= und Danck=Predigt (Berlin 1753)

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y Bibelstellen (52)

  • 1 Chronik 16,10
  • 1 Chronik 16,23–24
  • 1 Chronik 16,8
  • 1 Chronik 16,8–10
  • 1 Chronik 17,10
  • 1 Chronik 17,8
  • 1 Chronik 17,8–10
  • 1 Chronik 17,9
  • 1 Samuel 23,1
  • 2 Chronik 15,4.15
  • 2 Samuel 22
  • Epheser 5,19
  • Exodus 34,6
  • Genesis 12,8
  • Genesis 4,21
  • Hohelied 3,4
  • Jeremia 32,19
  • Jeremia 50,4
  • Jesaja 59,2
  • Jesaja 6,2
  • Kolosser 3,16
  • Lukas 15,4.8
  • Matthäus 11,15
  • Matthäus 9,2
  • Psalmen 105
  • Psalmen 105,1–4
  • Psalmen 105,2
  • Psalmen 106,3
  • Psalmen 110,3
  • Psalmen 119,108
  • Psalmen 145,1
  • Psalmen 149,1–2
  • Psalmen 150,3–4
  • Psalmen 150,6
  • Psalmen 17,8
  • Psalmen 18
  • Psalmen 21,4
  • Psalmen 33,1
  • Psalmen 33,3
  • Psalmen 45,2
  • Psalmen 57,8
  • Psalmen 66,1–4
  • Psalmen 68,35
  • Psalmen 68,4–5
  • Psalmen 69,31–32
  • Psalmen 69,33
  • Psalmen 71,23
  • Psalmen 73,28
  • Psalmen 89,2
  • Psalmen 96
  • Römer 12,1
  • Sprichwörter 19,12

[[S. 1]]

Titel

Lob= und Danck=Predigt
über
Ly Bibelstelle1 Chronik 17,8–10 1 B. Chr. Cap. 17, 8. 9. 10.
nach gewünscht vollendeter Erbauung
einer gantz
Neuen Ld OrgelBerlin, Neue Kirche, Peter Migendt-Orgel 1752 Orgel
in der Le Geographicumg Gebäude: Berlin, Neue Kirche Friedrichs=Kirche
auf der Le Geographicumf Ort: Berlin-Friedrichstadt Friedrichs=Stadt zu Le Geographicumf Ort: Berlin Berlin,
gehalten in derselben Kirche Vormittag Dom[enica] 24. p[ost] Tr[initatem] als den 12ten
Novembr[is] 1752.
von
Herrn Lc PredigtautorMartini, Friedrich Wilhelm (1704–1754) Friedrich Wilhelm Martini,
ersten evangelisch=reformirtem Prediger daselbst.
Nun aber
bey dem Eintritt des 1753sten neuen Jahres
zum Druck erbethen
und der christlichen Gemeine unter hertzlicher Anwünschung
alles ersinnlichen Wohlergehens an Seel und Leib übergeben
von
Lb PersonVausch, Christian Ludwig (vor 1751 – nach 1758) Christian Ludewig Vausch,
evangelisch=reformirtem Küster bey derselben Gemeine.

Berlin,
gedruckt bey dem Königl[ichen] Hof=Buchdrucker, Lb PersonHenning, Christian Friedrich (–1765) Christian Fried. Henning.

[[S. 2]]vakat

[[S. 3]]

Gesänge:Lw MusikwerkGoudimel, Claude: Wol auf Jhr Heiligen und Frommen, frolockt dem Herren allgemein M Psalm 33, 1. 2.
Music.[1]
Lw MusikwerkAnonym: Nun Gott Lob! es ist vollbracht M Nun Gott Lob! es ist vollbracht etc.

Vorrede.

Eine nach richtigen Grund=Sätzen abgefaßte und hernach wohl aufgeführte Music ist rührend.[2] Sie dringet durch das äussere Ohr in das innere Hertz, und erfreuet Leib und Seele. Sie ist eine Zusammenstimmung verschiedener Tone, welche theils durch die Stimme des Mundes theils durch den Klang eines Werckzeuges hervorgebracht werden. Folglich zweyerley: Singmäßig, mit der Stimme des Mundes, (vocal) Klangmäßig, mit dem Klange eines dazu verfertigten Werckzeuges (instrumental.) Der erste Erfinder derselben ist, wie Lb PersonMoses Moses 1 B. C. 4, 21. meldet, gewesen Lb PersonJubal Jubal, Lb PersonLamech Lamechs Sohn, Ly BibelstelleGenesis 4,21 von welchem die Geiger und Pfeiffer herkommen. Bey den jüdischen und andern Völckern war sie nicht allein gebräuchlich, sondern auch beliebt. Die Israeliten bedienten sich derselben so wohl beym öffentlichen Gottesdienst, als auch ausser demselben. Sie hatten zum Singen: Lieder, Psalmen, Lobgesänge Ly BibelstelleKolosser 3,16 Coloss. 3, 16. zum Spielen: Posaunen, Pfeifen, welche geblasen wurden, desgleichen Psalter, Harfen, Paucken, die man theils mit Fingern spielete, theils mit Stäbchen schlug Ly BibelstellePsalmen 150,3–4 Ps. 150, 3. f. Lb PersonDavid (fl. 1000 v. Chr.) David hat sorgfältig nach Einrichtung des öffentlichen Gottesdienstes die Music eingeführet und selbst angeordnet. Es musten allemahl zum wenigsten 12 Sänger, nach der Zahl der 12 Stämme Le Geographicumh Territorium: Israel Israels, im Heiligthum seyn, die andern aber spieleten auf musicalischen Instrumenten. Wobey die Absicht dieses Lb PersonDavid (fl. 1000 v. Chr.) Königes über Le Geographicumh Territorium: Israel Israel war, Gottes, des Königes aller Könige, heiligen Nahmen durch loben, preisen, rühmen und dancken zu verherrlichen. Weswegen er auch bey Lm Ereignislegendär: Einholung der Bundeslade Einführung der Bundes=Lade in die zu Le Geographicumf Ort: Jerusalem Jerusalem für sie erbauete Hütte bestellete, Gott mit einem Liede durch Singen und Spielen, wie in der That also auch in der Wahrheit, zu dancken. Das in diesem Le Geographicumg Gebäude: Berlin, Neue Kirche Gotteshause neuerbauete Ld OrgelBerlin, Neue Kirche, Peter Migendt-Orgel 1752 Orgelwerck giebt Gelegenheit, unsere Andacht damit in gegenwärtiger Stunde zu beschäftigen. Helft mir auch hiezu die Kraft des heiligen Geistes von Gott erbitten in einem gläubigen und andächtigen Gebeth, ermuntert euch aber zuvor mit Absingung des Gesangs: Lw MusikwerkWalter, Johann: Es woll uns Gott genädig sein Es dancke Gott, und lobe dich etc.[3]

[S. 4]

Textus. 1 B. Chron. Cap. 17. v. 8. 9. 10.

Ly Bibelstelle1 Chronik 17,8–10 Dancket dem Herren, prediget seinen Nahmen, thut kund unter den Völckern sein Thun. Singet, spielet und richtet ihm von allen seinen Wundern. Rühmet seinen heiligen Nahmen: es freue sich das Hertz derer, die den Herren suchen.[4]

Zusammenhang.

Die verlesene Worte meines Textes sind ein Theil des Liedes, welches Lb PersonAsaf Assaph mit seinen Brüdern singen muste, da die Lm Ereignislegendär: Einholung der Bundeslade Bundeslade in die für sie erbauete Hütte nach Jerusalem gebracht ward. Es ist aus Ly BibelstellePsalmen 96 Ps. 96. und Ly BibelstellePsalmen 105 Ps. 105. zusammen gesetzt,[5] und dem Inhalt nach mit denselben einerley, obwohl in den Worten, vielleicht um der Music willen, eine Veränderung gemacht worden, eben wie bey dem Liede, so Ly Bibelstelle2 Samuel 22 2 B. Sam. C. 22, 1 f. zu lesen, welches mit Ly BibelstellePsalmen 18 Ps. 18. genau übereinstimmet.[6] Es ließ aber David dis Lied zum ersten absingen nach Einführung der Bundes=Lade zu Jerusalem in die daselbst für sie erbauete Hütte, weil es sehr schicklich war, die herrliche Vollkommenheiten Gottes zu Erweckung seines Lobes vorzustellen. Bey Einweihung der in Le Geographicumg Gebäude: Berlin, Neue Kirche diesem Hause neuerbaueten und zum ersten mahle gehöreten Ld OrgelBerlin, Neue Kirche, Peter Migendt-Orgel 1752 Orgel habe den Anfang dieses Liedes erwehlet, und wir wollen daraus betrachten:

Davids Bestellung der heiligen Music bey Einrichtung des öffentlichen Gottesdienstes.

Wir untersuchen, wie diese Music geschehen soll

I. Aeusserlich mit der That.
II. Innerlich mit der Wahrheit. Ly BibelstelleMatthäus 11,15 Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Gebeth.

Heiliger und herrlicher Gott, Ly BibelstelleJeremia 32,19 groß von Rath, mächtig von That. Deiner Güte ist es allein zu dancken, daß wir unter der sanften Regierung eines weisen Lb PersonFriedrich II. von Preußen (1712–1786) Königes, mit Genehmhaltung E[ines] Hoch=Edl[en] Magistrats hiesiger Residentzien, als unsers hochgeneigten Kirchen=Patroni, Dir zu Ehren und der in diesem deinen Hause sich versammlenden Gemeinen zum Nutz ein Werckzeug vergnügt aufrichten und freudig vollenden können, wie wir nun sehen und hören. Alle, die daran gearbeitet, hast du gesund und ohne die geringste Beschädigung ihr Geschäfte verrichten lassen, und dasselbe mit reichen Segen begleitet. Nimm von uns gnädig an die Ly BibelstellePsalmen 119,108 Farren der Lippen, als ein Danckopfer für alle unverdient erwiesene Wohlthaten. Bewahre den Lb PersonFriedrich II. von Preußen (1712–1786) König Ly BibelstellePsalmen 17,8 wie einen Augapfel im Auge, kröne sein Königlich Hauß und alle desselben hohe Anverwandte mit unverrrücktem Wohl; Schencke den Geist der Weißheit, des Raths, der Kraft und der Stärcke E[inem] Hoch=Edl[en] Magistrat, um unter seinen Schutz zu führen ein geruhig und stilles Leben in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. Rüste die Lehrende aus mit unerschrockenem Muth, kleide sie in Gerechtigkeit, um von dieser heiligen Stätte dein Volck zu erbauen durch lehren, warnen, vermahnen und trösten, sich selbst und die anvertraute Seelen selig zu machen. Erhalte diese Christliche Gemeine in Einigkeit des wahren Glaubens, wehre allem Zwiespalt und Unordnung, gieb, daß sie nimmermehr vermisse, was durch ihren willigen und milden Beytrag nach und nach gesammlet worden zu Ausführung eines Wercks, das [S. 5] vor aller Augen stehet, sondern segne sie davor in Zeit und Ewigkeit, da wir mit den Chören der himmlischen Heerschaaren und mit allen Auserwehlten Dich, den Dreyeinigen, verherrlichen werden ohne Aufhören. Amen.[7]

Erklärung.

Erster Theil.

David, Israels König, ermuntert in hoher Person die bestellte heilige Sänger zum Lobe seines Bundes=Gottes mit einem auf Eingeben des heiligen Geistes von ihm selbst vorgeschriebenem Liede, selbiges zu singen und zu spielen in der That. Er fordert sie dazu auf mit folgenden verschiedenen Absätzen: Ly Bibelstelle1 Chronik 17,8 Dancket dem Herren, aller Wohlthaten, die der Herr euch und euren Vätern, für andern Völckern erwiesen, erinnert euch und bekennet sie mit öffentlichen Dancken, prediget, breitet aus und verschweiget nicht, rufet an und rühmet seinen Nahmen, wie euer Vater Lb PersonAbraham Abraham gethan, der dem Herren Ly BibelstelleGenesis 12,8 einen Altar bauete, und von des Herren Nahmen predigte, daß er so majestätisch, herrlich, gütig, gerecht und heilig ist. 1 B. Mos. C. 12, 8.[8] Ly Bibelstelle1 Chronik 17,8 thut kund unter den Völckern sein Thun. Erzehlet die grossen Wercke seiner unwiedersetzlichen Macht und unaussprechlichen Menschen=Liebe, als da sind: das Werck der Schöpfung, Lb PersonNoach Noäh Erhaltung in der Lm Ereignislegendär: Sintflut Sündflut, die Wunder in Le Geographicumh Territorium: Ägypten (Altertum) Egypten und in der Wüsten, die Lm Ereignislegendär: Auszug der Israeliten aus Ägypten Aüsführung aus Egypten, der Lm Ereignislegendär: Zug der Israeliten durch das Rote Meer Durchgang durch das Le Geographicumi Gewässer: Rotes Meer rothe Meer und Le Geographicumi Gewässer: Jordan Jordan, der Lm Ereignislegendär: Einnahme Jerichos Umsturz der Mauern zu Le Geographicumf Ort: Jericho Jericho, der Sonne und des Mondes Stillestand, und viel anderes mehr. Gottes Wille begehrete, daß die Wunder seiner Macht und Liebe öffentlich besungen und andern Völckern bekant gemacht würden, zu dem Ende, damit diese Völcker durch Kundthuung seiner Herrlichkeit herbey gelocket würden, den Israelitischen Glauben anzunehmen, welches auch durch seinen gelinden Zug geschahe, sintemahl nach und nach viele aus den Heiden Judengenossen geworden. Singet dem Herren mit aus dem Hertzen erhabener und durch den Mund vernehmlicher Stimme, spielet dazu mit musicalischen Instrumenten Ly BibelstellePsalmen 105,2 Ps. 105, 2. Ly Bibelstelle1 Chronik 17,9 und tichtet ihm Ly BibelstellePsalmen 33,3 Ps. 33, 3. von allen seinen Wundern, betrachtet und überdencket alle seine Wunder mit geziemender Ehrerbiethigkeit. Eine Anbethung Gottes, welche in demüthiger Bewunderung und gläubiger Verehrung seiner Majestät und Herrlichkeit geschiehet, und voll Lobes und voller Dancksagung ist, bleibt gewiß das alleredelste Theil eines wahren Gottesdienstes. Denn es ist dem Menschen darin nicht um sich selbst, ob er wohl davon für sich vielen Segen hat, sondern vornehmlich um Gott zu thun, ihn wegen seiner Hoheit als den unendlich vollkommenen recht zu erkennen, bey sich zu erheben, und in solcher Vereinigung seiner, als des höchsten Guts, auch selig zu geniessen. Wer will zweifeln, daß dis von Menschen auf Erden eine recht englische Bedienung Gottes sey? Fasset demnach das vernünftige Geschöpf den Entschluß, dem Schöpfer zu Ehren zu singen, so ist dazu unentbehrlich:

1. Eine lebendige Erkentniß dessen, von dem man zu seiner Verherrlichung singen will. Ly Bibelstelle1 Samuel 23,1 1 Sam. 23, 1.[9] Ly BibelstellePsalmen 106,3 Psalm 106, 3.
2. Eine tiefe Erniedrigung mit Nichtsachtung seiner selbst gegen die allerhöchste Majestät. Ly BibelstelleJesaja 6,2 Jesaiä 6, 2.
3. Eine festgesetzte und nicht ausschweifende Andacht des Hertzens. Ly BibelstellePsalmen 57,8 Psalm 57, 8.108, 2. Ly BibelstelleKolosser 3,16 Coloss. 3, 16.
4. Eine vom heiligen Geist herfürgebrachte Freudigkeit der Seele. Ly BibelstellePsalmen 33,1 Psalm 33, 1. Ly BibelstellePsalmen 68,4–5 68, 4. 5. Ly BibelstelleEpheser 5,19 Eph. 5, 19. Endlich
5. Eine ungeheuchelte Uebereinstimmung des Mundes. Ly BibelstellePsalmen 45,2 Psalm 45, 2. Ly BibelstellePsalmen 71,23 71, 23.

Hiezu giebt das unwiedersprechliche Wort des Herren dem Menschen die kräftigsten Beweg= [S. 6] Gründe an die Hand, nemlich: den ernstlichen Befehl und das verheissene Wohlgefallen Gottes selbst. Ly BibelstellePsalmen 66,1–4 Ps. 66, 1=4. Ly BibelstellePsalmen 68,35 68, 35. Ly BibelstellePsalmen 69,31–32 69, 31. 32. Seine Vollkommenheiten und Tugenden, davon man ein unermeßlich Feld vor sich hat. Ly BibelstelleExodus 34,6 2 B. Mos. C. 34, 6. Ly BibelstellePsalmen 21,4 Ps. 21, 14. Ly BibelstellePsalmen 89,2 89, 2. Seine alle menschliche Vernunft übersteigende Wercke, die voller Wunder sind, wovon im Ly Bibelstelle1 Chronik 16,23–24 T[extus] C[ontinuus] v. 23. 24. die Rede. Unsern Christen=Stand, in welchem nach der Schöpfung durch die Erlösung Christi und Mittheilung des heil[igen] Geistes uns besonders Heil wiederfahren, weswegen das Israel nach dem Geist und das geistliche Le Geographicumg Gebäude: Zion Zion Ly BibelstellePsalmen 149,1–2 Ps. 149, 1. 2. zu diesem Lobe Gottes ermuntert wird. Doch, der Mann nach dem Hertzen Gottes fähret fort: Ly Bibelstelle1 Chronik 16,10 Rühmet seinen heiligen Nahmen: eigentlich: Ly Bibelstelle1 Chronik 16,10 Rühmet euch in dem Nahmen seiner Heiligkeit. Man rühmet sich in dem Herren, wenn man bey dem würcklichen Besitz und wahren Genuß der erlangten Heils=Güter und Gnaden=Schätze Gott immer inniger erkennen, fürchten, ehren, lieben und vertrauen lernet. Desgleichen, wenn man gantz mit Seel und Leib dem Herren seinem Gott sich zum Lob= und Liebes=Opfer ergiebt, Ly BibelstelleRömer 12,1 Röm. 12, 1. und also nicht nur mit Worten sondern auch mit des heiligen Geistes Früchten ihn lobet und preiset. Und das muß geschehen wie ohne Verdruß und Wiederwillen Ly BibelstellePsalmen 110,3 Ps. 110, 3. also auch ohne Ermüden Ly BibelstellePsalmen 145,1 Ps. 145, 1. an allen Orten, keinen ausgeschlossen, indem Gott das allerheiligste und lobenswürdigste Wesen allenthalben zugegen ist, sonderlich aber in öffentlicher Gemeine. Gleichwie nun dis verrichtet werden soll äusserlich mit der That, also auch innerlich mit der Wahrheit.

Zweyter Theil.

In den letzten Worten meines Textes greifet der heilige Lb PersonDavid (fl. 1000 v. Chr.) Lieder=Tichter das Inwendige seines Volcks an, da er verlanget: Ly Bibelstelle1 Chronik 17,10 Es freue sich das Hertz derer, die den Herren suchen. Seine Meinung ist ohnfehlbar diese: Daß ihr den Herren suchen und auch finden könnet, ist seine ihm nie genug zu verdanckende Gnade, darüber ihr euch höchlich zu erfreuen triftige Ursache habt. Die Freude ist eine süsse und angenehme Bewegung im Gemüth, da man sich über etwas entweder gewünscht und erbethen, oder gar unverhoft erlangtes Gute inniglich erquicket und vergnüget, auch bis sein Vergnügen in Gebehrden, Worten und Wercken offenbahret oder sonst auf andere Art ausbrechen lässet. David begehret hier eine unverfälschte, geheiligte, ja von dem Geist der Freude selbst gewirckte und folglich aufrichtige Freude. Welt=Kinder freuen sich auch. Ihre Freude aber ist eine verkehrte, freche, unbändige, gantz ausgelassene, den gesunden Gebrauch der edlen Vernunft unterdrückende, wanckelmüthige, schädliche und verdammliche Freude. Die wahre Freude rechtschaffener Kinder Gottes hingegen wird im Hertzen geschmecket, sie ist vernünftig und ausdaurend auch unter schweren und vielfältigen Leiden, ob sie gleich nicht allemahl empfunden wird, daher wird sie unaussprechlich, ihre Beschaffenheit aber ist heilig und herrlich, ihr Vortheil nützlich und selig, denn sie stärcket, sätiget und ergetzet Leib und Seele in Gott. Ly BibelstellePsalmen 73,28 Ps. 73, 28. Solche Freude wird denen angepriesen, die den Herren suchen. Etwas suchen setzet zum voraus: Etwas angenehmes, nützliches und nöthiges verlohren haben, und, es wieder zu finden, keinen Fleiß noch Kosten spahren, wie jener Mensch, der von 100 Schafen eins verlohren, und jenes Weib, daß von 100 Groschen einen vermissete, sich bemühete. Ly BibelstelleLukas 15,4.8 Luc. 15, 4. 8. Der Sünder hat Gott verlohren, denn Ly BibelstelleJesaja 59,2 seine Untugenden scheiden ihn und seinen Gott von einander.[10] Jes. 59, 2. Er sucht aber und findet ihn wieder in der Ordnung ernstlicher Buße und darauf untrüglich erfolgender Bekehrung. Ly Bibelstelle2 Chronik 15,4.15 2 B. Chron. c. 15, 4. 15. Ly BibelstelleJeremia 50,4 Jerem. 50, 4. Demnach heisset: Den Herren suchen; ein brünstig Verlangen tragen, Gottes und aller seiner Gnade, welcher man durch den Sünden=Dienst verlustig geworden, wiederum theilhaftig zu werden, mit dem heftigen Bearbeiten, durch alle Hindernisse, welche davon abhalten und zurücktreiben wollen, frisch und getrost hindurch dringen, und mit desto [S. 7] mehreren Seufzen und Flehen den Himmel stürmen, und durch diese ihm anthuende Gewalt zum Hertzen Gottes zu bringen, dabey mit Ernst und Eifer so lange anhalten, bis die Seele gefunden, den sie liebet. Ly BibelstelleHohelied 3,4 Hohel. c. 3. 4. Hat sie nun ihn gefunden in der Rechtfertigung, und dis Freuden=Wort gehöret: Ly BibelstelleMatthäus 9,2 Sey getrost mein Sohn, (meine Tochter) dir sind deine Sünden vergeben, Matth. 9, 1.[11] hält sie ihn dabey fest, so muß ihre Sehnsucht in der Heiligung nimmer aufhören, nach Gottes Gemeinschaft, Licht, Leben und der ewigen Seligkeit. Wer in solcher Verfassung stehet, der erfähret zuletzt in der That und Wahrheit, was es Ly BibelstellePsalmen 69,33 Ps. 69, 33. heisse: Euer Hertz soll sich freuen, euer Hertz soll leben![12]

Zueignung.

Der Art besorget David die heilige Music nach Einrichtung des öffentlichen Gottesdienstes. Sie soll, den Hohen und Erhabenen zu verherrlichen, gebracht werden äusserlich mit der That durch dancken, predigen, verkündigen, singen, spielen, tichten und rühmen; innerlich mit der Wahrheit durch unverfälschte Freude des Hertzens. Wir, Geliebte, haben beym Anfange unsers öffentlichen Gottesdienstes, eine dem Herrn gewidmete und verrichtete Music gehöret.[13] Sie hat uns gefallen, gebe Gott! daß sie auch ihm angenehm und beliebt gewesen. Sie ist aufgeführet bey Gelegenheit eines in diesem Tempel neu erbaueten Werckzeuges, welches mit uns zur Ausbreitung des Lobes Gottes dienen soll, nemlich einer Orgel, die zum erstenmahle sich hören lassen, und wir bisher daran Mangel gehabt.

Wer, wenn und wo die erste Orgel, um derselben Ursprung anzuzeigen, erbauet, kan man nicht, als unumstößig ausgemacht bestimmen. Die Hebräer hatten unter andern ein Instrument, in ihrer Sprache Lr QuellenPrintz, Historische Beschreibung (1690) M Ugabh genannt, unsern heutigen Orgeln nicht ungleich. Es war gebauet wie ein Thurm, und hatte verschiedene Pfeiffen, derselben aber nur wenige. In dem fordern Theile war ein Clavier, welches die Italiener Testaturam nennen. In dem hintern Theile zween Blasebälge, durch deren Wind die Pfeiffen angeblasen wurden. Es hatte Löcher und Claves, wenn die mit den Händen gedruckt oder geschlagen wurden, hörete man eine liebliche Music.[14] Dieses Instrument mag zu weiterem Nachsinnen Gelegenheit gegeben haben, bis nach und nach die Orgeln erfunden und erbauet worden. Daß aber schon zu Lb PersonSalomo Salomonis Zeiten, wie man vorgeben will, Orgeln gewesen und gebraucht worden, ist gantz unerweißlich.[15] Eben deßwegen bin bey dieser zum Druck ausgebethenen Predigt etwas ausführlicher, als sie meinen Zuhörern mündlich vorgetragen, weil sie eine Sache in sich hält, deren erster Anfang schwer anzuzeigen, und ein Prediger selten erlebt, davon zu handeln. Hat jemand Lust, über solche Ungewißheiten zu zancken, der wisse, daß wir mit den Gemeinen Gottes diese Weise nicht haben. Hat er gründlichere Nachricht, so beliebe er sie mitzutheilen, wir sind bereit uns lehren zu lassen. Niemand weiß alles. Sonst melden die Tagebücher[16], daß in Le Geographicumh Territorium: Deutschland Teutschland die erste Ld OrgelAachen, Dom, Georgius-Orgel 826 Orgel verfertiget worden zu Le Geographicumf Ort: Aachen Aachen auf Befehl Kaisers Lb PersonLudwig der Fromme (778–840) Ludovici Pii, welcher vom Jahr Christi 814 bis 849 geregieret. Der Verfertiger derselben ist gewesen ein Priester, Nahmens Lb PersonGeorgius (ca. 826) Georgius, gebürtig aus Le Geographicumf Ort: Venedig Venedig. Nachgehends hat ein Teutscher, der aber zu Venedig gewohnet, Nahmens Lb PersonBernhard (fl. 1470) Bernhardus, im Jahr Christi 1470 Lm Ereignisca. 1470: Bernhard der Deutsche erfindet das Orgelpedal das Pedal daran erfunden.[17] So viel ist uns bewust, und wir führen es an als nützlich und nöthig.

Denn durch des Allerhöchsten nie genugsam zu verdanckenden Gnade, haben wir erlebt, daß nicht nur dis unser Gottes=Haus dem inwendigen nach ausgebessert, und der Lehrstuhl, von welchem als aus Gott vor Gott in Christo wir zu euch reden, aufs neue überkleidet, sondern auch eine gantz neue Orgel darin zum gemeinschaftlichen Lobe unseres Bundes=Gottes erbauet ist. Viele Sorgen und Ueberlegungen nebst mancherley unter= [S. 8] mengten Verdruß haben nach erlangter Einwilligung endlich das zuwege gebracht, worüber manche Seele unserer Vorfahren mit sich selbst in Gedancken berathschlaget und gearbeitet, aber leider! zu früh ihre Hütte abgelegt. Preiset derowegen mit mir den Herren und lasset uns mit einander seinen Namen erhöhen. Ich ermahne mit David aus dem erklärten Text: Ly Bibelstelle1 Chronik 16,8 Dancket dem Herren etc. und das nicht mit Worten auf der Zunge, sondern mit der That und Wahrheit eines redlichen Hertzens. Die Beweg=Gründe sind hiezu antreibende, und wir wären die Allerundanckbaresten unter der Sonne, wenn sie von uns nicht durch Ausübung kund werden solten. Bedencket: Alles ist zum Stande gekommen bey dem Genuß des unschätzbaren Kleinodes eines angenehmen Friedens und ungestöhrter Ruhe unter der Regierung eines Lb PersonFriedrich II. von Preußen (1712–1786) Landes=Vaters, dessen sanfte Macht uns regieret und beschützt, und dessen Ly BibelstelleSprichwörter 19,12 Gnade ist wie der Thau auf dem Grase. Die Genehmhaltung ist bescheiden und gehörig gesucht bey E[inem] Hoch=Edl[en] Magistrat hiesiger Königl[icher] Residentzien, als unsers hochgeneigten Kirchen=Patroni, von welchem sie auch erfreulich erfolget, und noch dazu einem aus Dero Mittel verordnetem Gliede die Aufsicht darüber anvertrauet worden, welches auch solches treu und redlich ohne die geringste Absicht des Eigennutzes bewerckstelliget. Die erforderliche Kosten sind weder durch eine gesuchte und erlaubte, hernach öffentlich abgekündigte Collecte herbeygebracht, noch von jemand listig erschlichen oder unverschämt erbettelt, sondern von dem nach und nach mühsam gesammleten willigen Beytrage dieser vereinigten Christlichen Gemeine bezahlet. Jeden Arbeiter, nach seiner bewiesenen Kunst und Geschicklichkeit, hat der Herr des Lebens ohne den geringsten Schaden bewahret, und seine Verrichtung zur Vollendung des angefangenen Wercks mit Segen aus der Höhe begleitet, wie es nun am Tage ist. Die Absicht ist nicht der Schmuck und Zierde dieser Kirche, sondern der Nutz und Gebrauch der sich hier einfindenden Christlichen Gemeine in Erweckung zum Lobe des Gottes aller Götter.

Was will demnach uns eignen und gebühren, als verherrlichen und rühmen mit einem aus der Fülle des Hertzens übergehendem Munde den, welchen seine himmlische Herrscharen vollkommener ehren und anbehten, als wir in dem Stande dieser Unvollkommenheit sehen, hören und leisten können, und seinen allein anbethungswürdigen Namen anrufen um ferneres Leben, Heil und Wohlergehen unseres allergnädigsten Königes, seines gantzen Hauses und aller Desselben hohen Anverwandten. Er also, der Gott des Friedens, walte über diesen Friederichen Lb PersonFriedrich II. von Preußen (1712–1786) Friderich, und gebe, daß in seinem Le Geographicumh Territorium: Preußen (Königreich) Lande Ehre wohne, Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich immer süssen. Das Auge seiner Vorsicht wache über E[inen] Hoch=Edlen Magistrat hiesiger Residentzien, unseres hochgeneigten Kirchen=Patroni, um sowohl Schutz und Schirm als auch Raht und Hülfe bey allen Verlegenheiten in diesem Leben zu erwarten. Der Geist seines Mundes belebe die von dieser heiligen Stätte zu euch redende Lehrer, sein Wort vorzutragen, ohne Menschen=Frucht, mit freudigem Aufthun ihres Mundes, dadurch sich selbst, und die sie hören, selig zu machen. Euch aber insgesamt, unsere Freude und Krone, verbinde seine Liebe in Einigkeit des wahren Glaubens, und verhüte, wie bisher also auch künftig, allen Zanck, Zwietracht, Haß, Bitterkeit, Grimm und verführerische Rotten. Sein Segen ersetze, was ihr aus eigenem Triebe zu allen erwehnten beygetragen, und schencke euch dafür noch vielmehr, um weiterhin auch ein mehreres zu Erhaltung der Kirchen und anderer Gottes=Häuser ohne Zwang opfern zu können. Und so schliesse ich meine Rede mit der Ermunterung, womit David das gantze Buch seiner heiligen Psalmen beschliesset: Ly BibelstellePsalmen 150,6 Alles, was Othen hat, lobe den Herren. Halleluja! Amen!

Einzelanmerkungen

  1. Über die aufgeführte Musik liegen leider keine näheren Informationen vor.
  2. Der Prediger erwähnt die rührende Wirkung von Musik im Eingangssatz seiner Rede. Dies zeigt, wie weit verbreitet das Konzept der Rührung zu diesem Zeitpunkt war. Eine tiefer gehende Erörterung folgt allerdings nicht.
  3. 3. Strophe des Liedes Lw MusikwerkWalter, Johann: Es woll uns Gott genädig sein M Es woll uns Gott genädig sein.
  4. Die Kapitelzählung folgt hier der Vulgata-Tradition. Nach der Lutherbibel befindet sich diese Stelle in Ly Bibelstelle1 Chronik 16,8–10 1 Chr 16,8-10.
  5. Martini weist auf Psalmverse hin, die im Buch der Chronik wiederkehren. Eine wörtliche Übereinstimmung liegt mit folgender Stelle vor: Ly BibelstellePsalmen 105,1–4 Dancket dem Herrn vnd prediget seinen Namen/ Verkündiget sein Thun vnter den Völckern. Singet von jm vnd lobet jn/ Redet von allen seinen Wundern. Rhümet seinen heiligen Namen/ Es frewe sich das Hertz/ dere die den Herrn suchen.
  6. Martini erörtert die Parallele nicht ausführlicher. In der Tat überliefert Psalm 18 eine Variante des Dankliedes, das David nach seiner Errettung gesprochen hatte.
  7. Diese Zusammenstellung typischer Segensfloskeln wurde hier nicht auf konkrete Vorlagen hin untersucht.
  8. Hier liegt ein Druckfehler vor. Das folgende Zitat stammt nicht aus Kapitel 12, sondern aus Kapitel 17.
  9. Der inhaltliche Bezug dieser und auch einiger der folgenden Bibelstellen ist nicht auf Anhieb verständlich. Von theologischen Erörterungen dieses Problems wird hier abgesehen.
  10. Im Zitat ist aus der 2. Person Plural die 3. Person Singular geworden.
  11. Korrekt ist hier Vers 2 im angegebenen Kapitel.
  12. Hier liegt nur scheinbar ein wörtliches Zitat vor. Der Psalmvers lautet: Ly BibelstellePsalmen 69,33 Dje Elenden sehen vnd frewen sich/ Vnd die Gott suchen/ den wird das Hertz leben. .
  13. Was für Musik zur Einweihung der Orgel aufgeführt wurde, ist leider nicht bekannt.
  14. Leicht modifiziertes und gekürztes Zitat aus Printz, Historische Beschreibung (1690), S. 32. Siehe den kompletten Wortlaut dieser Stelle im Personenartikel Lb PersonPrintz, Wolfgang Caspar (1641–1717) Wolfgang Caspar Printz.
  15. Vgl. zu dieser auf Lb PersonPraetorius, Michael (1571–1621) Michael Praetorius zurückgehenden Vorstellung den Artikel über Ld OrgelJerusalem, Salomos Tempel-Orgel (legendär) Salomos Orgel auf diesem Portal.
  16. Das Wort ist im Sinne von Chroniken zu verstehen. Offenbar wurde versucht, das Fremdwort einzudeutschen.
  17. Verglichen mit anderen Orgelpredigten sind die hier gebotenen Informationen zur Geschichte des Instruments spärlich. Falls sich Martini an der Darstellung von Lb PersonPrintz, Wolfgang Caspar (1641–1717) Printz orientierte, wie das Zitat weiter oben auf dieser Seite nahelegt, hätte er die Angaben an folgenden Stellen vorgefunden: Printz, Historische Beschreibung (1690), S. 100 (zur ersten Orgel in Aachen); S. 113f. (über Bernhard den Deutschen).

Letzte Änderung dieses Dokuments am 20. Dezember 2021.

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