b Bernhard (fl. 1470)
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- Bernhard der Deutsche | Bernhardus der Teutsche | Bernhardus Teutho | Bernhard Teutisco
- ca. 1470 Einführung des Pedals an der Orgel von San Marco in Venedig
- Orgelbauer
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Biographie
Über den deutschen Orgelbauer, der das Pedal erfunden haben soll, ist bislang nur wenig bekannt. Zumindest eine historische Quelle erwähnt 1459 einen Bernardo d'Alemagna
, der im Auftrag des Dogen Musikinstrumente baute (vgl. Vio / Stella, Storia organaria Veneziana VIII (2009), S. 16). Nach heutigem Kenntnisstand wurde ihm die Rolle eines Pedalerfinders zu Unrecht zugeschrieben. Das Orgelpedal gab es bereits deutlich früher. Es ist jedoch denkbar, dass Bernhard die neue Bautechnik in Italien einführte. Eine ausführliche Dokumentation der historischen Orgeln von San Marco lieferten neuerdings Gastone Vio und Loris Stella. Die Ergebnisse finden sich im entsprechenden Orgelartikel.
So wenig konturiert die Person Bernhards des Deutschen bleibt, spielte er in der Orgelhistoriographie der Frühen Neuzeit eine maßgebliche Rolle. Die entscheidenden Hinweise lieferte Lb PersonSabellicus, Marcus Antonius Coccius (1436–1506) Sabellicus in seiner Beschreibung der künstlerischen Blütezeit während des Pontikifats Lb PersonSixtus IV. (1414–1484) Sixtus IV. (siehe den Wortlaut der Quelle im Personenartikel zu Sabellicus). Als Zeitgenosse dürfte er Zugang zu glaubhaften Informationen besessen haben. Seinen Bericht zitierte der reformierte Theologe Lb PersonWirth, Rudolf (1547–1626) Rodolphus Hospinianus. Zu einer weiten Verbreitung trug die Darstellung in Lb PersonZwinger, Theodor (1533–1588) Theodor Zwingers Universalenzyklopädie Lr QuellenZwinger, Theatrvm Hvmanae Vitae 5 [1586] M Theatrum humanae vitae
bei.
Die Orgelpredigtautoren stützen sich außerdem oft auf die Angaben, die sie in Lb PersonPraetorius, Michael (1571–1621) Michael Praetorius' LPraetorius, Syntagma musicum 2 (1619) De Organographia finden konnten.
Folgende Abschnitte beschäftigen sich mit dem Thema:
Wiewohl andere schreiben/ daß das Pedal in Orgeln zu Venedig erstlich sey erfunden worden.
(S. 91)
Vnd das wir diß nicht vergessen/ Sabellicus l. 8. Enn. 10. meldet/ das vmb das Jahr Christi 1470. Zu Venedig ein vberaus fürtrefflicher Man vor allen in der Musica gewesen. Bernhardus mit den Zunahmen Teutscher/ zur anzeigung deß Volcks/ davon er entsprossen/ welcher der erste gewesen/ der die Orgel verbessert vnd vermehret/ das zugleich auch die Füsse/ durch anziehung der kleinen stricklein/ (nemlich im Pedall) zu mehrer wollautung vnd vollstimmigkeit helffen können.
(S. 92f.)
Vnd wird allhier offtermelter vnser lieben Alten Vorfahren fleissige Speculation, vnd tieffes nachdencken mit allen Ruhm billig erwehnet/ das sie den Musicalischen klang/ auch mit den Fußtretten zubefördern erfunden haben.
Vnd wie Sabellicus schreibt/ auch in 4. Membro, Partis primae, primi Tomi. c. 10. meldung geschehen/ so hat ein Deutscher mit Nahmen Bernhardus das Pedal, vmb das Jahr nach Christi Geburt 1470. aus Deutschlandt gen Venedig in Jtaliam gebracht.
Wiewol das Pedal in Italia, Engellandt vnd andern örtern mehr/ da doch die Orgelkunst jtziger zeit sehr florirt vnd excellirt, wenig vnd gar selten gebraucht wird. Vnd wollen etliche Scribenten, das die Musica in Italia, vorzeiten gar zergangen/ vnd von den Teutschen widerumb zu jhnen hat müssen gebracht werden. (S. 96)
Wie er hier (mit Nennung eines falschen Kapitels) erwähnt, hatte Praetorius die Informationen bereits im 1. Band des Lr QuellenHomer, Odyssea (1588) M Syntagma musicum
in lateinischer Sprache veröffentlicht.
Quellen und Literatur
- Sabellicus, Marcus Antonius: Rapsodiae historiarum Enneadum Marci Antonii Coccii Sabellici. Continens sex Enneades reliquas cum earundem repertoriis & epitomis, 2, Paris: Parvus, 1528, Bl. 328v
- Zwinger, Theodor: Theatrvm Hvmanae Vitae Theodori Zuingeri Bas[isliensis] Tertiatione. Nouem Volvminibvs locupletatum, interpolatum, renouatum. Cum tergemino Elencho, Methodi scilicet, Titulorum & Exemplorum, 5, Basel: Episcopius, [1586], S. 1279
- Hospinianus, Rodolphus: De origine, progressu, usu et abusu templorum ac rerum omnium, Zürich: Froschauer, 1587, S. 74
- Praetorius, Michael: Syntagmatis Musici Michaelis Praetorii C. Tomus Primus. Complectens Duas Partes: quarum Prima agit De Musica Sacra Vel Ecclesiastica, Religionis exercitio accommodata: & Quatuor Membris comprehensa, Wittenberg: Johann Richter, 1615, S. 145
- Praetorius, Michael: Syntagmatis Musici Michaelis Praetorii C. Tomus Secundus De Organographia. Darinnen Aller Musicalischen Alten vnd Newen, sowol Außländischen, Barbarischen, Bäwrischen vnd vnbekandten, als Einheimischen, Kunstreichen, Lieblichen vnd bekandten Instrumenten Nomenclatur, Intonation vnnd Eigenschafft, sampt deroselben Justen Abriß vnd eigentlicher Abconterfeyung: Dann auch Der Alten und Newen Orgeln gewisse Beschreibung, Manual- vnnd PedalClavier, Blaßbälge, Disposition vnd mancherley Art Stimmen, Wolfenbüttel: Elias Holwein, 1619, S. 91-93, 96
- Vio, Gastone / Stella, Loris: Documenti di storia organaria Veneziana - VIII. XXV. Basilica di S. Marco, in: L'Organo. Rivista di cultura organaria e organistica 41 (2009), S. 5–196, bes. S. 15-30
- Yearsley, David: Bernhard the German and the Invention of the Pedals, in: The Organ Yearbook 39 (2010), S. 7–25
Portaldaten
Dieser Datensatz ist in folgenden Einträgen des Portals verknüpft:
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Cuno, Christoph: Die Christliche Harmonie (Jena 1700)
Dieterich, Conrad: Vlmische Orgel Predigt (Ulm 1624)
Fetter, Michael: Organo-Praxis Mystica (Görlitz 1689)
Feuerlein, Conrad: Schuldiges Lob Gottes (Nürnberg 1696)
Koch, Johann Christian: Evangelischer Christen Gott-gefällige Kirch-Weyhung (Dresden 1711)
Lütkens, Nicolaus: Hymnosophia sacra (Billwerder 1728)
Martini, Friedrich Wilhelm: Lob= und Danck=Predigt (Berlin 1753)
Richter, Georg Gottfried: Vivum Dei Organum (Schneeberg s.a.)
Schultetus, Christoph: Musica ecclesiastica (Stettin 1628)
Theodoricus, Hieronymus: Corona Templi (Nürnberg 1621)
Vetterlein, Johannes Melchior: Geistlich= und Gott wohlgefälliges Lob- und Danck-Opffer (Bayreuth 1680)
Weber, Immanuel: Das Gott=Lob=Schallende Hosianna (Leipzig 1671) - Venedig, San Marco, Orgel Bernhards des Deutschen 1465
Empfohlene Zitierweise
DFG-Projekt »Orgelpredigt«. Digitale Edition, https://orgelpredigt.ur.de/E010680 (Version 1.00 vom 31. Januar 2020). DOI: 10.5283/orgelpr.portal
Letzte Änderung dieses Dokuments am 17. August 2021.
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