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Orgelpredigt

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a Musica ecclesiastica (Stettin 1628)

Einführung in die Edition

Zum Kontext der Orgelpredigt

Die Stettiner Orgelpredigt von Lc PredigtautorSchultetus, Christoph (1602–1649) Christoph Schultetus wurde in der Le Geographicumg Gebäude: Stettin, Dom Jakobskathedrale vorgetragen, die auf eine vielfältige Musikpflege zurückblicken konnte.[1] Der mächtige Backsteinbau ist bis heute gut erhalten, er wird seit 1945 als Kathedralkirche des polnischen Erzbistums Stettin-Cammin genutzt. Schultetus’ Orgelweihpredigt ist aber nicht nur deshalb bemerkenswert, weil sie sich auf eine bedeutende Kirche in einer der wichtigeren Hansestädte bezieht. Sie gehört auch zu den wenigen Orgelpredigten, die während des Lm Ereignis1618–1648: Dreißigjähriger Krieg Dreißigjährigen Krieges gehalten wurden, zu einem Zeitpunkt, als die Region Le Geographicumh Territorium: Pommern Pommern noch von Kriegshandlungen verschont war.[2]

Eingeweiht wurde am 2. Oktober 1628 ein großes Ld OrgelStettin, Dom, Jakob Scherer-Orgel 1564 Instrument aus der Orgelwerkstatt Lb PersonLüdemann, Paul (1568–1636) Paul Lüdemanns aus Le Geographicumf Ort: Pasewalk Pasewalk, über dessen Baugeschichte und Vorläufer der Anhang der Predigt vielfältige Informationen bietet. Die Predigt ist daher bereits von dem ersten Erforscher der Jakobi-Orgel, dem Stettiner Musikhistoriker Rudolf Schwartz, 1896 ausgewertet worden.[3] Die langen Exzerpte, die er aus der Kurtzen Beschreibung des Orgelbaws übernahm, haben späteren Musikwissenschaftlern als Basis für ihre Arbeiten gedient.[4] Sie enthalten detailreiche Ausführungen zu Vorläuferinstrumenten und zu den Begleitumständen des Baus. Von organologischem Interesse ist außerdem die Disposition des Instruments, die Schultetus ebenfalls mitteilte.

Weniger Informationen liegen leider zur Musik vor, die bei der Einweihung gespielt wurde: Vier Chöre sollen eine Stunde vor der Predigt und auch danach musiziert haben. Als Landesherr nahm der in Stettin residierende Herzog Lb PersonBogislaw XIV. von Pommern (1580–1637) Bogislaw XIV. an der Zeremonie teil. Anwesende Ehrengäste waren der von seinem Amt enthobene Herzog Lb PersonWilhelm von Kurland (1574–1640) Wilhelm von Kurland sowie der noch minderjährige Herzog Lb PersonCroy, Ernst Bogislaw von (1620–1684) Ernst Bogislaw von Croy, die aus verschiedenen biographischen Gründen beide am pommerschen Hof in Stettin eine Heimstätte gefunden hatten. Zur Orgelabnahme hatte man den Le Geographicumf Ort: Stargard in Pommern Stargarder Organisten Lb PersonSchlüter, Peter (fl. 1628) Peter Schlüter sowie mehrere andere Organisten eingeladen.[5]

Obwohl noch sehr jung, legt Schultetus in seiner Predigt eine umfassende humanistische Bildung an den Tag. Bemerkenswert erscheint seine Vertrautheit mit Lb PersonKepler, Johannes (1571–1630) Johannes Keplers Konzept der Harmonia universalis, das von ihm erwähnt wird. Weitere wichtige Quellen, die er für die Frühgeschichte der Orgel und der Kirchenmusik heranzog, waren Lb PersonDuranti, Jean-Etienne (ca. 1534 – 1589) Jean-Etienne Durantis Lr QuellenDuranti, De ritibus (1591) M De ritibus ecclesiae catholicae und Lb PersonWirth, Rudolf (1547–1626) Rudolph Wirths Lr QuellenHospinianus, De Festis (1611) M De Festis Judaeorum Et Ethnicorum, also liturgiegeschichtliche Werke katholischer und reformierter Provenienz.

Die Predigt, die auf bereits publiziert vorliegende Orgelpredigten nicht zu rekurrieren scheint, stellt ein interessantes Dokument für die wachsende Wertschätzung der Orgel dar, wie sie auch in anderen Zeugnissen der Zeit manifest wird. So hatte Lc PredigtautorDieterich, Conrad (1575–1639) Conrad Dieterich in seine La OrgelpredigtVlmische Orgel Predigt (Ulm 1624) M Orgelpredigt als langen Exkurs eine Beschreibung der Ulmer Ld OrgelUlmer Münster, Sturm/Schott-Orgel 1578/1599 Münsterorgel eingearbeitet.[6] Angeregt hatte ihn dazu die Lektüre des zweiten Bandes von Lb PersonPraetorius, Michael (1571–1621) Michael Praetorius’ Lr QuellenPraetorius, Syntagma musicum 2 (1619) M Syntagma musicum. Schultetus erwähnt weder Dieterich noch Praetorius. Es ist anzunehmen, dass er von sich aus die Idee entwickelte, über den Bau des neuen Instruments zu schreiben. Dies schien ihm den Rahmen des Üblichen so stark zu sprengen, dass er einige entschuldigende Bemerkungen über die Wahl seines Gegenstandes vorausschickte. In der klassischen Geschichtsschreibung, so Schultetus, habe man nur über Ereignisse von hoher politischer Relevanz gehandelt. Da man in neuer Zeit aber auch die Geschichte von Städten und den darin befindlichen architektonischen Kunstwerken mit Darstellungen gewürdigt habe, wage er es, nun auch über ein Musikinstrument zu scheiben.[7] Eine so reflektierte Begründung der historischen Dignität von Orgeln findet man in zeitgenössischen Quellen sonst nur selten. Ähnlich wie Dieterich unterließ Schultetus es nicht, einen Vergleich zu anderen berühmten Orgelwerken in den Städten Le Geographicumf Ort: Rostock Rostock und Le Geographicumf Ort: Lübeck Lübeck zu ziehen und auf die Exzellenz der eigenen Orgel aufmerksam zu machen. Die Distinktion der neuen Orgel machte er am Vorhandensein spezieller Register fest, die nur hier zu finden seien. Insofern kam es in der Darstellung tatsächlich auf eine präzise Beschreibung der Disposition an. In diesem hier so offen zum Ausdruck gebrachten Konkurrenzdenken offenbart sich ein Motiv, dass auch andere Orgelpredigtautoren bewegt haben dürfte.

Druckbeschreibung

Der unpaginiert Druck umfasst sieben Bögen mit der Signaturformel A–G3. Mit dem Renaissance-Rahmen auf dem Titelblatt, mehreren Vignetten, den kastenförmigen Kartuschen, die jede Seite umrahmen, und den vertikalen Trennlinien, die den Marginalienbereich an den Außenrändern absetzen, besitzt diese Orgelpredigt ein besonders adrett gestaltetes Aussehen.

Zur Füllung unbedruckter Seiten des letzten Bogens wurden zwei lateinische Gedichte beigefügt: Ein Orgelgedicht in eleganten Hexametern steuerte Schultetus selbst bei. Das eigentliche Ehrengedicht auf das eingeweihte Instrument und den Autor der Predigt verfasste der Konrektor des Gymnasiums Lb PersonBambamius, Martin (vor 1621 – 1657) Martin Bambamius. Man übertrieb es aber nicht mit den Preisgedichten – eine Seite des Bogens hätte noch gefüllt werden können.

Als Basis der Edition dient ein vom Original neu angefertigter Scan, den uns die Biblioteka pomorska aus Stettin zur Verfügung gestellt hat. Wir danken der Bibliothek sehr herzlich für die freundliche Unterstützung und die Genehmigung einer Online-Edition.[8]

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Vgl. Loos, Stettin (1998), bes. Sp. 1737f.
  2. Vgl. zum konfessionsgeschichtlichen Kontext auch Wisłocki, Porta Coeli (2015).
  3. Vgl. Schwartz, Geschichte der Orgel Stettin (1896).
  4. Vgl. Göbber, Orgel von St. Jacobi zu Stettin (1982).
  5. Vgl. Musica ecclesiastica (Stettin 1628), G2r.
  6. Vgl. Vlmische Orgel Predigt (Ulm 1624), S. 24–27.
  7. Vgl. Musica ecclesiastica (Stettin 1628), F2r–F2v.
  8. Die Publikationsgenehmigung wurde per E-Mail vom 16. Oktober 2019 erteilt. Besonderer Dank für die Vermittlung gilt Frau Agata Michalska, Sekcja Starych Druków.

Exemplare

Szczecin, Książnica Pomorska im. Stanisława Staszica (PL-S): KPA 1158,29/604 : 1 zwój (29 kl.)

Das bis vor kurzem einzige bekannte Exemplar der Predigt befindet sich in der Biblioteka pomorska in Le Geographicumf Ort: Stettin Szczecin. Genauere Informationen zur Provenienz und zum Erhaltungszustand sind zur Zeit nicht möglich. So ist auch nicht klar, ob es sich um dasselbe Exemplar handelt, das sich Ende des 19. Jahrhunderts im Archiv der Jakobs-Kirche Stettin befand.[1]

Ein Mikrofilm des Stettiner Exemplars wurde in den 1990er-Jahren im Zuge eines von der Robert-Bosch-Stiftung geförderten Projekts zur Erschließung deutscher Drucke in polnischen Bibliotheken angefertigt. Er befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek in München unter Signatur Film R 2001.281, KPA-1158.[2]

Greifswald, Bibliothek des geistlichen Ministeriums im Dom St. Nikolai (D-GRk): 1121,16

Erst in der Schlussphase der vorliegenden Edition wurde bekannt, dass die Bibliothek des Geistlichen Ministeriums in Greifswald ebenfalls ein Exemplar der Orgelpredigt besitzt. Der Bestand dieser kleinen, alten Sammlung ist erst vor kurzem erschlossen worden. Auf diese Weise ist das Werk nun auch im VD17-Portal erfasst. Ein Digitalisat der Quelle ist ebenfalls angefertigt worden und steht einer öffentlichen Nutzung zur Verfügung.

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Vgl. Schwartz, Geschichte der Orgel Stettin (1896), S. 145.
  2. Siehe zu dem Projekt: http://www.bsb-muenchen.de/osteurop/mikrofilme.html

Portaldaten

Dieser Datensatz ist in folgenden Einträgen des Portals verknüpft:

Letzte Änderung dieses Dokuments am 15. April 2021.

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