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Orgelpredigt

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a Christliche Predigt (Tübingen 1602)

Einführung in die Edition

Am 25. Sonntag nach Trinitatis, dem 27. November 1599, wurde in der Le Geographicumg Gebäude: Memmingen, St. Martin St. Martin-Kirche Memmingen eine Ld OrgelMemmingen St. Martin, Sartorius-Orgel 1598/1599 neue Orgel eingeweiht. Zu diesem Anlass hielt der Memminger Superintendent Lc PredigtautorLang, Johannes (1552–1609) Johannes Lang eine Einweihungspredigt. Sie erschien im Januar 1602 im Druck. Sowohl in ihrer primären mündlichen Form als Kanzelrede als auch in der Druckfassung stellt Langs La OrgelpredigtChristliche Predigt (Tübingen 1602) M Christliche Predigt Von dem rechten Christlichen Gebrauch der Music, vnd der Orglen / bey der wahren Christlichen Kirchen die früheste bekannte Orgelpredigt dar. Diese Quelle wirft daher in besonderer Weise die Frage auf, welche Umstände dazu führten, dass der Bau einer neuen Orgel zum Thema einer Predigt werden konnte. Da Langs Christliche Predigt weder in musikgeschichtlichen noch in theologischen oder lokalhistorischen Untersuchungen beachtet worden ist und es sich generell als schwierig herausstellte, Einzelheiten über die Memminger Musikgeschichte der betreffenden Zeit in Erfahrung zu bringen, sind für die vorliegende Edition Quellenforschungen im Stadtarchiv Memmingen durchgeführt worden, die durch Recherchen zum gesamten historischen Umfeld ergänzt wurden. Die neu erschlossenen Quellentexte zeichnen ein differenziertes Bild der Vorgänge mit vielen unerwarteten Einzelheiten.

Vollständig ediert werden in der Einführung die handschriftlichen Quellen zur Geschichte der Orgeleinführung, die von Johannes Lang konzipiert und niedergeschrieben worden sind. Denn die Orgelpredigt erscheint lediglich als einer von mehreren Bausteinen, die der Memminger Superintendent in die Hand nahm, um den musikalischen Anteil des Gottesdienstes an St. Martin neu zu gestalten. Der Geistliche erweist sich als umsichtiger Akteur, der seine moralische Autorität nutzte, um seine Vorstellungen gegenüber dem Rat der Stadt durchzusetzen. Als weitere Quelle kommt ein Brief des Orgelbauers Lb PersonSchneider, Andreas (vor 1592 – nach 1600) Andreas Schneider hinzu, der den Abschluss seiner Arbeit an dem neuen Instrument markiert.

Übersicht über die edierten Quellen aus der Orgelakte des Stadtarchivs Memmingen, Signatur A 360/9

Verfasst von Johannes Lang

  • 18. Januar 1598: Vnterthänige Supplication der Kirchendienern daselbst, die auffrichtung einer Orgel in der Pfarrkirchen zu S: Martin betreffend
  • 17. Februar 1598: Bedenken Magister Johann Lang und Lb PersonHafner, Johann (1543–1616) Johann Hafner Kirchdiener der Orgel vnd Organisten halbe
  • Dezember 1599: Bedenken der Kirchendienern daselbst, den ordenlichen gebrauch der Orgel vnd Music in der Pfarrkirchen zu S. Martin betreffend
  • 29. Januar 1602: Brief an den Rat der Stadt Memmingen

Verfasst von Orgelbauer Andreas Schneider

  • 9. Juni 1600: Bericht Meister Andreas Schneider Orgellmachers

In Auszügen publiziert werden weitere Quellen aus dem Stadtarchiv Memmingen. Für die Erlaubnis, diese Dokumente öffentlich zugänglich zu machen, und für die großzügige Unterstützung der Recherchen danken wir dem Leiter des Stadtarchivs Memmingen, Herrn Christoph Engelhard.

Historischer Hintergrund

Memmingen in der Reformationszeit – Predigtgottesdienst und Verzicht auf Orgelmusik

Das von Johannes Lang mit seiner Predigt eingeweihte Instrument wurde von Orgelbauer Andreas Schneider (Sartorius) im Auftrag der Stadt Memmingen in den Jahren 1598-1599 errichtet. Zuvor hatten die evangelischen Gottesdienste in Memmingen ohne Beteiligung einer Orgel stattfinden müssen. Dies hängt mit der konfessionsgeschichtlichen Situation in der Reichsstadt zusammen, in der die reformatorische Bewegung - beginnend mit der Prädikantentätigkeit des aus Sankt Gallen gebürtigen Lb PersonSchappeler, Christoph (1472–1551) Christoph Schappeler– durch enge Verbindungen zu den theologischen Zentren in Le Geographicumf Ort: Konstanz Konstanz und der Le Geographicumh Territorium: Schweiz Schweiz geprägt wurde. 1530 schloss sich Memmingen beim Augsburger Reichstag mit Le Geographicumf Ort: Straßburg Straßburg, Konstanz und Le Geographicumf Ort: Lindau (Bodensee) Lindau zur sogenannten Confessio Tetrapolitana zusammen, die in der Abendmahlslehre sowohl gegenüber Lb PersonLuther, Martin (1483–1546) Martin Luther als auch gegenüber Lb PersonZwingli, Huldrych (1484–1531) Ulrich Zwingli eine Sonderposition behauptete.

Wie in der kirchengeschichtlichen Forschung verschiedentlich ausgeführt worden ist, bildete sich in diesem konfessionellen Raum ein spezifischer Typ des Gottesdienstes aus, der sich am altkirchlichen Prädikantengottesdienst orientierte. Die zeremoniellen Bestandteile der Messe wurden hier - anders als in den lutherischen Teilen Deutschlands - aus dem Gottesdienst eliminiert. Im Zentrum stand die Predigt, die von Psalmengesängen gerahmt wurde. Schon in vorreformatorischer Zeit hatte die Gemeinde die Psalmen häufig mitgesungen, gelegentlich gab es dafür sogar deutsche Fassungen der Texte.[1] Hier knüpften die Reformatoren in Konstanz an. Nach einem dortigen Bericht von 1529 singt der gmain mann baider geschlächt in tutscher sprach etlich psalmen und gaistliche lieder […] vor und nach der predig.[2] Die von dem Konstanzer Reformator Lb PersonBlarer, Ambrosius (1492–1564) Ambrosius Blarer für Memmingen verfasste Gottesdienstordnung folgt diesen Vorgaben.[3] Sie konzentriert sich auf die Predigt und die Abendmahlsfeier und konstatiert: Die andern der alten und neuen meß geprenk und pomp, durch welche bis anher und noch dis heiligen sacrament und liebreich nachtmal des Herren verdunklet und verfelschet ist und wird, nehmen wir uns als die freiling des evangelii gar nicht mer an.[4] Als musikalische Bestandteile finden sich lediglich die erwähnten Psalmengesänge: Anfangs stracks nach der predig wirt ain psalm gesungen, bis sich die diaconi und communicanten ain jeder an sein ort verfügt.[5] Außerdem wurden Psalmen während des Abendmahls gesungen.[6]

Die Beteiligung von Musikinstrumenten oder das Erklingen mehrstimmiger Figuralmusik lehnten die reformierten Theologen ab.[7] Allein das Evangelium sollte im Mittelpunkt des Gottesdienstes stehen. Die Orgel, die im katholischen Ritus der Zeit eine signifikante Rolle für die musikalische Unterstützung der großen Prozessionen im Kirchenraum spielte,[8] galt nicht weniger als Bilder, Altäre, Glocken, Kerzen oder Priestergewänder als papistisches Teufelswerk.[9] An die systematischen Bildentfernungen, die durchaus auch in lutherisch geprägten Gebieten aus theologischen Vorbehalten gegen den katholischen Umgang mit Altarbildern und Heiligen stattgefunden hatten,[10] schloss sich in Le Geographicumf Ort: Zürich Zürich daher ein regelrechter Orgelsturm an. Am 9. Dezember 1527 brach man am Großmünster Zürich die dortige Orgel ab. Die umliegenden Gemeinden folgten diesem Vorbild.[11]

Zu diesem Befund passt es, dass auch in der Memminger Reformationsgeschichte immer wieder von einem Orgelsturm die Rede ist.[12] Als Beleg wird dabei stets nur ein einziger Bericht aus Christoph Schorers 1660 veröffentlichter Stadtchronik angeführt.[13] Als erster hat Friedrich Dobel diese Überlieferung kritisch beleuchtet und die Herkunft von Schorers Information überprüft: So berichtet Schorer auf Grund der handschriftlichen Chronik des altgläubigen Thurmblasers Johann Kimpel, welchem zufolge der Abbruch der Orgel am 26. Juni 1528 stattfand und der muthige Anwalt für letztere sein Ahnherr war.[14] Als Gewährsmann diente mithin der Memminger Chronist Kimpel, in dessen handschriftlicher Chronik für das Jahr 1528 Folgendes zu lesen ist: Es wird auch in vermeltem Jar die Orgel in Sanct martins Kirchen abgebrochen, aus […] eines predicanten welcher Lb PersonSchenk, Simprecht (1485–1559) Sintprecht gehaissen vnd ein ausgeloffene Carthuser Mönch gewest, der hat auff offenlicher Cantzel geschrien, es sey ein Theuffelwerk vnd Abgötterey, daß man die Orgel in der Kirchen habe, derwegen ein Ersamer Rath die Orgel hinweg hat brechen lassen.[15] Skeptisch gegenüber diesem nur durch mündliche Tradition überlieferten Bericht aus deutlich späterer Zeit erwähnt Dobel nie einen Orgelsturm, sondern nennt stets nur Bilder, Tafeln, Altäre und Tand, die man entfernte,[16] oder schreibt vorsichtig: Orgelspiel, Chorgesang und Glockengeläute war verstummt.[17] Auch die Historikerin Gudrun Litz misstraut dieser Darstellung und hält einen Orgelsturm in Memmingen für nicht belegbar. In den von ihr untersuchten Ratsprotokollen konnte sie keinerlei Hinweis auf ein Entfernen der Orgel entdecken.[18]

Muss man die Frage nach den genauen Vorgängen eines Memminger Orgelsturms also offen lassen, so belegt die Vorgeschichte des Orgelneubaus von 1598/99 jedoch eindeutig, dass es in Memmingen nach Durchführung der Reformation keine Orgel mehr gab.

Plädoyer für eine Orgel – die Supplik der Memminger Geistlichen (Januar 1598)

Die chronologisch angelegte Orgelakte im Stadtarchiv Memmingen setzt mit der Bestallung des Organisten Lb PersonFischer, Albrecht (fl. 1500) Albrecht Fischer aus dem Jahr 1500 ein.[19] Danach folgt eine jahrzehntelange Phase des Schweigens. Das erste Dokument, das von einem sich langsam wieder regenden Interesse an der Orgel zeugt, stammt aus dem Jahr 1593. Es ist die in Regensburg angefertigte Kopie eines Zeugnisses, das die Stadt Ulm dem Orgelbauer Lb PersonSturm, Kaspar (ca. 1540 – ca. 1615) Kaspar Sturm (Caspar Sturmb) ausgestellt hatte. Was dieses Dokument in Memmingen zu suchen hat, erhellt – mehr oder weniger – der sich anschließende Entwurf eines Briefs des Memminger Rates an Sturm.

Unser freundlich gruß zuvor Ersamer lieb und gutter Freundt. Euer unß […][20] gethon schrÿben und bittlich anlangen auch zu einem orgellwerkh, so wir in ein unser Kirchen (wie ir bericht worden) machen zulassen bedacht sein sollten, zu gebrauchen etc. haben wir alles inhalts vernommen, und das wir ein Orgell machen zelassen bedacht sein sollten, deß seind Jr zuvil millt berichtet worden, denn wir eins sollichen diser Zeitt nitt gesonnett noch bedacht, da wir aber khünfftig beräthig wurden, bey unserer ain Orgellwerckh einzurichten und machen zulassen, wollen wir ewers schreÿbens und anerbiettens eingedenckh sein, welches wir auch auff ewer schreÿben für Antwurtt, und das wir zügig dem Potten ain Gulden ains gutten Willen geben lassen, nitt verhalten wellen und euch sonst mitt guttem Willen gewogen. Datum den 13 tag Januarij anno etc. 95.

Bürgermeister und Rath der Statt Memmingen.[21]

Deutlicher als in diesem Brief vom 13. Januar 1595 lässt sich die Ablehnung eines Orgelbaus in einer der Memminger Kirchen nicht formulieren. Dennoch muss es in der Stadt auch abweichende Meinungen gegeben haben. Denn wohl kaum hätte sich der Orgelbauer Sturm mit seinem Anerbieten an den Memminger Rat gewandt, wenn er nicht von dem Wunsch nach einer Orgel in Kenntnis gesetzt worden wäre. Welche Informationen ihm dazu vorlagen, wer ihn aus Memmingen kontaktiert hatte, dafür fehlen leider bislang jegliche Anhaltspunkte.

Von orgelfreundlichen Strömungen, die sich schließlich durchsetzen sollten, zeugt das chronologisch folgende Dokument. Drei Jahre später, am 18. Januar 1598, wandten sich die fünf Geistlichen der Stadt in einer Supplik an den Rat, in der sie der allgemeinen Bitte Ausdruck verliehen, die Martins-Kirche mit einer Orgel auszustatten. Auf sechseinhalb Seiten erläuterte Johannes Lang, von dessen Hand das Schriftstück stammt, aus welchen konfessionell-theologischen Gründen Orgel- und Instrumentalmusik erwünscht erschienen:

An die Edle, Ehrnveste, fürsichtige, Ehrsame vnd weise Herren Burgermäister vnd Raht der deß Häilig Römisch Reichs Statt Memmingen, vnterthänige Supplication der Kirchendienern daselbst, die auffrichtung einer Orgel in der Pfarrkirchen zu S: Martin betreffend, vbergeben, Anno. 1598. den 18. Januarij.

Edel, Ehrnvest, fürsichtig, Ehrsam weise gebiettende günstige Herren, ob wir wol zu Neverung bey der Kirchen gar nicht Lust haben, vnd auch, in ansehung der vorstehenden schwären Zeitten vnd laüften, zu mehrer vnnd größerer außgab, dardurch Gemäind statt möchte beschwärt werden, nicht gern vrsach geben woltten, vnd wir auch zum thäil für vns selber wol anders zubegeren hätten: Jedoch, nach dem, Gott seye Lob, vnser Kirchen allhie von den Alttvorderen mitt einem reichlichen einkommen dotiert vnd begaabet ist, vnd daßselbige billig nicht anderst weder zu der Ehre Gottes, zum Lob vnd preise seines Allerhäiligsten Namens, zu erbawung seiner Kirchen, vnd verrichtung deß waren Gottesdienstes soll angewendet werden: alß können vnd sollen E. Ehrenveste vnd f. E. W., wir, die Vorsteher vnd Diener der Kirchen allhie länger nicht verhaltten, daß iezt ettliche Jaar her von vielen vnseren anbefolenen Pfarrkindern vnd Zuhörern, vnd zwaar nicht nur schlechten, sonder auch fürnemen vnd verständigen Personen, vielfaltig vnd ernstlich an vns ist begeret worden, darob vnd daran zu sein, daß in vnserer schönen, herrlichen Pfarrkirchen zu S. Martin, an statt der Orgel, welche weiland durch vmreißenden vngestümmen eyfer derer Leütten, die anfänglich das abgöttisch Bapstum auß gemeldter vnserer Kirchen außgemusteret haben, zerbrochen vnd darnider gerißen worden, ein andere an vnd auffgerichtet werde.

Wenn wir nun gänzlich darfür haltten, daß solliches Begeren, welches an ime selber gutt vnd christlich, wo nicht beÿ allen, iedoch beÿ ettlichen/ vnd zwaar nicht wenigen noch schlechten leütten, nicht aus fürwitz vnd [?], sondern auß christlichem eÿfer herrürt: können vnd wöllen wir vnsers thäils denselbigen nicht widersprechen, sondern erkennen vns vil mehr schuldig, denselbigen, so viel an vns ist, statt vnd gnug zuthun. In sonderlicher erwegung, daß, wie wir menschen zum lob vnd preise Gottes erschaffen vnd erlöset sind, also werden wir von Gott dem häiligen Gäist durch sein häiliges Wortt vil vnd offtt mitt großem ernst darzu ermantt vnd auffgemundert, vnd sonderlich geschieht dasselbige durch den König vnd Propheten Lb PersonDavid (fl. 1000 v. Chr.) David in vielen seinen Psalmen, allermäist aber in dem lezsten, in welchem Gott der häilige Gäist durch den Königlichen Propheten nicht nur schlecht ermanet vnd gebeütt, daß man Gott loben solle, sondern zeiget zugleich an, wie vnd warmitt daßselbig solle geschehen, namlich nicht allein mitt lebendiger menschlicher Stimme, sondern auch mitt Musicalischen Instrumenten. Dann also lautten die wortt in dem gemeldten Psalmen: Lobet den HERRN mitt posaunen, Lobet in mitt Psaltern vnd Harffen, Lobet in mitt paucken, saitten vnd pfeiffen, Lobet in mit hällen cÿmbeln, Alles was othem hatt lobe den HERRN. Vnd hiemitt stimmet auch fein überäin, daß der Gottsgelerte weise Sÿrach im 40. capitel seines Buchs schreibet: Danket dem HERRN, vnd lobet in mitt singen vnd Klingen.

Sollicher vermanung gemäß, ist die Musica vocalis vnd instrumentalis, nicht allein weiland beÿ der Kirchen deß Alten Testaments gebräuchlich gewesen, sondern sie ist auch in die christliche Kirche deß Newen Testaments eingeführet, vnd sonderlich seind von den Altvorderen fast in allen namhaften Kirchen herrliche wollauttende Orglen auffgerichtet worden.

Hatt man dann schon dieselbige, so wol alß anders mehr, imm finstern Bapstum zur abgötterey mißgebraucht, vnd den vermäintlichen Gottesdienst viel mehr mit vnverständlichem gsang vnd Klang, weder mit räiner Lehre deß Göttlichen wortts, vnd das Gebätt sampt der Lob vnd Danksagung, verrichtet. Jedoch, wie man nicht befugt, viel weniger verbund gewesen, die Kirchen, von wegen der abgötterey, so darinnen getriben worden, abzubrechen, also hätte man auch die Orglen, vnd anders so zur Music gehörig, wol vnd billich sollen in der Kirchhen stehen vnd bleiben laßen. Wie sie dann an denen ortten, vnd bey denen Kirchen, da es mit der Reformation recht vnd ordentlich zugangen, auffrecht geblieben, vnd zum waaren Gottesdienst verordnet seind, zu welchem sie auch noch heüttigen tags christenlich gebraucht werden.

An anderen ortten aber, da man zuvor das Kind gleichsam mitt dem Bad außgeschüttet, vnd faßt in allen der räinen Augspurgischen confession zugethanen Reichs vnd fürsten Stätten, sein die durch vngestüme Reformation zerbrochne orglen, durch christliche Oberhäiten, nach dem dieselbigen von ihren theologis beßeren bericht empfangen, der Kirchen restituiert, vnd von newem widerumb zu gerichtet worden, wie wir deßen auch in vnserer vmbliegenden nachbarschaft ettliche exempel haben.

Vnd daßselbige ist fast allenthalben geschehen, mitt bitte, begeren, ermanen vnd Zuthun der Vorstehern vnd Dienern der Christlichen Kirchen, vnd zum thäil auch fürtrefflicher hochbegaabter Theologorum, welche, so wol alß die Christliche Regenten vnd Oberherren, zweifelsohne gesinnet gewesen, vnd noch seind, hiemitt sich von den Zwinglischen Schwermern, welche die Orglen vnd zumall alle Music in der Kirchen nicht leiden wöllen, abzusönderen, vnd die Kirchengütter zu irem rechten äigentlichen nutz, darzu sie gestifftet seind, wol anzulegen, vnd mitt demselbigen, so vil immer möglich, alles das fürzunemen vnd anzurichten, das zum Lobe vnd Preis Gottes, zu erbawung der Kirchen, zu erwerkung christlicher andacht, vnd zu ermunderung christlicher Herzen nutzen vnd dienen mag.

Nach dem wir nun solliche ietz berürte namhafte exempla vnd erhebliche vrsachen für vns haben, vnd auch das darzu kompt, das beÿ vnserer vocal Music, sonderlich am Sonntag vnd an den Festen und Feÿertagen deß Morgens, mangel erscheinen will, vnd wir auch (wie zuvor gemeldet) von vilen Ehrlichen fürnemen vnd gottsförchtigen leütten vilfaltig gebätten, ermanet vnd getriben werden, die Auffrichtung einer Orgel in vnserer Pfarrkirchen zubefürdern, vnd wie über solliches alles nun mehr genugsam verstanden vnd vernommen haben, das solliches Werckh E. E. vnd F. E. W. mäisten thäils nicht zuwider seÿe: vnd sonderlich, nach dem die Edle Ehrnveste vnd weise Herrn Burgermäister, vnd andere Obere Schulherren, beÿ zweÿen jungstgehaltnen Schulconventen nicht allein für sich selber sich zu sollichem werk guttwillig erzeiget, sondern auch nach gehaltner vmbfrage, daßelbige beÿ E. E. F. E. W. schrifftlich anzubringen, vns günstig aufferleget vnd befolchen haben, so haben wir länger nicht vmbgehen wöllen, vns in aller vnterthänigkeit außdruckenlich zuerklären, das wir solliches, wann es mitt gutter gelegenehit geschehen möchte, vnsers thäils gern sehen, vnd daßelbige für ein guttes christliches vnd löbliches werk haltten vnd rhümen woltten. Wir wöllen auch hiemitt E. E. f. E. W., nicht nur in vnserem selbsäignen, sondern zugleich in vnserer ganzen christlichen Kirchen vnd Gemäin, oder doch dem mäisten vnd größsten thäil derselbigen, namens, vnterthäniglich ersuchet vnd gebätten haben, das dieselbige sich zu sollichem Gott wol gefälligem werk nicht weniger günstig vnd guttwillig erzeigen wöllen, weder die Christliche Alttvorderen seind gewesen, nicht allein die Kirchen, die Orglen, vnd was darzu gehörig, zubawen, sondern auch zu erhaltung derselbigen, vnd verrichtung deß Gottesdiensts, stattliche einkommen zustifften, welche ia billich der Kirchen in keinerleÿ weise merh mag sollen entzogen, sondern zu erbawung derselbigen, vnd erhaltung ia eröffnung deß waaren Gottesdienstes angewandt werden.

Ob dann gleichwol (welches vns zwaar nicht ohnbewußt, vnd auch nicht wenig angelegen) sonsten großer vnkosten v[ü]ber Gemäine Statt gehet, kan doch vnsers kläinfüsgen erachtens der kosten, so über ein Orgel in der Kirchen gehen möchte, zu erstattung deßselbigen nicht vil erschießen, zu dem, das auch die Kirchengüetter nicht in welttlich nutz sollen verwendet, noch das, so sonst in andere wege auffgehet, eben an dem, das zu der Ehre Gottes vnd erbawung der Kirchen dienen mag (welches der trew allmächtig Gott wol in andere wege erstatten kan) ersparet vnd herein gebracht, sondern es soll vnd muß auff andere mittel vnd wege getrachtet werden.

Es ist sich auch für dem ärgernus, welchs villeicht ettliche auß anrichtung der Orgel inen selbs nemen vnd schöpffen möchten, nicht vil zubefahren noch zubesorgen, sintemal daselbig beÿ denen die nicht gar widersinnig oder ärgersinnig, vnd mitt dem Zwinglischen irrthum eingenommen seind (deren wir verhoffenlich nicht vil mehr in dieser Statt haben) mitt grundlichem vnd freündlichem bericht gar wol vnd leichtlich kan abgeläinet werden. Deßen es aber gewislich beÿ dem mäisten thäil vnserer Zuhörern nichts wird bedörffen, sonder es werden derselbigen viel mehr sein, die sich solliches werckhs von Herzen frewen, vnd zuvorderst Gott dem Herren, vnd dann auch E. E. vnd f. E. W., vnd allen denen die darzu gerathen vnd geholffen haben, lob vnd Danck darfür sagen werden.

Vnd wir wöllen auch, mit Gottes Hilff, gegen E. E. f. E. W. für solliche vnd andere der Kirchen vnd vns erzeigte gunsten vnd beweise gutt haaben, vns ieder Zeitt möglichstes fleißs danckbar vnd dienstbar erzeigen, vnd zuvorderst den allmächtigen Gott für E. E. f. E. W. vmb gnädigen Schuz vnd glückliche erquickung anrüeffen vnd bitten, welchem wir auch E. E. vnd f. E. W. hiemitt zu Göttlich gnaden befehlen.

E. E. f. E. W., vnd der ganzen Christlich Kirchen vnd Gemäin allhie zu Memmingen vnterthänige, vnd willige, Diener, vnd Lehrer deß häiligen wortes Gottes,

M. Johannes Lang, Johannes Hafner, Lb PersonFunk, Petrus (1547–1628) M. Petrus Funck, Lb PersonLaminit, Michael (1558–1647) M. Michael Laminit, Lb PersonLang, David (1557–1625) M. David Lang.[22]

Fassen wir kurz den Inhalt der Supplik zusammen: Die fünf Geistlichen machen sich zu Fürsprechern des seit Jahren in Memmingen gehegten Wunsches nach einer neuen Orgel. Dies entspricht unserer Interpretation der Kontaktaufnahme, die 1595 zwischen Kaspar Sturm und der Memminger Obrigkeit stattgefunden hatte.

Es wird hervorgehoben, dass ein solcher Wunsch gottgefällig sei, denn das Lob Gottes mit Gesang und mit Instrumenten werde in Ly BibelstellePsalmen 150 Psalm 150 ausdrücklich gefordert. Als weiterer Beleg dient Ly BibelstelleJesus Sirach 40 Sirach 40. Beide Bibelstellen kehren später in Johannes Langs Orgelpredigt wieder. Das Argument, dass die Orgel Teil des katholischen Ritus sei, müsse nicht gegen dieselbe sprechen. Sonst hätte man auch die alten Kirchen abreißen müssen. Entscheidend sei eine wahrhaft christliche (d. h. lutherisch sanktionierte) Verwendung von Musik im Gottesdienst.

Der Orgelsturm, der auch Memmingen heimgesucht hatte, wird als Verirrung der Reformation nach Zwinglis Vorbild dargestellt. In lutherischen Gegenden habe man dagegen die Orgeln in den Kirchen stehen lassen. In der Memmingen Region lasse sich beobachten, dass die einst vom Orgelsturm betroffenen Gemeinden sich wieder neue Orgel anschaffen. Die Obrigkeiten unterstützen dieses Vorgehen als ein klares Distinktionsmerkmal gegenüber dem Reformiertentum. Im vorletzten Absatz werden nochmals Bedenken ausgeräumt, die teure Anschaffung des Instruments könne zu Verstimmungen in der Bevölkerung führen. Dies beziehe sich höchstens auf Zwinglianer, die aber in der Stadt kaum noch anzutreffen seien.

Den allgemeinen Anstoß zu der Idee, in Memmingen nun ebenfalls eine Orgel anzuschaffen, gab die unbefriedigende Lage der Vokalmusik insbesondere an Fest- und Feiertagen. Hier spielt der Text auf die Probleme an, die unter dem wenig fähigen Kantor Lb PersonSchüssling, Abraham (vor 1577 – nach 1603) Abraham Schüssling während dessen Amtszeit in den Jahren 1591–1597 aufgetaucht waren.[23] Konkret hatte man sich auf den vergangenen zwei Schulkonventen unter der Leitung der Bürgermeister und Schulherren darauf geeinigt, dass die Geistlichen eine offizielle Supplik an den Rat der Stadt abfassen sollten. Die erwähnten Konvente hatten zweifellos mit der Schulvisitation im Herbst 1597 zu tun, auf die hin man am 23. November 1597 Kantor Schüssling abgesetzt hatte.[24] Dies bestärkt unsere Vermutung, dass dessen Entlassung in direkter Verbindung zu dem Orgelbauprojekt stand.[25]

Zur Situation der Kirchenmusik in Memmingen 1569–1587

Um den Memminger Orgelbau besser verstehen zu können, muss man sich ein Bild von der zuvor herrschenden kirchenmusikalischen Praxis an Sankt Martin verschaffen. Diese ist wissenschaftlich noch wenig erschlossen. Erkennbar ist jedoch, dass neue Weichenstellungen nach der Annahme des Augsburger Bekenntnisses notwendig wurden, also in der Phase der zweiten Konfessionalisierung.[26] Treibende Kraft für eine Umgestaltung von Gottesdienst und kirchlichem Leben im Sinne eines sich herausbildenden orthodoxen Luthertums war der Pfarrer Lb PersonKünlin, David (1529–1592) David Künlin, der 1562 die Pfarrerstelle an Sankt Martin antrat.[27] Künlin drang bereits 1563 auf die Einführung der reinen lutherischen Lehre[28] und der Privatbeichte, wobei letzteres Anliegen auf Widerstände stieß.[29] Erfolgreicher waren Künlins andere Initiativen. So führte man am 6. August 1564 wieder eine ganze Anzahl aufgegebener Feiertage ein. Im April 1569 unterzeichneten die Geistlichen ihr Bekenntnis zum lutherischen Glauben und nahmen die Arbeit an der Formulierung einer neuen Kirchenordnung in Angriff, die am 7. Dezember 1569 verabschiedet wurde.[30]

Allerdings rief diese Angleichung an lutherische Positionen Proteste hervor, die von Lb PersonKleber, Eusebius (1543–1609) Eusebius Kleber ausgingen, einem entschiedenen Zwinglianer, der 1566 als Pfarrer an Sankt Martin eingestellt worden war.[31] Der Streit mit Kleber eskalierte, bis sich der Memminger Rat am 17. Juli 1573 entschloss, ihn zu entlassen. Der Geistliche ging daraufhin ins Exil: zunächst in das calvinistische Heidelberg, 1583 dann nach St. Gallen, wo er zu wichtigen Ämtern aufsteigen konnte. Erst danach konnte sich das Luthertum in Memmingen konsolidieren. Künlin wurde 1575 Superintendent.[32] 1577 wurde die Konkordienformel feierlich unterzeichnet.[33] Später sollte Pfarrer Johannes Lang in seiner Leichenpredigt für David Künlin an dessen Kampf gegen die Zwinglianer erinnern: Vnd weil der H. Lb PersonPaulus von Tarsus (10 v. Chr. – 60 n.Chr.) Apostel Paulus erinneret/ das ein Bischoff soll mächtig sein/ nicht allein zuermahnen durch hailsame Lehre/ sondern auch zu straffen die Widersprecher: hat sich vnser Pfarrer selig auch hierinn ganz geflissen vnd eyferig erzeiget. Wie man dann sollichs sonderlich zu der zeit wol hat erfahren/ da der Zwinglische Irrthumb vnd Vnglaub bey vnser Kirchen allhie hat wöllen einreissen. Darwider er sich mit gebürendem ernst vnd eyfer starck hat gesetzet.[34]

Für die Etablierung einer orthodoxen lutherischen Lehre spielten die äußeren Bestandteile des Gottesdienstes – die Adiaphora – in dieser Zeit eine zunehmende Rolle. Dies wirkte sich direkt auf das Kirchengebäude aus. Neue Bilder hielten in Sankt Martin Einzug: 1587 ein erstes Wandgemälde mit dem Jüngsten Gericht, 1588 eine Darstellung der Passion.[35] Auch der Musik versuchte man offenkundig einen höheren Stellenwert einzuräumen.[36]

Ansätze dazu lassen sich erstmals in der 1569 verabschiedeten Kirchenordnung entdecken. Einen interessanten Zusatz unter der Überschrift Vom Kirchengesang, der sich im Entwurf zu diesem Text findet, zitiert Sehling: Ob ein ersamer rat dahin bedacht wäre, den schulmeistern und schulern iren ort mit besondern stühlen und schranken einfassen zu lassen, damit das gesank häufiger beieinander wäre.[37] Obwohl der Zusatz über den Kirchengesang in die Kirchenordnung als zu konkret nicht Eingang fand, scheinen in der Praxis erstmals die Voraussetzungen für einen räumlich abgegrenzten Chor geschaffen worden zu sein. Unold berichtet für das Jahr 1569: Bey St. Martin wurde ein eigener Kantor aufgestellt, weil es mit dem Kirchengesang nicht gut ging, und das sogenannte Gerüst gebaut.[38] Dieses Jahr gilt allgemein als Beginn einer Kantorei an Sankt Martin.[39]

Gleichzeitig begegnet in der musikhistorischen Literatur immer wieder die Vorstellung, es sei seit etwa 1570 auch eine Orgel im Gottesdienst in Gebrauch gewesen.[40] In Hermann Fischers Orgelbauer-Lexikon kann man beispielsweise lesen, Andreas Sartorius habe 1571 eine Reparatur der Memminger Orgel durchgeführt.[41] An anderer Stelle wird ein Ratsprotokoll vom 7. Dezember 1577 genannt, in dem Sartorius mit Reparaturen an der Orgel beauftragt worden sein soll.[42] Eine Ratssitzung hat an diesem Datum allerdings gar nicht stattgefunden, auch im gesamten Herbst und Winter 1577/78 hat sich der Memminger Rat nicht mit Orgelfragen beschäftigt.[43] Hier klaffen Fakten und Darstellung offenkundig auseinander.

Einen weiteren irreführenden Beleg für das Vorhandensein einer Orgel hat Unold geschaffen, als er auf eine Chronik zurückgriff, die er als Tagebuch des Superintendenten David Künlin interpretierte.[44] Attraktiv erschien diese Quelle, weil sie eine längere Beschreibung der Stadt Memmingen enthält, die ihren besonderen Reiz daraus bezieht, dass sie das Alltagsleben der Stadt, ihre typischen Tagesabläufe, ja ihre Klangkulisse wieder aufleben lässt. Dazu gehört auch das sonntägliche Orgelspiel, begleitet von Zinken und Posaunen. Starke Bedenken erregt freilich der von beiden Historikern erwähnte Umstand, es handele sich um eine Impression, die sich auf den Zeitraum zwischen 1566 und 1606 beziehe. Ein Blick in die Chronik zeigt, dass der Schreiber zu Beginn seiner Darstellung tatsächlich die genannten Eckdaten anführt.[45] Sein insbesondere von Kintner sprachlich geschönter und modernisierter Bericht schildert zwar die Musik im sonntäglichen Gottesdienst an Sankt Martin: mit Posaunen vnd Zynkhen ales glaychen schlecht man die Orgel, wan man die Psalmen syngt darin vor vnd nach der bredyg[46]. Doch in Anbetracht einer solch großräumigen Datierung verliert diese Quelle ihren Wert für die Beantwortung unserer Frage, ob es an Sankt Martin auch schon vor dem Neubau der Orgel durch Sartorius 1598-99 ein Vorläuferinstrument gegeben habe. Dass auch Künlin nicht als unmittelbarer Autor dieser Chronik in Betracht kommt, sei am Rande erwähnt, denn der Superintendent war ja 1592 verstorben.

Andere Quellen verweisen auf eine andersartige instrumentale Beteiligung am Memminger Gottesdienst.[47] In Schorers Chronik heißt es für das Jahr 1584: In diesem Jahr nahme man einen Zincken-Bläser an/ zu dem Gesang (Music) zu blasen.[48] Eine so gut wie unbeachtet gebliebene Archivalie verspricht genaueren Aufschluss über die Umstände, die sich hinter dieser Neuerung verbargen. Leider ist die betreffende Akte gegenwärtig verschollen.[49] Einen Einblick vermittelt lediglich ein kleiner, entlegen publizierter Beitrag von Friedrich Braun, der den Inhalt der Quelle relativ genau wiedergibt:

Als man im August 1585 die alten Bläser – wie es scheint, wegen ungenügender Leistungen – abdankte und vor der Frage stand, ob neue anzuschaffen seien, gaben der Kantor Haffner und die beiden musikkundigen Herren Laminit das Gutachten ab, daß ohne Begleitung der Gesang verfallen und vielleicht ganz einschlafen werde. Die Kirchen- und Schulherren, d. h. das Collegium, welches, aus Stadtgeistlichen, Ratsmitgliedern und Stadtärzten zusammengesetzt, alle Kirchen- und Schulangelegenheiten zu beraten hatte, beantragte die Anstellung eines Bläsers, der von dem Herzoglich Württembergischen Lautenisten (Hofmusiker) eine gute Empfehlung besaß: er werde seine kleine Kapelle nicht aus aufgeklaubten, fremden widerspenstigen Leuten zusammensetzen, sondern aus anständigen, mit ihm verwandten Musikanten, die er sich getraue, in Zucht zu halten. Er solle kontraktlich verpflichtet werden, selbviert in der Kirche und Schule zu dienen; für das Aufmachen auf Hochzeiten habe er sich mit der vorgeschriebenen Taxe zu begnügen.[50]

Deutlich ist hier von Bläsern die Rede, die notwendig waren, um den Gesang (der Gemeinde, der Schulknaben oder beider) am Leben zu erhalten.[51] Diese waren schon länger im Einsatz, denn veranlasst wurde das Schreiben durch die Entlassung der alten Bläser, die den an sie gestellten Ansprüchen nicht mehr genügten. Aus Le Geographicumf Ort: Bern Berner Quellen ist bekannt, dass die Schweizer Stadt 1585 vier Bläser aus Memmingen in ihre Dienste nahm.[52] Es ist zu vermuten, dass es sich dabei um dieselben Personen handelt, denen man in Memmingen gerade gekündigt hatte. Neben einem musikalischen Motiv legt die Auswanderung der Bläser in das reformierte Bern auch konfessionelle Gründe nahe. In Bern hatten die Bläser ausschließlich Aufgaben in der städtischen Öffentlichkeit wahrzunehmen. Eine instrumentale Kirchenmusik sollte hier erst erheblich später Fuß fassen. In Memmingen hingegen spielte die Ausrichtung an der gottesdienstlichen Praxis in Le Geographicumf Ort: Stuttgart Stuttgart eine maßgebliche Rolle. Gesucht wurden gleich mehrere Bläser, wohl um einen vierstimmigen Satz spielen zu können, wie er in der Stuttgarter Kirchenmusik zu diesem Zeitpunkt noch durch Lb PersonHemmel, Sigmund (ca. 1525 – 1565) Sigmund Hemmels Psaltervertonung (1569) repräsentiert wurde. Dass die Bläser die Aufgabe hatten, den Chorgesang abzustützen, zeigt noch ein Brief des Kantors Schüssling vom 3. September 1593, in dem es heißt, dass der Stadtpfeiffer 19. Augusti früe, in dem gesang ein ganze Zeil uberhüpfet, auch ein Bassist zu abends neben den Chor Jungen zimbliche confusiones (wie auch gestern geschehen) gemacht.[53] Tatsächlich findet sich noch in den von uns konsultierten späteren Jahrgängen der Rechnungsbücher der Präzeptoreipfleger kontinuierlich ein Gehalt für einen Stadtpfeifer als Ausgabe verzeichnet. Jörg (Georg) Eberlin erhielt demnach mindestens vom März 1591 bis zum März 1600 jährlich 290 Gulden Lohn. Im Jahr 1600 jedoch endete sein Dienst: Georgen Eberlin, gewesten Stattpfeiffer wurden nur noch 70 Gulden ausbezahlt.[54] Ein Nachfolger scheint zunächst nicht eingesetzt worden zu sein. Stattdessen taucht am 12. März 1599 in der Jahresabrechnung für das verflossene Jahr als neuer Posten erstmals der des Organisten auf. Sein Jahreslohn lag mit 210 fl ein wenig niedriger als derjenige des ehemaligen Stadtpfeifers, aber offenbar hatte dieser damit auch weitere Bläser für die Kirchenmusik entlohnen müssen.

Fasst man das Gesagte zusammen, so ergibt sich für die Jahre 1569 bis 1599 eine einheitliche Phase der kirchenmusikalischen Praxis. Sie bestand aus dem Chorgesang der Schulknaben, der vom Kantor geleitet und – an der Lateinschule – unterrichtet wurde. Ergänzend traten offenbar Adiuvanten-Sänger hinzu (Bassist). Eine klangliche Stütze erhielt der mehrstimmige Satz durch die Beteiligung von Bläsern. Welches Repertoire zur Aufführung kam, ist bislang unbekannt.

Der Bau der Orgel (März 1598 – Juni 1600)

Ein Dorsalvermerk auf der Supplik der Memminger Kirchendiener hält fest, dass der Antrag zu einem Orgelbau auf der Ratssitzung vom 8. Februar 1598 bewilligt wurde: Uff 8 Februarii anno etc. 98 ist vor aim Ersamen Rath durch ainhelligs Mer mitt genaygtem gutem Willen bewilligt und erratten worden, ain Orgell wie begert auff zurichten.[55] Bereits am 20. Februar erklärte sich Andreas Schneider in einem Brief bereit, den Orgelbau an Sankt Martin zu übernehmen.[56] In der folgenden Sitzung beauftragte man die Ratsmitglieder Melchior Funk und Adam Hartlieb mit der Leitung des Bauvorhabens. Das Startsignal zu den Arbeiten wurde in der Ratssitzung am 22. März 1598 gegeben:

Es haben hier Lb PersonFunk, Melchior (fl. 1599) Melcher Funckh und Herr Lb PersonHartlieb, Adam (vor 1585 – 1614) Adam Harttlieb vor dem das uff 27 Febrer jungsthin wegen der Orgell und orgelmacher Relation gethon wie und was gestalt dieselb gemacht, was es costen werden und wie es sein und seiner Gesellen halb gehalten werden solle. Darvon ain E. Rath geredt alles abprobiert und abgedachten beden Herren bevolchen das gantze Werkh uff ehest zu gefürdern und inen heimbgesetzt, was sie für Werkh und handwerckhleutt darzu gebrauchen wellen und soll der Maister und Gesellen im Spital des Hofmaisters Tisch ein Gesellen ein Maß Bier jedesmal und zu Vesper ein Brott und halb maß Bier gegeben, dem Maister zweu Maß Wein ein Tag und allen das Geliger im Pfarrhof gegeben werden. Dem Organisten will man für Auffzug ein Verehrung thun, aber khünfftig allererst davon reden was gestalt.[57]

Der Orgelbau ging zügig voran. Einzelheiten zum Bauvorgang sind nicht überliefert. In Schorers Chronik wird die Abnahme der Orgel auf den 21. November 1599 datiert.[58] Das Datum passt zu demjenigen der Einweihung, die am 27. November 1599 mit Johannes Langs festlicher Orgelpredigt begangen wurde. Leider fehlen bislang weitere zeitgenössische Belege für die von Schorer erwähnte Mitwirkung Hans Leo Hasslers als Orgelgutachter bei der Abnahme des neuen Instruments in Memmingen.[59]

Anfang Dezember 1599 erfolgten die letzten Regelungen, die mit dem Bauvorgang zusammenhingen. Auf der Ratssitzung am 7. Dezember wurde die Abrechnung abgeschlossen. Hier bewilligte man dem Orgelbauer Andreas Schneider eine Erhöhung des Lohns von den vereinbarten 450 fl. auf 700 fl. Als Begründung führte man an, dass er vil mehr Register (dann er sich anfangs bewilligt und ime angedingt worden) gemacht in das hieig Orgelwerckh gemacht und sich dasselbig auch kunstlich just gutt und wol gemacht sein befunden.[60] Die genauen Kosten für den Bau des Instruments sind in den Rechnungsbüchern der Präzeptorei festgehalten. Sie beliefen sich auf 5363fl, 13ß, 10h.[61]

Nach einigen Monaten zog man Andreas Schneider nochmals für Nachbesserungen heran. In seinem Schreiben vom 9. Juni 1600 beklagte sich der Orgelbauer über die unsachgemäße Behandlung des Instruments durch den Organisten. Das an entlegener Stelle von Friedrich Emmert veröffentlichte Dokument[62] geben wir hier in einer anhand der Quelle korrigierten neuen Übertragung wieder.

Bericht Meister Andreas Schneider Orgellmachers prod: 9 Junij Anno 1600

Edle, erenvest, wolweise günstige Herren, auf Euer E. E. W. schriftlich begheren, bin ich am freitag zu nacht her kommen, vnd am Samstag das von mir gemachte Orgelwerk, mit fleis durchsucht, was für fhel erscheinen möchten, befindt aber im grundt der warheit, nicht dass ein mangel kondt genandt werden. Dass aber etliche claves bisweilen besteck, ist an einem neihen werck nach solcher strenger kelte kein wunder; den ein jedes werck anfanglich auß vnd einghet, bis es sich ein wenig abbraucht, vnd sich ein solcher schwerer luft setzt, fplegen auch wol die Register zu verschwellen, dass mans nit zihen kan, das sich aber hir noch nicht begeben. Drumb fplegt man innerhalb 2 Jharen, oder wie es die nhotdurft ervordert, solche neihe werk, wieder zu corrigiren vnd zu stimmen, dass sie darnach desto bestendiger bleiben, dessen ich mich dan gegen einen Ersamen Rhat auch gnugsam zu verrichten, wens die notturft erfordert, verpflicht.

Die weil ich aber spür vund erfhar, dass es dem Organist hoch verschmacht, dass der werck meister (welchs ich für gut geacht) weil ehr dem werck von anfang beygewondt, die Zeit ein Schlüssel gehabt, wan sich ein schlechter fhel begeb, ehr den selben wol helfen kan, dessen ehr sich dan anerbetten, vnd jhn bei sein des organisten verricht, weil es ihn von einem Ersamen Rhatt bevolen worden.

Die weil aber der organist für sich selbst oder mit hilf anderer solche fhel vndersthet zu wenden, darauf ehr sich doch in wenigsten versthet vnd etwan aus vnwissenheit oder in der vnsinnigen weis ein andern claves zeigt, ders doch nit bedurft hat.

Daher etliche zu hart schlagig worden, das ich albereit zum theil gewendt, das warlig zeit braucht. Daher sich der Stamler zum höchsten beklagt, vnd bey manniglich hören lassen, ehr werde sich lham schlagen, da doch andere Organisten, die weit mehr kunst brauchen, dergleichen oder harterer werck haben, vnd doch ihre Colloraturas vorbringen können.

Vnd wan sich ein solcher fhal mehr (wider mein verhoffen) begeb, köndte ehr ihm jha wol helfen, wen ehr ein wenig zu gesehen, oder fragen möcht, vnd dörft gar nit so dran zerren vnd reisen, dass nit allein die claues davon springen, sondern eß werden auch die drät krumb do von etwan die ventil müssen offen bleiben, welchs ehr, als der sich imm anfang vieles drauf nug tan (= genuggetan), wol wissen soldt.

Die weil auch solchen kleineren sachen, kan auserhalb geholfen werden, vnd an vielen Orten die organisten zum Jnneren corpus kein schlüssel haben, wehr mein meinung, dass ein Ersamer Rhat, bis man das werkh einmal wieder vber gheht, [zu ergänzen: ihn] behilten, wan man schon solchen brauchte, kan man ihn alzeit finden. Sonst wirdt ein jeder drein gefürdt, würd an der zarten tractur baldt viel verderbt, möcht auch wol mehr offen dan zu gesperdt gefunden werden, oder ehr würde sich vnder sthen, nit anders [unentzifferbar] zu spilen, vnd zu suchen, welchs mir zu leiden schwer fallen würde, protestir mich auch hir mit, wo solchs gescheh, würde ich mich des werkhs nit mehr an nemen[.]

Solches hab ich Euhr E. E. W. vnd gunsten an zeigen sollen thu der selben hir mit vnderthenig beraten

Ehur Edle Ernvest weisheit vnd gunsten Dinstwillig vndertheniger Andreas Schneider orgelmacher.[63]

Übersehen hat Emmert das Datum von Andreas Schneiders Brief, der am 9. Juni 1600 verfasst wurde und sich damit auf die übliche Gewährleistung und das Nachstimmen des Instruments bezieht. Emmert interpretierte den Brief des Orgelbauers chronologisch falsch als Antwort auf eine ebenfalls in Auszügen publizierte Beschwerde des Organisten Lb PersonStammler, Georg (vor 1589 – 1613) Georg Stammler aus dem Jahre 1602. Leider ist diese Quelle in der Orgelakte heute nicht mehr auffindbar. Bei aller Vorsicht in Anbetracht der Quellenlage deutet der Titel von Stammlers Verzeichnus etlicher Fehler bei der Orgel St. Martin, welche nach vielmaliger Verbesserung und examination annoch hinterblieben, welche billig zu verbessern, sintemal solche ein jeder, ob er auch kein musicus, genau spüren und merken kann (1602)[64] darauf hin, dass die Probleme mit der ungleichen Tastatur und die Zugänglichkeit des Schlüssels sich über mehrere Jahre hinschleppten.

Die Einstellung eines Organisten (April 1598)

Johannes Langs Anteil an der Gestaltung der neuen Memminger Kirchenmusik beschränkte sich nicht auf theologische Argumente für den Bau einer Orgel. Von Anfang an wirkte er maßgeblich an allen wichtigen Entscheidungsvorgängen mit. Während die Baudurchführung von Mitgliedern des Rats geleitet wurde, machte er sich frühzeitig Gedanken über die musikalische Rolle, die der Orgel zukommen sollte. Dies war sicher keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass es in Memmingen seit 60 Jahren keine Orgel gegeben hatte. Dennoch war bereits im Protokoll der Ratssitzung vom 22. März 1598 nicht nur von dem Orgelbaumeister, sondern auch von einem Organisten die Rede. Es handelt sich um den schon erwähnten Georg (Jörg) Stammler, dessen in Memmingen ansässige Schwiegermutter vor kurzem verstorben war. Er hatte sich am 15. Februar 1598 mit einer Supplik an den Stadtrat gewandt. In dem Schreiben berichtet er, dass er mit Johannes Lang Bekanntschaft geschlossen habe, der ihn zur Kontaktaufnahme mit dem Rat veranlasst hatte:

Demnach ich vonn wegen meiner freundtlichen lieben fraw schweiger seeligen erbthaylung alhie ankommen, wurd ich vonn […] Pfarrherrn unnd Superintendenten Magister Johann Lanngen Bericht, wellchermassen dieselben inn dero Pfarrkürchen allhie zue St. Martin Gott dem Allmechtigen zue Lob und Eren ain Orgl oder Stimwerkh zumachen unnd auffrichten zulassen bedacht. Daneben auch sovil verstannden, da ich mich deß Ortts bey einem ersamen Rath anmellden wurde, mir alls ainem alhieigen Burger inn ain oder anndern Weg günstiger Beschayd erfollgen unnd ich vor anndern bedacht werden möchte.[65]

Stammler stellte sich nicht nur als Anwärter auf das Organistenamt vor, sondern machte sich erbötig, die Orgel selbst zu erbauen oder aber einen ihm bekannten Meister zu vermitteln. In ihrem Bedenken vom 17. Februar 1598 lehnten Lang und sein Kirchendiener dieses Ansinnen indessen ab, indem sie darauf hinwiesen, dass Stammler keine Erfahrung im Orgelbau aufweisen könne. Umso begeisterter aber reagierten sie auf die Möglichkeit, sich eines versierten Organisten zu versichern:

Edle, Ehrnveste, fürsichtig, Ehrsam vnd weise gebiettende günstige Herren, deß Georg Stammlers Organisten vns übergebene Supplication Schrifftt, berhuwet auff dreÿen Hauptpuncten, dasz er namlich, für das Ehrste, eine Orgel in die Pfarrkirch allhie zumachen: oder doch, für das ander, dieselbige einem andern erfahrnen Mäister vnd Orgelmacher anzugeben oder anzudingen, vnd denselben darzu zuhelffen: vnd für das dritte, dem gemachten werck vorzustehen, vnd daßselbige zuregieren, sich mitt vnterthäniger bitte alß ein burger vnd vnterthan anerbeütt.

Wann nun E. E. f. E. W. von sollichen seinem vnterthänigem anerbitten vnd begeren, vnser einfaltiges bedenken günstig vernemen wöllen, alß anttwortten wir auff den Ehrsten puncten, dasz, ob wir wol gemeldten Stammler an seiner Kunst nichts wöllen abgesprochen haben, Jedoch weil er zuvor kein solliches werck gemacht, möchte villeicht rathsamer vnd sicherer sein, dasz zu verfertigung vnd auffrichtung deßselbigen ein anderer erfahrener Mäister gebrauchet würde. Dieweil aber, für das ander, sehr vil daran gelegen, dasz ein solliches werck recht angegeben, vnd seinen Mäister angedinget, vnd dasz es, sollichen angeben vnd andingen nach, fleißig vnd trewlich verfertiget werde: vnd dieweil auch, für das dritte, ein solliches werck, wann es schon auff das allerbest vnd fleißigst gemachet, sonderlich weil es noch new ist, durch einen vnerfahrnen vnd vngeschickten Organisten gar bald mag verwarloset vnd verderbet werden: vnd es demnach in dieser, so wol alß in anderen sachen, vil beßer vnd rathsamer ist (nach dem gemäinen sprichwortt) beÿ dem Schmid, weder beÿ dem Schmidlin beschlagen: vnd diweil auch einen schlechten Organisten oder Instrumentisten, der die Orgel nicht recht regiren, vnd weder das pedal vnd den Subbaß, noch die Posaunen, noch die Heertrummen, noch das Vogelgsang, noch die tremulanten, noch anderes, das zu einer wol lauttenden vnd grauitetischen Orgel gehörig, gebrauchen vnd angehen laßen, sonder gleichsam nur die halbe Orgel, oder einen Thäil derselbigen schlagen köndte, vnd ime dannach seine besoldung müßte gegeben, vnd doch darneben alles, was ieder Zeitt an der orgel mangelhaft, durch einen anderen Mäister müsste verbeßeret werden: Dem allen nach, haltten wir es gleichsam für eine sonderbare Schickung Gottes; dasz vorgemeldter Organist, welcher solliche Kunst, mitt der Orglen vmbzugehen, vnd dieselbige zuregieren, von berhümten mäistern erlehrnet, vnd schon ettliche Jahr her an namhaften Ortten mit guttem Lob practiciret vnd geübet hatt, eben in itziger Zeitt, nicht alß ein frembdling, sondern alß ein bürger, hieher kommet, vnd begeret nicht allein sein Bürgerrecht zubesizen, sondern auch in auffrichtung, oder doch angebung, vnd folgendes auch in verwaltung vnd regirung der Orgel, E. E. f. E. W. vnd der ganzen Christlichen Kirchen allhie, frölich zudienen.

Wann wir nun gedachten Stammler für einen ehrlichen, auffrichtigen beschäidnen vnd frommen Mann erkennen vnd haltten, vnd vns auch an seiner Kunst, alß mitt welcher er an fürnemen ortten wol bestanden, nicht zweifelt, vnd wir demnach gänzlich darfür haltten, dasz ein solliches Orgelwerk mitt ime zumm allerbesten würde versehen vnd versorget sein, vnd dasz er, seinem vnterthänigen anerbietten nach, E. E. f. E. W. imm angeben oder andingen vnd verferttigen, wie auch in erhaltung vnd verwaltung solliches werks, fruchtbarlich dienen, vnd folgends daßselbige mitt besonderem Lob regieren köndte, vnd dasz er auch an seinen trewen fleiß nichts wurde erwinden, vnd über das, in ansehung anderer seiner gelegenheit, die er allhie haben mag, sich mitt seiner zimlichen besoldung wol beschlagen laßen: So hieltten wir vnsers thäils für rathsam, vnd woltten gern sehen, dasz er, zu befürderung vnd regirung deß von E. E. f. E. W. schon allberäitt günstig bewilligten vnd fürgenommnen Orgelwerks, angenommen vnd bestellet würde.

Dann so das gemeldte Werk seinen fortgang haben soll (alß wie es, ob Gott will, nicht soll eingestellet, vil weniger ganz vnd gar abgestellet werden) so müßen wir ia einen Mann haben, der sich darauff verstande, vnd der daßelbige angeben, vnd regieren könde. Welches keiner, wie schlecht er auch ist, ohne belohnung thun wirdt.

Ob wir dann, gleichwol verströstet seind worden, dasz zu Le Geographicumf Ort: Stuttgart Stuttgarten ein gutter Musicus seÿe, welcher sich hieher begeben, vnd zugleich einen Cantorem vnd Organisten abgeben möchte: So wöllen doch solliche beyde ämpter sich nicht wol zusammen schicken, vnd müßte auch eben einem sollichen, der Orgel halben, wenn er schon dieselbige zuregiren nicht so gar tüchtig wäre, eine größere besoldung gegeben werden. Vber das haben wir auch schon allberäitt so vil berichts eingenommen, dasz es mitt dem gemeldten Stuttgartischen Musico in einem vnd anderem mag nicht also beschaffen, vnd daß er sonderlich kein sollicher Organist seÿe, wie vns fürgegeben worden, vnd dasz er auch zu Stuttgarten größere Besoldung vnd beßere gelegenheit, vnd doch darneben wenigere arbäitt habe, als er allhie haben vnd bekommen möchte, vnd dasz er sich darnach nicht leichlich hierher begeben, oder doch eine größere besoldung, weder bisher einem Cantori gegeben worden, begeren werde.

Es möchte auch vielleicht wol gelegenheit gefunden werden, dasz wir zu dem Cantordienst keines frembden bedürfftten,sonder dasz derselbige in kurzer Zeitt durch einen vnserer Stipendiates (deren zu vil auff einen Hauffen kommen wöllen) verwalttet, vnd eben dardurch ettwas namhafts ersparet würde. Darinnen wir aber gleichwol E. E. f. E. rat, vnd sonderlich unseren günstigen Herren Bürgermäistern, vnd anderen erbaren Schulherren, nicht vorgreiffen, sonder allein denselbigen, wie es von vns begeret wurde, hievon vnser wolmäinendes bedenken vermelden wöllen.

Was aber für dißmal die Orgel vnd den Organisten betrifft, könden wir in der warheit, nach fleißiger betrachtung vnd berathschlagung, nicht beßres vnd rathsamres befinden, weder eben das, so E. E. f. E. W. hiermitt vernommen haben, dasz namlich mehrgedachtem Georg Stammler, alß bürgern allhie, wo nicht in dem Ehrsten, iedoch in dem andern vnd dritten seinem vnterthänigen anerbietten vnd begeren, namlich, das angeben vnd regieren der Orgel belangend, günstig möge gewillfahret werden.

Welches E. E. f. E. W., nach dem dieselbige vnser bedenken hievon begeret, nicht anderst weder alß gutt vnd trewlich gemäint, günstig von vernemen wöllen, vnd vns, sampt vnserer anbefolhenen Kirchen vnd Schulen vnd zu ferneren gunsten laßen befolhen sey.

E. E. f. E. W. vnterthänige Diener amm häilig Wort Gottes, M. Johannes Lang. Johannes Hafner[66]

Das Schreiben enthält Hinweise darauf, dass es keineswegs einfach war, die mit dem neuen Instrument entstehenden Möglichkeiten musikalisch auch nutzbar zu machen. Als man sich für den Orgelbau entschied, besaß man in Memmingen nur einen vagen Plan für die Besetzung der künftigen Organistenstelle. Ins Auge gefasst hatte man einen Stuttgarter Musiker, der jedoch als Kantor ausgebildet war und wohl kaum oder nur gegen entsprechend hohes Gehalt bereit sein würde, eine Stelle in Memmingen anzunehmen. Stammler dagegen war Bürger der Stadt, ein wichtiges Argument für seine Integrität, insbesondere nach den schlechten Erfahrungen mit dem vagierenden Musiker Abraham Schüssling. Auch aufgrund seiner soliden Ausbildung und Berufserfahrung als Organist in Esslingen und Schwäbisch Hall war das Auftauchen Stammlers in Memmingen just zum Zeitpunkt des Orgelbaubeginns ein großer Glücksfall – eine sonderbare Schickung Gottes nach Langs Formulierung.

Langs Rat folgend stellte man Stammler bereits im Vorfeld des Orgelbaus ein. Aus dem Ratsprotokoll vom 12. April 1598 erfährt man:

Georg Stamler Organisten ist auffzogen und sich in sein Dienst eingeselt und weil ime ietzo sein Besoldung angehet, er aber noch (weil die Orgel noch nit ferttig ist) nichzt zuthon so soll er furtter in der lateinischen Schull alle tag ain Stund und in der Kirchen an des Cantori statt, der Music bey wohnen, und will man ime dißer Zeit 20 fl. für Auffzug bezalen und geben.[67]

Der Musiker übernahm also nach dem Weggang Schüsslings zunächst die Funktionen des Kantors sowohl in der Lateinischen Schule, als auch im Gottesdienst. Sobald er nach der Vollendung des Orgelbaus an dem neuen Instrument tätig werden konnte, stellte man ihm als Kantor Christoph Häselin (Heselin) zur Seite.[68]

Die Memminger Organistenordnung (Dezember 1599)

Der Organist Georg Stammler wurde nach der Abnahme und Einweihung der neuen Orgel offiziell in Dienst genommen. Drei diesbezügliche Quellen aus der Orgelakte im Stadtarchiv Memmingen sind mit dem 15. Dezember 1599 datiert: die mit dem Stadtsiegel versehene Bestallungsurkunde; eine ausführlicher formulierte Bestallung des Organisten allhie zu Memmingen; ein mehrseitiger Text unter dem Titel Ordnung vnd Beuelh des Organisten bey Sanct Martin. Die drei Dokumente ergänzen sich gegenseitig. So wird in der Bestallung des Organisten allhie neben der Beschreibung der Einkünfte (festes Jahresgehalt, Bezug von Naturalien) die Mitwirkung bei Hochzeiten geregelt, die Stammler zusätzliche Einnahmen sicherte. Hinsichtlich seiner Beteiligung an der Gottesdienstfeier heißt es, daß er Stammler die jeztbestimte sechs Jar lanng, dasz bewelt Orgelwerk zu Sonn= Feÿr vnd andern tägen, des morgens vnd abendts, vor vnd nach der predig, vngefahr nach außweÿsung Jme gegebner beschribner Ordnung schlagen solle. Diese Ordnung liegt als drittes der Dokumente vor.[69] Es handelt sich um einen Entwurf, dessen Reinschrift wahrscheinlich dem Amtsinhaber überlassen wurde. Der Entwurf enthält detaillierte Angaben zum Anteil der Orgel am Gottesdienst. Er weist eine ganze Reihe handschriftlicher Korrekturen auf, mit denen eine ursprünglich abgefasste Version zu einer reinen Aufgabenliste umgewandelt worden ist. Die dazu gehörige Vorlage, aus der die Organistenordnung zunächst wörtlich abgeschrieben worden war, hat sich ebenfalls erhalten. Sie stammt von Superintendent Johannes Lang.

Lang hatte nicht nur im Februar 1598 die Gunst der Stunde genutzt, um Georg Stammler als Organisten für die neue Orgel an der Sankt Martin zu gewinnen. Im Dezember 1599 formulierte er in einem Schreiben an den Rat der Stadt seine Vorstellungen über die Amtsausbügung des neuen Kirchenmusikers. Das Dokument stellt eine bisher unbekannte Quelle für den Einsatz der Orgel im Gottesdienst des südwestdeutschen Raums dar. Sie wird hier erstmals vollständig publiziert und für weitere Forschungen verfügbar gemacht:

An die Edle Ehrnveste fürsichtige Ehrsame vnd weise Herren Bugermäister vnd Rath der Statt Memmingen, Bedenken der Kirchendienern daselbst, den ordenlichen gebrauch der Orgel vnd Music in der Pfarrkirchen zu S. Martin betreffend. Anno 1599.

Edel, Ehrnvest, fürsichtig, Ehrsam weise gebiettende günstige Herren, Nach dem durch E. E. f. E. W. äinhällige günstige Bewilligung vnd Beföderung, zum Lobe vnd Preis deß allerhäiligsten Namens Gottes, vnd erweckung christlicher andacht, in vnserer schönen Pfarrkichen allhie, ein herrliches Orgelwerck mäistes thäils schon allberäitt ist zugerichtet, vnd hierinnen dem löblichen Exempel anderer der räinen Augspurgischen Confession zugethanen Evangelischen Kirchen (welche die Orgeln in den Kirchen behalttten, oder aber von neuem wieder auffgerichtet haben) nachgefolget worden: Vnd aber, lautt deß häiligen Apostels Pauli ermanung, in der Kirchen alles ordenlich soll zugehen, vnd sonderlich verhüttet werden, dasz durch das Orgel schlagen, so wol alß durch die ander Vocal vnd Instrumental Music, weder das gemäine Teütsche Kirchengsang, noch die predig deß Göttlichen Worts, vnd das gemäine christliche Gebätt, zusampt der administration der häiligen Sacramenten, verhindert, oder die christliche Gemäin mitt vngelegenheit vnd verdruß zu lang in der kirchen auffgehaltten werde: So will die notturfft erhäischen, dz den Musicis, vnd insonderheit dem Organisten, eine gewise ordnung fürgeschrieben werde.

Was nun die Edle Ehrnveste vnd weise Herren Burgermäister, vnd andere zum Schulconvent verordnete vnsere günstige Herren, vns günstig aufferleget vnd befolhen haben, hierüber vnßer, gleichwol schlechtes vnd geringfügiges, bedenken, schrifttlich zustellen, vnd fürzubringen, alß haben wir, nach gehalttner beratschlagung, vnseres thäils vns fast dahin entschloßen, dasz, für das Erste,

I. von E. E. f. E. W. dem Organisten mitt ernst solle eingebunden werden, das ganze werk der Orgel also fleißig vnd ordenlich zugebrauchen vnd zuregieren, dasz es ein ansehen, vnd einen bestand haben möge, vnd dasz es auch dem waaren Gottesdienst nicht zuwider, sondern vil mehr zu demselben dienstlich vnd befürderlich seÿe. Deßwegen er nicht Tänze, Paßamezen, oder andere dergleichen zu welttlicher kurzweÿl dienende stück, sondern allein Psalmen, Lobgesänge, gäistliche Lieder, vnd gutte Moteten, auff der Orgel schlagen soll.

II. Vnd daßselbige soll, für das ander, für-nämlich geschehen an den Sonn vnd feÿertagen, deß Morgens vnd Abends, vor vnd nach der predigt: Vnd soll in demselbigen eine solliche ordnung gehaltten werden, dz, für das Ehrste

(1.), deß Morgens, imm Sommer, wenn man auch sonsten imm Chor Musiciert, bald nach dem Ehrsten mitt der kläineren glocken gegebenen Zäichen, vnd imm Wintter, wenn man sonsten deß Morgens nicht Musiciret, ohngefahrlich äin Vierttelstund nach dem ehrsten zäichen, ehe denn das ander zäichen mitt der großen glocken gegeben wirdt, vnd deß Abends gleich vnter dem Ehrsten Zäichen, ehe denn die Vocal Music imm Chor angehet, der Organist mitt einem gutten wollauttenden ansehnlichen vnd grauitetischen stuck auff der Orgel, den Introitum, das ist, den anfang oder Eingang deß Gottesdiensts mache: vnd dasz Er darnach für das ander

(2.), man Musiciere gleich imm Chor oder nicht, vor dem angehenden gemäinen Kirchengesang, eben deß Gesangs, welches hernach von dem Cantore vnd der ganzen Gemäin soll gesungen werden, ein gesetzlin auff der Orgel verständlich vnd deüttlich schlage.

(3.) Schickt es sich dann, für das dritte, dasz er die Orgel, oder derselbigen ein Register, zweÿ oder dreÿ, auch zum Gesang kann gehen laßen, mag vnd soll er daßselbige bisweilen auch thun, damitt das gsang desto völliger seÿe.

(4.) Wenn dann sollicher gemäine Kirchengsang vollendet ist, darff vnd soll, für das vierdte, der Organist, damitt es sich desto weniger lang verweÿle, das Gebätt vnd Gesang: Komm Häiliger Gäist etc., nicht allwegen insonderheit, ehe denn es gesungen wirdt, auff der Orgel schlagen, wie bisher geschehen, sonder Er mag wol nur ein kurzes preambel machen, vnd darmitt dem Cantori die stimm geben, dasz gleich darauff das Gesang vnd die Orgel stark vnd völlig mitteinanderen daher gange. (Gleichwol von diesen puncten noch weitter möchte zureden sein, vnd anzuzäigen, wie es an anderen orten gehaltten werde.)

(5.) Ferner für das fünffte, soll der Organist, nach dem die predigt vnd das Gebätt vollendet, eben die melodiam auff der Orgel schlagen, in welcher hernach das Gloria, oder anderes, vomm Cantore vnd der Gemäin soll gesungen werden. Jedoch soll ers, vmb Kürze willen, beÿ einem Gesezlin verbleiben laßen, vnd nicht ein langes oder wol gar kein praeambel machen. Kann vnd will er aber gleich darauff die Orgel auch zu dem Gesang gehen laßen, mag er daßselbige wol thun, bevorab dieweil vil leütte daßelbige gern haben vnd hören, vnd desto lustiger mitt singen, vnd Gott loben vnd preisen.

(6.) Zum sechsten, Nach dem der Segen auff der Canzel gesprochen, vnd dann ferner mitt gewohnlichen wortten, der Christlichen Gemäin zugesprochen ist, soll der Organist alßbald die Orgel starck laßen angehen, vnd auff derselbigen ein guttes Gesang, oder eine gutte Motetten, oder, nach gelegenheit, derselbigen zwo, oder mehr, schlagen, vnd doch darzwischen auch der vocal Music, wann sie fürhanden, auch ihren plaz vnd ire Zeitt laßen. Es sollen aber, sonderlich zu der kaltten Wintterszeit, nicht so gar lange Gesang, oder doch derselbigen nicht zween, dreÿ oder mehr partes oder thäil gleich auff einanderen, sondern derselbigen nur äiner zwischen dem Orglen gesungen werden: vnd sonderlich, wann amm Sonntag zu Abend ein Kind nach der predigt zutauffen imm Chor fürhanden ist, so soll das Musicalische Gesang desto kürzer sein, oder bis nach verrichtetem Tauff eingestellet, oder auch (sonderlich imm kaltten Wintter) gar vnterlaßen werden, damitt die leütte, welche dem Tauff beywohnen, nicht zu lang auffgehaltten werden, vnd es sich auch sonsten desto weniger lang verziehe.

(7.) Wann dann, für das Sibende, zu hohen festen, vnd sonsten Monatlich, das Hochwürdige Häilige Abendmal vnseres Herren Jesu Christi gehaltten wirdt, soll vor vnd vnter der außspendung deßselbigen, neben dem gemäinen Kirchengsang, auch die Orgel ordenlich gebrauchet werden.

(8.) Vnd damitt solliches ietzgemeldtes alles mitt desto beßerer ordnung geschehen möge, soll, für das erste, der Organist sich nicht beschwären, in der Wochen, vnd sonderlich auch freÿtag, zu Mittag, zwischen zwölff vnd äin vhr, sich zu dem Cantor, vnd den anderen Musicis, in die Lateinische Schul zuverfügen, vnd allda der Music vnd deß Gesangs halben, so auff den nächstkünfftigen Sonntag in der Kirchen soll geübet werden, sich mitt inen zuvergleichen. Darzu Er sich auch amm Sampstag zuvor wirdt zuberäitten wißen, dasz es hernach amm Sonntag keine irrung noch verhindernus gebe, sondern dasz Er die Orgel vnverhindert gebrauch könde. Eben diß soll auch von den Christlichen festen vnd feÿertag verstanden werden. Es mag vnd soll auch bisweilen die Orgel vnd die Vocal Music zusammen gerichtet, vnd sonderlich der Discant zu der Orgel gesungen werden.

Diß ist nun vnser einfaltiges Bedenken von der Orgel vnd Musica, wie es mitt derselbigen an den Sonn vnd feÿertagen, deß Morgens vnd Abends, zu Sommers vnd Wintters Zeitten, in der kirchen ordenlich möchte gehaltten werden.

III. Ob wir dann gleichwol, zu verhüttung allerleÿ nachreden, die wir schon allberäitt haben hören müßen, vnd erhaltung gutten willens bey der Gemäin, gern haben vnd sehen wöllen, dasz die Orgel nicht nur beÿ fürnemer vnd reicher, sondern auch beÿ gemäiner vnd armer Leütten Hochzeitten (welche gemäinlich auff den Monntag gehaltten werden) geschlagen werde: Jedoch, wann sich solliche Leütte finden möchten, die dann selbiges, so wol alß auch ettwan dem blasen auff dem thurm, nichts nachfrageten, oder von wegen Zugestandnen läids, oder auß anderen vrsachen, daßselbige nicht gern haben woltten, oder von wegen dasz sie sich in vnehren mitteinander vergangen, oder sonsten vnehrbarlich gehandelt, deßen nicht würdig wären, vnd dieweil wir auch gnugsamen bericht haben, dasz an allen anderen, auch den benachbarten ortten, die leütte, welche Hochzeitt haltten sollen, wann sie wöllen, dasz bey iren Hochzeitten die Orgel geschlagen werde, daßselbige zuvor von dem Organisten begeren, vnd ime auch deßwegen, nach ihrem vermögen, eine verehrung thun müßen, So möchte solliches, vnsers geringfügigen erachtens, auch beÿ vns allhie auff einem sollichen wege (welches auch mitt dem blasen auff dem Thurm gehaltten wirdt) gerichtet werden. Vnd doch darneben dem Organisten eingebunden, dasz Er keinen ehrlichen leütten (sie seÿen gleich reich oder arm) die Orgel bey iren hochzeitten zuschlagen versagen, sondern (wo nicht sonderbäres bedenken fürhanden) auff ir begeren alßbald darein bewilligen, vnd dasz Er auch deßhalben die Leütte nicht beschwären noch zu vil von inen forderen, sondern sich deßen, so ime guttwillig gegeben, oder aber von einem ehrsamen Rath bestimmet wurde, wol genüeges laßen soltte. Daßselbige dörffte auch so gar vil nicht sein, sonder es möchte, nach dem Exempel anderer Stätten, von den armen gemäins leütten ohngefahrlich mitt fünff oder sechs batzen, oder einem halben gulden, verrichtet werden.

In welchem stück aber, wie auch in allen andere vorgemeldten, wir einen Ehrsamen Rath, vnseren gebiettenden günstigen Herren, nicht vorgreiffen, noch ordnung geben wöllen, sonder wir zäigen allein vnser einfaltiges bedenken an. Darzu vns auch das beweget, dasz wir darfür haltten, dasz, was dem Organisten, deß Orgelschlagens halben beÿ den Hochzaitten, auff itzgemeldte weise etwas bestimmet, vnd von einem ieden Bräuttigam gegeben würde, so köndte Er sich mitt seiner Jahrbesoldung desto beßer begehn, vnd würde auch vil desto williger vnd lustiger sein.

IIII. Ob dann, für das lezste, auch etwan an anderen tagen, vnd sonderlich amm Donnerstag, nach dem die predig vnd das Gebätt vollendet, vnd der Segen gesprochen, ein stück auff der Orgel soll geschlagen werden, alß wie es an ettlichen anderen ortten pfleget zugeschehen, daßselbige, so wol alß vorgemeldtes alles, soll E. E. vnd f. E. W. von vns allerdings häimgestellet sein, welche wir auch hiermitt Göttlichen gnaden wöllen befolhen haben.

E. E. f. E. W. vnterthänige Diener amm Wortt Gottes, allhie zu Memmingen.[70]

Die Einweihung der Orgel – Johannes Langs Orgelpredigt (27. November 1599)

Seine Orgelpredigt hielt der Superintendent im Gottesdienst am 25. Sonntag nach Trinitatis, womit der letzte Sonntag im Kirchenjahr gemeint sein dürft, welcher 1599 auf den 27. November fiel. Deutlich erklärt Lang zu Beginn, er spreche nach dem […] in dieser vnserer schönen Pfarrkirchen ein herrliches wollauttendes Orgelwerck ist zugerichtet/ vnd nunmehr vollendet/ darzu auch beschlagen/ probiert/ bewehrt/ vnd herrlich gut erfunden worden.[71] In seiner Predigt erwähnt Lang außerdem, dass er der Gemeinde im Vorfeld des Orgelbaus versprochen hatte, sich ausführlich zu dem Instrument zu äußern: Deßwegen ich dann vor dieser zeit mich mit wolbedachtem Sinn vnd Mut offentlich auff dieser Cantzel hab vernemen lassen/ daß ich/ so es Gott geliebe/ zu seiner zeit/ wann solches Werck verfertiget werde/ von demselben/ notwendigen gründtlichen vnd Christlichen Bericht thun wölle.[72] Schon zuvor also hatte Lang die Kanzel genutzt, um für den Bau der Orgel zu werben und darüber zu berichten. Seine Predigt sollte den Gläubigen nochmals vorführen, in welcher Weise sie dem neuen Instrument begegnen sollten: was er von solchem Orgelwerck halten/ mit was Augen er dasselbige anschawen/ mit was Ohren er es hören/ vnd was er auch sonsten sich darbey erinnern solle.[73] Gleichzeitig besaß die Predigt, die Lang sorgsam ausgearbeitet und mit fleiß geschrieben[74] hatte, auch die Funktion einer feierlichen Weihehandlung. Der Geistliche umschreibt dies in seinem Brief vom 29. Januar 1602, wenn er formuliert, er habe die Predigt gleichsam zu einweihung vnserer Neüen Orgel, nach dem dieselbige probiret worden, gehalten[75].

In der Predigt greift der Pfarrer mehrfach auf die Supplik vom 18. Januar 1598 zurück. Wörtlich übernommen wird die Formulierung:

Daß es nämlichh zum allerersten vnd am allermeisten solle dienen zum Lob vnd Preiß Gottes des Allerhöchsten vnd Hochgelobten/ als zu welchem Lob wir Menschen nicht allein anfänglich erschaffen/ sondern auch durch den Sohn Gottes thewer erkaufft vnd erworben seind. Vnd werden auch von Gott dem heiligen Geist/ durch sein heiliges Wort vielfältig vnd ernstlich darzu vermahnet. Sonderlich aber geschicht dasselbige durch den König vnd Propheten Dauid/ nicht allein in dem jetzt verleßnen letsten/ sondern auch in andern vielen seiner Psalmen.[76]

Auch die zentralen Bibelstellen (Psalm 150 und Sirach 40), die in der Supplik zitiert wurden, kehren im einleitenden Teil der Predigt wieder[77] und werden ausführlich erörtert. Aufgenommen hat Lang außerdem den Passus über den Orgelsturm:

daß in dem finstern Papstthumb der meiste Theil des vermeindten Gottesdiensts/ sonderlich bey der Meß/ mit vergebenlichem Gesang vnd Klang/ ohne Verstand/ Glauben vnd Andacht ist verrichtet/ vnd darneben die reine heilsame Lehre des Göttlichen Worts/ die rechte Außspendung der heiligen Sacramenten/ vnnd die wahre Anrüffung Gottes/ vnterlassen vnd versaumet worden: Jedoch/ wie man von wegen solches Mißbrauchs/ die Kirchen/ in welchen derselbige getriben worden/ nicht hat sollen abbrechen vnnd darnider reissen: Also hatte man auch die Musicam vnd die Orglen wol können/ vnd billich sollen stehen vnnd bleiben lassen/ als die für sich selber der wahren Religion vnnd dem reinen Gottesdienst nicht entgegen vnd zuwider gewesen. In massen sie dann an denen Orten/ vnd bey denen Kirchen/ da nicht/ gleichsam mit der Breitaxt/ reformiert/ vnd das Kind sampt dem Bad außgeschüttet/ sondern recht vnd ordenlich reformiert worden/ auffrecht geblieben/ vnd zu dem wahren Gottesdienst verordnet seind: Zu welchem sie auch noch heutigs Tags löblich vnd fruchtbarlich gebraucht werden.

An andern Euangelischen Orten aber/ vnd fast bey allen der reinen Augspurgischen Confession zugethonen namhafften Stätten vnd Pfarrkirchen/ seind/ die durch die erste vnordenliche vnnd vngestümme Reformation, auß vnwissendem Eyffer zerbrochne vnd darnider gerißne Orglen/ durch Christliche Obrigkeiten (nach dem dieselbige bessern Bericht hieuon empfangen) der Kirchen restituiert/ vnd von newem wider auffgerichtet worden. Dessen wir auch in den benachbarten Euangelischen Stätten namhaffte Exempla haben.[78]

Im sich anschließenden Teil dient immer noch die Supplik als Vorlage. Allerdings wurde der Abschnitt vnd zum thäil auch fürtrefflicher hochbegaabter Theologorum, welche, so wol alß die Christliche Regenten vnd Oberherren, zweifelsohne durch einen erheblich längeren Einschub ersetzt.[79] Die Rahmenteile des Absatzes blieben jedoch erhalten:

Vnd daßselbige ist fast allenthalben geschehen, mitt bitte, begeren, ermanen vnd Zuthun der Vorstehern vnd Dienern der Christlichen Kirchen,

[vnd zum thäil auch fürtrefflicher hochbegaabter Theologorum, welche, so wol alß die Christliche Regenten vnd Oberherren, zweifelsohne]

gesinnet gewesen, vnd noch seind, hiemitt sich von den Zwinglischen Schwermern, welche die Orglen vnd zumall alle Music in der Kirchen nicht leiden wöllen, abzusönderen, vnd die Kirchengütter zu irem rechten äigentlichen nutz, darzu sie gestifftet seind, wol anzulegen, vnd mitt demselbigen, so vil immer möglich, alles das fürzunemen vnd anzurichten, das zum Lobe vnd Preis Gottes, zu erbawung der Kirchen, zu erwerkung christlicher andacht, vnd zu ermunderung christlicher Herzen nutzen vnd dienen mag.[80]

In lexikalischer Hinsicht fällt auf, dass der Begriff Zwinglianer in der Predigt vermieden wird. An seiner Statt erscheint die Wendung Schwermer vnnd Rottengeister[81]. Auch der Orgelsturm, dem einst die Memminger Orgel zum Opfer gefallen war, wird auf der Kanzel nicht mehr erwähnt.

Eine weitere theologische Quelle, auf die sich Lang beruft, wurde veröffentlicht, kurz nachdem der Orgelbau vom Memminger Stadtrat beschlossen worden war. Für Lang, der auf die gottesdienstliche Praxis in den Nachbargemeinden und den anderen lutherischen Reichsgebieten verweist, um den Gebrauch der Orgel zu rechtfertigen, bedeutete die vor einem Jahr/ allererst in offentlichem Truck außgegangnen Straßburgischen Kirchenordnung[82] eine wichtige Argumentationshilfe. Die auf Antrag des Straßburger Kirchenkonvents vom 12. November 1597 in Auftrag gegebene, unter Leitung von Johannes Pappus zügig ausgearbeitete und am 12. Januar 1598 bewilligte Kirchenordnung wurde im März 1598 gedruckt.[83] Sie trat offiziell am 9. April 1598 in Kraft. Mit 375 Druckseiten stellt sie eine der längsten Kirchenordnungen der Zeit dar, die mehrere weitgehend unveränderte Auflagen erleben sollte (1601, 1603 und 1605). Der zweite Teil behandelt Gottesdienste, Sakramente und Kasualien und bietet dabei eine Besonderheit: Erstmals sind in der Kirchenordnung von 1598 der Gemeindegesang und das Orgelspiel eingehend geregelt. Beide werden gegen diejenigen verteidigt, die sie als eitel Ba ͤpstischen Saurteig aus der Kirche verbannen wollen.[84]

Es ist nicht auszuschließen, dass Johannes Lang in der neuen Publikation den Hinweis auf die zwei Stellen der Paulus-Briefe vorfand,[85] die als wichtige Belege für die Bedeutung des Singens im Neuen Testament in die Predigt eingearbeitet sind[86], während sie in der Supplik noch keine Erwähnung fanden. Explizit zitiert Lang außerdem den folgenden Abschnitt der Kirchenordnung:

Was aber die Musicam figuratam und die Orgeln anbelanget, Bringet es die Erfahrung selbst mit, das dadurch der Zuhörenden Hertzen und Gemüte ermuntert und erfrischet werden, Gott, den Herrn, auch mit ihrem Mund unnd Gesang desto frölicher zu loben und zu preisen. Jedoch soll in allweg dahin gesehen werden. Das solche figurata musica und das Orglen weder das gemeine Gesang der gantzen Kirchen noch den ubrigen Gottesdienst mit Predigen und Betten verhindere und zulang auffhalte.[87]

Einen Schwerpunkt der Orgelpredigt bildet die Darstellung der instrumentalen Musizierpraxis in der Bibel. Lang verknüpft seine Erzählung mit Hinweisen auf das Bild- und Inschriftenprogramm des Memminger Lk KunstwerkKuhl, H. ; unbekannt: Orgelprospekt der Sartorius-Orgel Memmingen (1599) Orgelprospekts. Von diesem sind heute nur noch einzelne Fragmente erhalten. Mithilfe der Orgelpredigt lässt sich der Inhalt der verlorenen Bestandteile erschließen.

Der Druck der Orgelpredigt (Juni 1601 – Januar 1602)

Gut unterrichtet sind wir über die Umstände, die zum Druck von Johannes Langs Orgelpredigt führten. Eine Veröffentlichung war ursprünglich nicht beabsichtigt. Das Werk erschien erst mehr als zwei Jahre nach der Einweihung des Instruments. Die Anregung dazu hatte der Tübinger Theologe Professor Lb PersonHafenreffer, Matthias (1561–1619) Matthias Hafenreffer gegeben. Darüber berichtete Lang am 29. Januar 1602 in einem Brief an die Bürgermeister und den Rat der Stadt Memmingen:

An die Edle Ehrnveste fürsichtige Ehrsame vnd weise Herren Burgermäister vnd Rhat der Reichs Statt Memmingen, seine gebiettende günstige Herren, vnterthänige Schrifft Johann Langen, pfarrers daselbst. Übergeben den. 29. Januarij, anno. 1602.

Edel vnd fest, Ehrenvest, fürsichtig, Ehrsam vnd weise gebiettende günstige Herren Burgermäister vnd Rhatgeber, daß E. v. E. F. E W. kurzverstrichener Zeitt mir, von wegen meiner vom Ehrdbidem gehalttenen vnd darnach getruckten vnd E. E. F E W. zugestellten predigt, ein gar günstige reichliche verehrung gethan haben, deßen thu ich mich nochmalen ganz vnterthänig vnd hochfleißig bedancken, vnd ist mein sinn vnd will gar nicht, E. E. f. E. W. mitt dergleichen außgaaben ferner zubeschwären, sondern vil mehr für die empfangene gaab mich danckbar zuerzeigen.

Nach dem nun der Ehrwürdige vnd hochgelehrte Herr Matthias Hafenreffer, der häiligen Göttlichen Schrift Doctor vnd Professor bey der Hoch Schul zu Tübingen, mein besonders günstiger Herr vnd Bruder in Christo, als er im Sommer, acht tag vor dem häiligen Pfingsttag, allhie gewesen, vnd auch in vnser pfarrkirchen kommen, vnd vnser ganzes Kirchenwesen, vnd auch insonderheit von der Music vnd Orgel, gar wol gefallen lassen, vnd ich ihme, als er zu mir in meinen sachen in meiner studier=stuben auch mein predigt die ich vor dieser Zeitt gleichsam zu einweihung vnserer Neüen Orgel, nach dem dieselbige probiret worden, gehalten, vnd damals mit fleiß geschrieben, gezäiget hab, welche er alßbald zulesen begeret, vnd darnach mitt sich gehn Tübingen gefüret, vnd daselbst in die Buchtruckerey überanttworttet, vnd vor wenigen tagen mir ettliche gar fleißig vnd ordenlich getruckte exemplaria derselbigen zugeschickt hatt, für welche er nicht fordern will: so kan vnd soll ich nicht vnterlassen, zuvorderst Euren Ehrnvesten vnd fürsichtig Ehrsam Weisen vnd dann auch anderen meinen günstigen leütten, deßgleichen meinen Mittbrüdern, vnd gutten freünden, solliche meine predigt (alß welche ich nicht begere häimlich zu=halten) auch zu zustellen vnd mitt zutäilen, ganz vnterthänig bittend, E. E. vnd f. E. W. wöllen ihnen dieselbige günstig gefallen vnd belieben laßen, vnd nicht darfür haltten, daß ich hiemitt meinen äignen nutz oder eytele ehre suche, sondern wöllen viel mehr meinen schuldig trewen fleiß vnd mein dienstwilliges danck=bares gemütt hierauß erkennen, vnd mich sampt den meinen noch ferner, so wol alß es bisher geschehen, ihnen zu gunsten laßen befolhen seyn. Herwiederumb E. E. vnd f. E. W. vnd der ganzen mir anbefolhenen Kirchen, so vil mir Gott Gnad vnd Krafft verleihet, zudienen, vnd Gott für dieselbige zubitten, soll vnd will ich ieder Zeitt trew vnd geflißen gefunden werden.

E. E. f. E. W. vnterthäniger dienstwilliger Johannes Lang, Pfarrer allhie[88]

Der Brief macht deutlich, dass der Druck keine kommemorative Funktion besaß. Die Idee, die Predigt als Dokument eines wichtigen kollektiven Ereignisses zu veröffentlichen, war nicht vorhanden. Ohne den äußeren Anstoß durch den zufällig auf der Bildfläche erschienenen Hafenreffer, hätte Lang seinen Text wohl kaum an die Öffentlichkeit gegeben. Betrachtet man die anderen Publikationen des Memminger Superintendenten, so fällt auf, dass abgesehen von den üblichen Leichenpredigtdrucken und einigen akademischen Schriften nur eine einzige weitere thematische Predigt im Druck vorliegt. Dies ist die im obigen Brief erwähnte Erdbebenpredigt. Am 14. Sonntag nach Trinitatis 1601 gehalten, erschien diese Predigt noch im gleichen Jahr. Lang folgte damit einem aktuellen Trend: Auch die schwäbischen Theologen Lb PersonOsiander, Lucas (1534–1604) Lukas Osiander, Lb PersonOsiander, Andreas (1562–1617) Andreas Osiander, Lb PersonSigwart, Johann Georg (1554–1618) Johann Georg Sigwart, sowie der Marburger Professor Lb PersonMolther, Johannes (1561–1618) Johannes Molther beschäftigten sich mit der Naturkatastrophe und ließen ihre Predigten zu diesem Anlass etwa zur selben Zeit verlegen.[89] Bußpredigten über Erdbeben besaßen damals Konjunktur.[90] Bei Musikpredigten lag ein allgemeines Leserinteresse anscheinend weniger auf der Hand, weshalb Lang das Manuskript der Memminger Orgelpredigt zunächst in seiner Studierstube verwahrte.

Johannes Lang versah den Druck seiner Predigt nicht mit einer Widmung und erwartete vom Rat der Stadt Memmingen ausdrücklich keine finanzielle Gratifikation für die Überreichung des Drucks, wie es sonst oft üblich war. Der Spiritus rector des Drucklegungsprojektes war Langs Bericht zufolge der einige Jahre jüngere Matthias Hafenreffer (1561–1619), seit 1592 Professor der Theologie an der Universität Tübingen.[91] Hafenreffer war in zweiter Ehe mit Lb PersonBesserer, Euphrosyne (vor 1600 – nach 1608) Euphrosyne Besserer, der Tochter des Memminger Ratsherrn Georg Besserer, verheiratet. Diese familiäre Beziehung war vermutlich der Grund seiner Anwesenheit in Memmingen, wo er beim Besuch des Gottesdienstes am 3. Juni 1601 auf die besonders gut eingerichtete Kirchenmusik aufmerksam geworden war. Wie an anderer Stelle bereits ausgeführt,[92] dürfte es primär die neue und originelle Thematik gewesen sein, die Hafenreffer auf die Idee brachte, die Orgelpredigt drucken zu lassen. Der Tübinger Drucker Lb PersonGruppenbach, Georg (nach 1571 – 1606) Georg Gruppenbach hat den Text unentgeltlich in sein Sortiment aufgenommen. Dass er vier Jahre später erneut eine Orgelpredigt herausbrachte, Lc PredigtautorAnwander, Georg (ca. 1559 – 1622) Georg Anwanders ganz ähnlich betitelte La OrgelpredigtChristliche Predigt (Tübingen 1606) M Christliche Predigt Von der Vocal vnd Instrumentalischen Music (Tübingen 1606), spricht für den Erfolg der ersten gedruckten Orgelpredigt.

Wirkung

Zeugnisse einer direkten inhaltlichen Rezeption von Langs Orgelpredigt sind nicht bekannt – sieht man einmal von der Person Matthias Hafenreffers ab, der sich für das Manuskript interessierte und die Publikation des Textes anregte. Von späteren Orgelpredigtautoren wird der Text nicht erwähnt. Aufgrund der geographischen und zeitlichen Nähe wäre eine Kenntnis der Memminger Orgelpredigt vor allem in Kaufbeuren und Ulm denkbar, wo Georg Anwander 1605 und Conrad Dieterich 1624 ebenfalls Orgelpredigten hielten. Auch nach Augsburg, wo Lb PersonPistorius, David (ca. 1566 – 1619) David Pistorius am 6. Mai 1612 eine Predigt zur Einweihung der neuen Orgel in der Kirche Zum Heiligen Kreuz hielt,[93] besaß Johannes Lang Kontakte.[94] Die als Druck überlieferten Werke Georg Anwanders und Conrad Dieterichs unterscheiden sich jedoch deutlich von Langs La OrgelpredigtChristliche Predigt (Tübingen 1602) M Christlicher Predigt. Ein nachweisbarer Dialog mit dem Vorgänger findet hier nicht statt.

In seinem Brief vom 29. Januar 1602 schrieb Lang nach dem Erhalt der druckfrischen Belegexemplare seiner Predigt, er beabsichtige Euren Ehrnvesten vnd fürsichtig Ehrsam Weisen vnd dann auch anderen meinen günstigen leütten, deßgleichen meinen Mittbrüdern, vnd gutten freünden, solliche meine predigt (alß welche ich nicht begere häimlich zu=halten) auch zu zustellen vnd mitt zutäilen. Von einer solchen für die Kasualdrucke der Frühen Neuzeit typischen Verbreitung durch den Autor haben sich heute keine direkten Spuren erhalten.

Dennoch weisen die erhaltenen Exemplare von Langs Orgelpredigt deutliche Bezüge zum unmittelbaren Rezeptionskontext dieses Werks auf. Eine besonders authentische Überlieferungssituation findet sich in der Sammlung der Ehemals Reichsstädtischen Bibliothek Lindau. Diese Bibliothek wurde 1538 gegründet, zunächst als Bildungseinrichtung für die Bürger der Reichsstadt. Zum Ende des 16. Jahrhunderts hin trat jedoch die öffentliche Nutzung in den Hintergrund. Die Bücher dienten primär als Fundus für die Lindauer Theologen und Prediger.[95] So lag auch die Leitung der Bibliothek in der Hand eines Pfarrers, der für Buchanschaffungen zuständig war und eine inhaltliche Zensur ausübte. Grundsätzlich hielt man sich damit an das für diese Zeit prägende Prinzip der obrigkeitlichen Reglementierung in Glaubensfragen[96]. Zu Langs Zeit wirkte als Bibliothekar der Lindauer Prediger Samuel Lins (1538–1616, Bibliothekar seit 1574).[97]

Zeitgenössische Predigten bildeten aufgrund der theologischen Ausrichtung einen wichtigen Sammelschwerpunkt. Werke von Memminger Pfarrern, die man auch in den Sammelbänden K II 383 und K II 417 findet, gelangten zum einen in die Lindauer Bibliothek, weil sie bei dem hier von 1592 bis 1620 tätigen Drucker Lb PersonBrem, Hans Ludwig (1559–1623) Hans Ludwig Brem gedruckt worden waren und als Pflichtexemplare verwahrt wurden.[98] Brem hatte die erste Druckerei in Lindau gegründet. Offenbar wurde die Stadt daraufhin auch für Memminger Autoren eine wichtige Anlaufstelle. Insbesondere Leichenpredigten wurden in diesem gut erreichbaren Ort, zu dem es traditionell eine enge Verbindung gab, gedruckt. Neben Johannes Lang haben so auch sein Bruder David Lang sowie weitere Memminger Pfarrer der Zeit wie Michael Laminit oder Johann Hafner ihre Werke Brem anvertraut.[99] Zum anderen darf man vermuten, dass es persönliche Kontakte zwischen Memminger und Lindauer Geistlichen gab. Ob Lang seine Orgelpredigt unter anderem günstigen leütten oder Mittbrüdern in Lindau schickte oder ob die Initiative zum Erwerb des Drucks von der Bibliothek ausging,[100] lässt sich heute nicht mehr feststellen. Jedenfalls aber befindet sich die Langsche Orgelpredigt in Lindau noch immer am primären Destinationsort.

Die Exemplare des Werks, die in Bibliotheken in Augsburg, Erfurt, Freiburg und Regensburg zu finden sind, stammen dagegen ursprünglich aus anderen, privaten Sammlungen und sind teils über mehrere Stationen an ihre heutigen Aufbewahrungsorte gelangt. Als Erstbesitzer lassen sich der Holzgerlinger Pastor Lb PersonZeiter, Georg Georg Zeiter (Exemplar Regensburg) und Lb PersonBreitmaier, Ludwig (1568–1615) Ludwig Breitmaier (Exemplar Freiburg), ein Schwiegersohn Lukas Osianders, der als Pfarrer in Waiblingen tätig war, identifizieren. In ihrer inhaltlichen Zusammenstellung sind die drei Konvolute aus Erfurt, Freiburg und Regensburg auffallend ähnlich. Sie umfassen schwerpunktmäßig Erzeugnisse des Tübinger Druckers Georg Gruppenbach aus den Jahren 1601/02. Man kann daher vermuten, dass auch der Erfurter Band ursprünglich aus dem Besitz eines schwäbischen Pfarrers stammte. Besonders auffällig ist die in allen drei Konvoluten wiederkehrende Kombination der Langschen Orgelpredigt mit den drei Erdbebenpredigten von Lukas Osiander, Andreas Osiander und Johann Georg Sigwart. Die Orgel als technisches Wunderwerk rückt hier so in eine Rezeptionslinie zu den bedrohlichen, schwer erklärlichen Naturkatastrophen, die die Zeitgenossen als Mahnzeichen Gottes interpretierten.

Der Augsburger Band ist mit 46 enthaltenen Drucken sehr viel umfangreicher. Er ist als ein professionelles Werkzeug gestaltet, in dem mehrere offenbar theologisch interessierte Leser Nutzerspuren hinterlassen haben. Die darin enthaltenen Kasualpredigten sind ebenfalls überwiegend in Tübingen gedruckt worden (36 Werke). Es dominieren jedoch ältere Drucke der 1570er (11) und 1580er (30) Jahre. Nur vier Predigten, darunter Langs Orgelpredigt und zwei Texte von Conrad Dieterich, sind nach 1600 entstanden. Die Autoren stammen wie in den anderen Bänden auch aus Württemberg und den schwäbischen Reichsstädten. Am stärksten vertreten sind der schwäbische Theologe Lukas Osiander mit acht und die Tübinger Professoren Jakob Heerbrand und Jakob Andreä mit neun bzw. vier Texten. Das nicht vor 1619 hergestellte Augsburger Konvolut, das zeitlich und regional den kleineren Predigtbänden aus Erfurt, Regensburg und Freiburg nahe steht, führt recht gut vor Augen, in welcher Weise man einzelne Kasualpredigtdrucke in eine inhaltlich schlüssige Ordnung zu bringen versuchte. Der Besitzer, der den Band sorgsam anlegte, mit einer durchgehenden Seitenzählung und einem gut strukturierten Inhaltsverzeichnis versah (siehe Exemplarbeschreibung), stellte einen großen Komplex mit Predigten zum Kirchenjahr an den Anfang. Nach zahlreichen Predigten zu den Weihnachtsfeiertagen, Neujahr, der Fastenzeit, den Sonntagen Laetare und Vocem Jucunditatis, Himmelfahrt, Trinitatis und Peter und Paul folgen allgemeinere homiletische Erörterungen über das Abendmahl und die Taufe. Nach dieser großen Gruppe schließt sich eine kleine Abteilung mit vier Einweihungspredigten an. Es fällt auf, dass in dieser Sektion gleich zwei der sonst nur schwach vertretenen jüngeren Drucke auftreten - ein Hinweis auf die verhältnismäßig späte Herausbildung dieser Predigtgattung. Von den Einweihungspredigten führt ein weiterer thematischer Schritt zur Gruppe der Katastrophenpredigten, die hier über Blitzeinschläge, Kometen, Hagelschäden und die Pest berichten. Zwar fehlt die Erdbebenthematik, doch die Predigt anlässlich der Hinrichtung des ehemaligen sächsischen Kanzlers und Kryptocalvinisten Nikolaus Krell, die sich hier findet, ist auch Bestandteil des Erfurter Bandes. Insgesamt bildet das Augsburger Konvolut für die Überlieferungsgeschichte von Orgelpredigten eine wichtige frühe Etappe der Kontextualisierung ab.

Während die heute noch vorhandenen Exemplare von Langs Orgelpredigt in die Lebenszeit des Autors zurückführen, ist über ein späteres Nachwirken des Textes nichts bekannt. Auch in Forschungen zur Memminger Stadt- und Musikgeschichte fand Langs Orgelpredigt nur wenig Beachtung. Die erste Erwähnung des Drucks begegnet in Philipp Jakob Karrers Ln LiteraturKarrer, Memminger Kronik (1805) M Memminger Kronik, die unter Johannes Langs publizierten Schriften vier Leichenpredigten, die Orgelpredigt sowie die lateinische Magisterthese auflistet.[101] Auch Friedrich Braun hatte 1930 Zugriff auf ein Exemplar der Orgelpredigt. Er nennt ihren Titel, bezieht sich auf einige der darin enthaltenen Angaben zum Bildprogramm der Orgelflügel und führt ein kurzes Zitat daraus an.[102] Bibliographisch erfasst wurde das Werk dann in seiner Eigenschaft als musiktheoretische Quelle durch RISM.[103]

Dass es sich um die früheste Orgelpredigt handelt, wurde 2014 erkannt.[104] Der Text begegnet danach in mehreren musikwissenschaftlichen bzw. theologischen Abhandlungen. Hervorgehoben wird er als eine Quelle zum Orgelsturm,[105] als Predigt über Psalm 150,[106] und als Beschreibung des nur noch fragmentarisch erhaltenen Memminger Orgelprospekts.[107] Joyce L. Irwin bezieht sich auf zwei Passagen in Langs Predigt (S. 8f. und S. 15), in denen der Autor die Beurteilung der musikalischen Instrumente bzw. der Orgel ausdrücklich von der moralischen Bewertung ihrer Erfinder trennt: Johannes Lang, the earliest of the writers under consideration here, assured his listeners that there was no cause to reject organs just because Lb PersonJubal Jubal was descended from godless Lb PersonKain Cain rather than faithful Lb PersonSet Seth. The arts he invented, like all such outward gifts and arts, are a gift of God, regardless of the degree of faith of the one practicing the art. Lang later made the same point in relation to Pope Vitalian, who was said to have introduced organs into the Roman Church; even if this or any other pope had invented organs, which is not the case, they are not to be rejected on the grounds of such an association.[108]

Johann Anselm Steiger beruft sich ebenfalls einige Male im Zusammenhang mit seiner Interpretation des Orgelprospekts im Le Geographicumg Gebäude: Lüneburg, Kloster Lüne Kloster Lüne auf Lang. Zum Bildprogramm gehört dort eine Illustration des Verses Sirach 43,32 (Ly BibelstelleJesus Sirach 43,32 Lobet und preiset den Herrn, so hoch ihr vermögt), den auch Lang in seine Predigt einbezieht. Steiger weist auf die bestehende Auslegungstradition der Stelle aus dem apokryphen Buch Jesus Sirach hin, die ebenso wie Sirach 44 in mehreren Orgelweihpredigten herangezogen wurde.[109] Langs Text liefert außerdem einen Beleg für das Weiterleben der schon von Luther (und Vorgängern) vertretenen Auffassung, das weihnachtliche Gloria in excelsis Deo sei von den Engeln gesungen worden.[110]

Quellenbeschreibung

Von Johannes Langs Predigt gibt es nur eine Ausgabe – den im Januar 1602 von Georg Gruppenbach in Tübingen besorgten Druck. Er bildet die einzige Quelle für die Edition.

Es handelt sich um einen Druck im Quartformat. Er besteht aus einem ungezählten Blatt mit dem Titel, dem 28 paginierte Seiten folgen. Alle konsultierten Exemplare besitzen ein Vorsatzblatt am Ende des Drucks. Die vorhandenen 16 Blätter ergeben damit zwei Druckbögen mit der Signaturformel A1-D4.

Der Druck ist insgesamt äußert schlicht gestaltet. Lediglich auf dem Titelblatt befindet sich eine Vignette, die das Christuslamm mit einer Kreuzesfahne abbildet. Dabei handelt es sich um eine Variante des Buchdruckersignets, das Georg Gruppenbach von seinem Vorgänger, dem Tübinger Drucker Ulrich Morhart übernommen hatte.[111]

Die Predigt enthält weder eine Widmung, noch ein Vorwort. Es gibt keine Gliederung in Teile oder Kapitel. Eine wichtige Rolle für die Visualisierung der inhaltlichen Struktur spielen stattdessen die Marginalien, die nicht nur zum Nachweis von Bibelstellen oder anderen zitierten Quellen dienen. Wenn auch hierarchisch nicht ganz konsequent eingesetzt, ergeben sie doch einen Überblick über den Aufbau der Predigt.

Sechs Exemplare des Drucks konnten ermittelt werden. Nachgefragt nach einem Exemplar der Langschen Orgelpredigt wurde auch im Stadtarchiv Memmingen, da der Autor seinen Druck dem Rat der Stadt Memmingen geschenkt hatte. Der Titel ist dort nicht bekannt, allerdings ist der Buchbestand des Archivs nicht systematisch erschlossen, weshalb gerade Gelegenheitsschrifttum kaum auffindbar ist. Ein späterer Fund des Werks ist also nicht auszuschließen.

Fünf der bekannten Exemplare des Werks konnten für die Edition untersucht werden. Vier wurden im Original eingesehen, das fünfte Exemplar aus dem Bestand der Universitätsbibliothek Freiburg lag in digitalisierter Form vor.

Nachgefragt nach einem Exemplar der Langschen Orgelpredigt wurde auch im Stadtarchiv Memmingen, da der Autor seinen Druck dem Rat der Stadt Memmingen geschenkt hatte. Der Titel ist dort nicht bekannt, allerdings ist der Buchbestand des Archivs nicht systematisch erschlossen, weshalb gerade Gelegenheitsschrifttum kaum auffindbar ist. Ein späterer Fund des Werks ist also nicht auszuschließen.

Sämtliche bekannte Exemplare des Werks konnten für die Edition untersucht werden. Vier wurden im Original eingesehen, das fünfte Exemplar aus dem Bestand der Universitätsbibliothek Freiburg lag in digitalisierter Form vor (urn:nbn:de:bsz:25-digilib-95236).

Als Hauptquelle dient das digitalisierte Exemplar aus dem Besitz der Staatlichen Bibliothek Regensburg, urn:nbn:de:bvb:12-bsb11065859-8.

Die Exemplare Erfurt, Freiburg, Lindau und Regensburg weisen keine Nutzerspuren auf.

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Vgl. Figel, Reformatorischer Predigtgottesdienst (2013), S. 174–177. Aus musikhistorischer Sicht beschreibt diesen Vorgang insbesondere Klaus Wolfgang Niemöller, vgl. Niemöller, Untersuchungen zu Musikpflege (1969), S. 532ff. Für den Hinweis auf diese Studie, die wichtige Informationen zur Entwicklung der kirchenmusikalischen Praxis im südwestdeutschen Raum enthält, danke ich Frau Barbara Eichner sehr herzlich.
  2. Nach Möller, Zwick (1961), S. 159.
  3. Vgl. die ausführliche Besprechung der Memminger Gottesdienstordnung in ihrer Relation zu den Verhältnissen in Konstanz und Le Geographicumf Ort: Zürich Zürich bei Figel, Reformatorischer Predigtgottesdienst (2013), S. 258–268.
  4. Sehling, Kirchenordnungen Bayern: Schwaben (1963), S. 240.
  5. Sehling, Kirchenordnungen Bayern: Schwaben (1963), S. 240.
  6. Sehling, Kirchenordnungen Bayern: Schwaben (1963), S. 245.
  7. Vgl. zu den langanhaltenden Vorbehalten gegen Kirchenmusik und Gemeindegesang in der reformierten Kirche Greyerz, Reformiertentum (2012), bes. S. 333.
  8. Vgl. Körndle, Liturgisches Orgelspiel (1999); Küster, Musik im Namen Luthers (2016), S. 35.
  9. Vgl. Davies, Destroying the Devil’s Bagpipe (2003).
  10. Vgl. Kaufmann, Konfession und Kultur (2006), S. 157–204.
  11. Vgl. Jakob, Orgelbau im Kanton Zürich 1 (1971), S. 53.
  12. Vgl. Unold, Geschichte der Stadt Memmingen (1826), S. 141; Ehrhart, St. Martin in Memmingen (1846), S. 86; Fischer/Wohnhaas, Orgel St. Martin in Memmingen (1988), S. 8; Jahn, »Geld und Glaube« (1998), S. 141; https://de.wikipedia.org/wiki/Orgel_von_St._Martin_(Memmingen).
  13. Schorer, Memminger Chronick (1660), S. 69.
  14. Dobel, Reformationswerk zu Memmingen (1877), S. 61, Anm. 100.
  15. Kimpel/Wintergerst, Memminger Chronik (Hs.), S. 245.
  16. Dobel, Reformationswerk zu Memmingen (1877), S. 38f.
  17. Dobel, Reformationswerk zu Memmingen (1877), S. 48.
  18. Litz, Reformatorische Bilderfrage (2007), S. 144–150.
  19. Vgl. Hoyer, Memminger Musikgeschichte (2001), S. 5.
  20. Die in der dritten Zeile des Briefs vorgenommenen Textkorrekturen mit Streichungen und Ergänzungen machen eine sinnvolle Entschlüsselung des Wortlauts unmöglich. Wiedergegeben ist der korrigierte Text, gestrichene alternative Formulierungen werden nicht rekonstruiert. Für die Übertragung dieser schwer entzifferbaren Quelle bin ich Archivar Christoph Engelhardt zu aufrichtigem Dank verpflichtet.
  21. Stadtarchiv Memmingen: A 360/9.
  22. Stadtarchiv Memmingen: A 360/9.
  23. Vgl. dazu ausführlich Braun, Orgel und Kirchenmusik (2017), S. 234–238.
  24. Vgl. Braun, Orgel und Kirchenmusik (2017), S. 235.
  25. Vgl. Braun, Orgel und Kirchenmusik (2017), S. 239.
  26. Vgl. zu diesem Zeitraum Frieß, Lutherische Konfessionalisierung (1999), S. 71-97; Kintner, Memmingen (1997).
  27. Vgl. Ammon, Pfarrer-Buch Memmingen (1978), S. 17, 53.
  28. Vgl. Frieß, Lutherische Konfessionalisierung (1999), S. 78.
  29. Vgl. Sehling, Kirchenordnungen Bayern: Schwaben (1963), S. 232.
  30. Vgl. Sehling, Kirchenordnungen Bayern: Schwaben (1963), S. 231f.
  31. Vgl. Kintner, Memmingen (1997), S. 490; Frieß, Lutherische Konfessionalisierung (1999), S. 78–83.
  32. Vgl. Ammon, Pfarrer-Buch Memmingen (1978), S. 16.
  33. Vgl. Frieß, Lutherische Konfessionalisierung (1999), S. 82f.
  34. Johannes Lang, Christliche Predigt, Von dem Ampt eines Evangelischen Predigers, Auß 2. Timoth. 4. Bey der Christlichen Leich un[d] Begräbnuß, deß […] Herrn, M. David Künlins , Lindau 1593, s. p.
  35. Vgl. Unold, Geschichte der Stadt Memmingen (1826), S. 195f.
  36. Vgl. Frieß, Lutherische Konfessionalisierung (1999), S. 84f.
  37. Sehling, Kirchenordnungen Bayern: Schwaben (1963), S. 232, das Dokument befindet sich in Nürnberg, Landeskirchliches Archiv, Reichsstadt Memmingen 18,2.
  38. Unold, Geschichte der Stadt Memmingen (1826), S. 181.
  39. Vgl. Karrer, Memminger Kronik (1805), S. 229; Ehrhart, St. Martin in Memmingen (1846), Anhang, S. 26.
  40. Jahn, »Geld und Glaube« (1998), S. 141.
  41. Vgl. Fischer/Wohnhaas, Lexikon süddeutscher Orgelbauer (1994), S. 338.
  42. Vgl. Meyer, Orgel und Orgelbauer in Oberschwaben (1941), S. 240f.
  43. Vgl. Stadtarchiv Memmingen, Ratsprotokolle 1575–1578, f. 114v–115r. Auch im Namensregister fehlt ein Hinweis auf Andreas Schneider.
  44. Unold, Geschichte der Stadt Memmingen (1826), S. 183. Dieselbe Passage hat – noch ausführlicher und in abweichender Übertragung – auch Philip L. Kintner zitiert, vgl. Kintner, Memmingen (1997), S. 475.
  45. Vgl. Kimpel/Wintergerst, Memminger Chronik (Hs.), f. 2r.
  46. Kimpel/Wintergerst, Memminger Chronik (Hs.), f. 5r, vgl. auch f. 6r über die Nachmittagspredigt.
  47. Vgl. die analogen Beobachtungen zur Einführung des Kantionalsatzes mit Unterstützung von Bläsern im württembergischen Raum, Niemöller, Untersuchungen zu Musikpflege (1969), S. 571-577.
  48. Schorer, Memminger Chronick (1660), S. 109.
  49. Es handelt sich um die Akte Bedenken der Schulherren, der Zinken und Posaunenblasers halber vom 27. August 1585, Stadtarchiv Memmingen: Schubl. 343,5 [aufgeführt im handschriftlichen Verzeichnis].
  50. Braun, Memminger Orgelgeschichten (1930).
  51. Vgl. zur Relevanz von Zinken- und Posaunenspielern Tremmel, Stadtpfeifer (2015).
  52. Vgl. Capitani, Musik in Bern (1993), S. 45.
  53. Lb PersonSchüssling, Abraham (vor 1577 – nach 1603) Abraham Schüssling, Brief an Bürgermeister Paul Keller, 3. September 1593, Stadtarchiv Memmingen: A 398/5.
  54. Vgl. Rechnungen der Preceptorey Pfleger alhie von dem 1592. bis uff das 1603. Jar, Stadtarchiv Memmingen: D 247/01c.
  55. Erwähnt wird der Orgelbau im Ratsprotokoll f. 81v–82r von diesem Tag jedoch nicht.
  56. Suplication Andreas Schneiders Orgelmachers von Luckh aus Niderlaußnitz. Den 20. feber anno 98, Stadtarchiv Memmingen: A 360/9.
  57. Auf diese Quelle beziehen sich schon Unold, Geschichte der Stadt Memmingen (1826), S. 201; Ehrhart, St. Martin in Memmingen (1846), S. 88; Fischer/Wohnhaas, Orgel St. Martin in Memmingen (1988), S. 9.
  58. Den 21. November [1599] kam Lb PersonHaßler von Roseneck, Hans Leo (1564–1612) Leo Haßler ein vortrefflicher Musicus Componist vnd Fuggerischer Organist zu Augspurg/ auff begehren eines Ehrs. Raths hieher vnd beschlug den 22. November die newe Orgel vnd befande sie gut.Schorer, Memminger Chronick (1660), S. 115.
  59. Die schmale Hassler-Forschung hat nur auf Schorer zurückgegriffen, vgl. Schmid, Haßler und seine Brüder (1941), hier S. 130.
  60. Stadtarchiv Memmingen: Ratsprotokoll vom 7. Dezember 1599, f. 141v.
  61. Rechnungen der Preceptorey Pfleger alhie von dem 1592. bis uff das 1603. Jar, Stadtarchiv Memmingen: D 247/01c, März 1600. Ebenso abgerechnet auch in D Bd. IX/72, f. 17r. Auf f. 16v werden mehrere Teilzahlungen aus dieser Summe erwähnt, die an Lb PersonHartlieb, Adam (vor 1585 – 1614) Adam Hartlieb ausgezahlt wurden. In der Literatur wird eine gerundete Summe von 5000 fl. genannt, vgl. Fischer/Wohnhaas, Orgel St. Martin in Memmingen (1988), S. 11.
  62. Vgl. Emmert, Mißtöne (1962).
  63. Stadtarchiv Memmingen: A 360/9.
  64. Emmert, Mißtöne (1962), S. 37.
  65. Georg Stammler, Supplication an den Stadtrat vom 15. Februar 1598, Stadtarchiv Memmingen: A 360/9.
  66. Lang/Hafner, Bedenken der Orgel vnd Organisten halbe (1598).
  67. Stadtarchiv Memmingen: Ratsprotokoll 12. April 1598, f. 89r.
  68. Vgl. Schallhammer, Schulwesen Memmingen (1953), S. 21, 78. Der neue Kantor ist noch durch eine Akte vom 25. November 1609 auf diesem Posten nachweisbar, vgl. Stadtarchiv Memmingen: A Schubl. 344/5.
  69. Auszüge aus dem Entwurf werden zitiert von Hoyer, Memminger Musikgeschichte (2001).
  70. Lang, Organistenordnung (1599).
  71. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 2. Auf diese Reihenfolge der Ereignisse verweist auch das Titelblatt mit der Formulierung: Zu Memmingen in der Pfarrkirchen/ zu S. Martin/ nach dem in derselben ein new Orgel zugerichtet vnd probiert worden/ Gehalten durch M. Johannem Langen.
  72. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 2.
  73. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 2.
  74. Lang, Brief an den Rat der Stadt Memmingen (1602) (siehe unten).
  75. Lang, Brief an den Rat der Stadt Memmingen (1602).
  76. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 3.
  77. Vgl. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 5.
  78. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 17.
  79. Vgl. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 18f.
  80. Supplication der Kirchendiener Memmingen (1598).
  81. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 18.
  82. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 19.
  83. Vgl. Dörner (Hrsg.), Kirchenordnungen Elsass: Straßburg (2011), S. 100–103.
  84. Dörner (Hrsg.), Kirchenordnungen Elsass: Straßburg (2011), S. 101.
  85. Vgl. Dörner (Hrsg.), Kirchenordnungen Elsass: Straßburg (2011), S. 602: Dann erstlichen vom Gesang zu reden, Haben wir desselben vielfaltige herrliche Bevelch und Exempla nit allein im Alten, Sondern auch im Newen Testament, Als Ephes. 5: Werdet voll Geistes und redet untereinandern von Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern. Singet und spielet dem Herrn in ewern Hertzen und saget danck allezeit für alles etc. Und Col. 3: Lasset das wort Christi unter euch reichlich wohnen in aller Weißheit. Lehret und vermahnet euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern und singet dem Herrn in ewerm Hertzen.
  86. Vgl. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 6.
  87. Dörner (Hrsg.), Kirchenordnungen Elsass: Straßburg (2011), S. 603; vgl. Christliche Predigt (Tübingen 1602), S. 20.
  88. Lang, Brief an den Rat der Stadt Memmingen (1602).
  89. Vgl. Mühleisen, Erdbeben (2015)
  90. Während Langs Erdbebenpredigt verhältnismäßig unbeachtet blieb, fällt auf, dass diejenige von Lukas Osiander 1601 bei Richtzenhan in Jena nachgedruckt wurde. 1602 erschien bei Gruppenbach erneut eine weitere Auflage. Dies deutet auf ein starkes temporäres Interesse hin.
  91. Vgl. Betz, RGG4, 3, Sp. 1373.
  92. Vgl. Lucinde Braun, Orgelpredigtdrucke in Regensburger Bibliotheken – Versuch einer mediengeschichtlichen Analyse, in: Katelijne Schiltz (Hrsg.), Musikalische Schätze in Regensburger Bibliotheken (in Vorbereitung).
  93. Vgl. Wohnhaas, Augsburger Orgelstreit (1967), bes. S. 26.
  94. So trägt das Wiener Exemplar der Lr QuellenLang, Oratio De Vita Et Morte (1588) M Oratio De Vita Et Morte, einer Gedenkrede auf den verstorbenen Vater Lb PersonLang, Johannes (1523–1581) Johannes Lang d. Ä., eine eigenhändige Widmung Langs von 1588 an Lb PersonNeuberger, Johannes (1531–1599) Christopher Neuberger.
  95. Vgl. Breitwieser, Stadtbibliothek Lindau (1996), S. 90.
  96. Breitwieser, Stadtbibliothek Lindau (1996), S. 92.
  97. Vgl. Breitwieser, Stadtbibliothek Lindau (1996), S. 73.
  98. Vgl. Breitwieser, Stadtbibliothek Lindau (1996), S. 54; Sporhan-Krempel, Lindauer Buchdrucker (1957), bes. S. 133–138.
  99. Die Produktion des Druckers Brem ist bibliographisch noch unerschlossen. Der Lindauer Bestand dürfte zahlreiche Unica enthalten. Siehe einige Nachweise in der Inhaltsangabe des Lindauer Konvoluts in den Exemplarbeschreibungen.
  100. Die Bibliothek verfügte für den Bestandsausbau über ein festes Jahresbudget, vgl. Breitwieser, Stadtbibliothek Lindau (1996), S. 46f.
  101. Vgl. Karrer, Memminger Kronik (1805), S. 292. Karrer führt den Titel weitgehend vollständig an, muss den Druck also gekannt haben. Er lässt Erscheinungsort und - jahr jedoch weg. Daher kann man vermuten, dass Erhard, Memminger Pfarrerbuch (1977), S. 56, die vage Angabe Weihepredigt für eine Orgel 1599 von Karrer übernommen hat, ohne dass ihm das Werk vorlag.
  102. Vgl. Braun, Memminger Orgelgeschichten (1930).
  103. Vgl. RISM B, 6-1, S. 479.
  104. Vgl. Braun, Orgelpredigt (2014), S. 16, 18.
  105. Vgl. Braun, Orgelpredigt (2014), S. 12f.
  106. Vgl. Braun, Orgelpredigt (2014), S. 18; Steiger, Orgelprospekt im Kloster Lüne (2015), S. 74.
  107. Vgl. Braun, Orgel und Kirchenmusik (2017), S. 250–261.
  108. Irwin, Preaching about Pipes (2015), S. 25.
  109. Vgl. Steiger, Orgelprospekt im Kloster Lüne (2015), S. 37–41.
  110. Vgl. Steiger, Orgelprospekt im Kloster Lüne (2015), S. 41.
  111. Vgl. Widmann, Tübingen als Verlagsstadt (1971), S. 46.

Exemplare

Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek (D-As): 4 H 479#(Beibd. 32

Beschreibung

Die Orgelpredigt befindet sich in einem umfangreichen Predigtkonvolut. Für den Pergamenteinband wurde Makulatur verwendet.[1] Der Inhalt ließ sich auf den ersten Blick nicht bestimmen, es scheint sich jedoch um einen pragmatischen Text zu handeln, möglicherweise einen Vertrag. Auf den Buchrücken wurde ein großes Marssymbol mit schwarzer Tinte aufgetragen.

Im vorderen Buchdeckel ist innen ein Exlibris mit Wappen eingeklebt. Am oberen Rand steht mit Bleistift die aktuelle Bandsignatur 4° H 479. Der Band hat vorne und hinten je drei Vorsatzblätter. Auf der Rectoseite des ersten vorderen Vorsatzblatts wurde in schwarzer Tinte vermerkt: von Halder | N. 1038a. Der Stempel Eigenthum der Stadt Augsburg findet sich auf dem Titelblatt des ersten enthaltenen Werks im unteren Drittel rechts sowie auf der letzten, unbedruckten Seite des letzten eingebundenen Werks.

Die moderne bibliothekarische Zählung der enthaltenen Werke beginnt mit der Nummer 1 beim zweiten, dem ersten Werk beigebundenen Druck. Diese Nummern wurden jeweils oben rechts auf den Titelblättern mit Bleistift in einem Kreis notiert.

Der gesamte Band besitzt eine durchgehende Foliierung in blasser Tinte. Die Zahlen sind von einer Hand geschrieben und befinden sich in der rechten oberen Ecke der Blattseiten. Die Zählung beginnt mit der Ziffer 1 auf dem Titelblatt des ersten enthaltenen Werks und endet auf der letzten Druckseite des letzten Werks mit 917. Die Blattziffern stehen auf jedem einzelnen Blatt. Ausgelassen in der Zählung werden jedoch regelmäßig leere Vorsatzblätter zwischen den Drucken. Dem Schreiber ist insgesamt nur ein einziges Mal ein Fehler unterlaufen. In Nr. 10 wurde versehentlich Bl. 118 für Bl. 158 notiert, das Versehen wurde jedoch korrigiert.

Auf dem ersten der hinteren drei Vorsatzblätter wurde ein handschriftliches Inhaltsverzeichnis angelegt (Recto- und Versoseite). Es trägt die Überschrift: Jndex eorum Concionum, quae hoc tomo [con]tinentur./. Das Verzeichnis ist als Tabelle gestaltet. Die 1. Spalte gibt die Nummer des Werks an (es werden abweichend von der modernen Titelerfassung 51 Titel gezählt), die 2. Spalte einen Kurztitel mit Autorangabe, die 3. Spalte die Bibelstelle(Loc[us].), die 4. Spalte das Blatt nach der handschriftlichen Bandfoliierung (pag.). Johannes Langs Predigt erscheint hier als Nr. 38 mit dem Titel Vom gebrauch der Music von Joh. M. Lang.. Außerdem ist angegeben Psal. 150. Mit seiner Seitenangabe pag. 638 verwies der Bandbesitzer den Leser nicht auf das Titelblatt, sondern auf die Druckseite 1 der Predigt, ein praxisorientierter Zugriff auf den Lesestoff also.

Provenienz

Der Band gelangte 1846 als Teil der Bibliothek der Augsburger Familie von Halder in die Vereinte Königliche Kreis- und Stadtbibliothek Augsburg.[2] Diese private Sammlung umfasste ca. 7200 Bände. Sie wurde vom Bibliothekar Lb PersonKränzler, Joseph (1835–1905) Joseph Kränzler während dessen Amtszeit zwischen 1873 und 1883 katalogisiert. Die Haldersche Bibliothek ist bisher nicht genauer erforscht worden.[3] Generell lässt sich ihr Bestand jedoch in zwei Teile einteilen. Die vermögende Bankiersfamilie, die nicht zu den alten Augsburger Stadtgeschlechtern zählte, sondern erst 1785 in das Patriziat aufgenommen wurde,[4] erwarb zum einen Literatur aus dem Bereich des Finanzwesens und der Kameralistik. Zum anderen dominiert in der Sammlung Belletristik und Unterhaltungsliteratur aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der aus diesem Kontext herausfallende Predigtband dürfte entweder durch Erbe oder als Anschaffung des bibliophilen Friedrich von Halder im 19. Jahrhundert in die Familienbibliothek gelangt sein.

Das Wappen im vorderen Buchdeckel mit zwei Stierköpfen und zwei Schwertscheiden verweist auf einen weiteren Vorbesitzer. Es lässt sich der Augsburger Familie Scheidlin zuordnen.[5] Welchen Mitgliedern dieser Patrizierfamilie[6] der Predigtband in welchem Zeitraum angehörte, lässt sich bislang nicht feststellen.

Die intensivsten Spuren hat der Erstbesitzer des Bandes hinterlassen, der das Predigtkonvolut in der vorliegenden Form zusammengestellt hat. Auf ihn gehen nicht nur die durchgehende Foliierung des gesamten Bandes und die Anlage des Inhaltsverzeichnisses zurück. Von derselben Hand stammen auch weitere konservatorische Maßnahmen. Der Druck von Caspar Lutz' Adventspredigt (Nr. 6) lag dem Besitzer in einer beschädigten Form vor. Offenbar war die obere Kante teilweise stark beschnitten worden. Die unterschiedlich hohen Seiten wurden sorgfältig mit passenden Pergamentstreifen ergänzt. Soweit Textverluste im Kolumnentitel oder bei der obersten Textzeile entstanden waren, wurden sie in Anlehnung an die originale Druckgestalt ergänzt. In Nr. 30 fehlten die Druckseite 31-32. Auch dieser verlorene Text ist vom Besitzer auf einem leeren Blatt handschriftlich nachgetragen worden.

Langs Orgelpredigt weist keine Nutzerspuren auf. Insgesamt ist der Predigtband jedoch von verschiedenen Lesern verwendet worden. So gibt es immer wieder Unterstreichungen in einer blassen, leicht zerlaufenden Tinte, die derjenigen ähnelt, die der Bandbesitzer für seine Foliierung und Ergänzungen verwendet hat (Nr. 11, 13, 14, 24, 38, 40). Die beiden letztgenannten Werke sind fast auf jeder Seite von Unterstreichungen durchzogen, mit denen Kerngedanken und Untergliederungen des Textes hervorgehoben werden. Daneben gibt es mehrfach Unterstreichungen und Randglossen in einer rotbraunen Tinte (Nr. 7, 22, 27, 31, 37), die ebenfalls auf eine intensive Auseinandersetzung mit dem Predigttext hindeuten. Die Nummern 16 und 36 weisen vergleichbare Zusätze auf, die von zwei weiteren Schreibern stammen. Vereinzelte kleinere Randglossen, die sich den vier klar unterscheidbaren Händen nicht eindeutig zuordnen lassen, finden sich außerdem in den Drucken Nr. 1, 2, 8, 11, 15, 19, 21 und 26.

Enthaltene Werke
  1. Jakob Heerbrand, Ein Predig Von dem Christkindlein/ auff den Christag zu Tübingen gehalten, Tübingen: Hock, 1582 | VD16 ZV 7535
  2. Matthäus Herbst, Zwo Christliche Predigen, Tübingen: Hock, 1587 | VD16 H 2232 ; VD16 H 2234
  3. Nikolaus Selnecker, Ein Christliche kurtze Predigt, am dritten Christage, Leipzig: Berwaldt, 1582 | VD16 ZV 16811
  4. Jacob Greter, Ein Predig/ von der Seligkeit. Auff den Newen Jarstag/ dises jetz einlauffenden/ der minderen zal/ zwey vnd Achtzigsten Jars, Tübingen: Hock, 1582 | VD16 ZV 31459
  5. Lucas Osiander, Ein Predig, vber den zweinzigsten Psalmen Dauids [...] Am Newen Jars tag, Tübingen: Gruppenbach, 1578 | VD16 deest
  6. Caspar Lutz, Ein Predig Auß dem Euangelio deß andern Sontags desz Aduents, Tübingen: Hock, 1583 | VD16 L 7676
  7. Daniel Hofmann [Hoffman], Eine Predigt Am dritten Sontage des Aduents, Helmstedt: Lucius, 1581 | VD16 H 4179
  8. Lucas Osiander, Ein Predig Auß dem vierten Capitel des Euangelisten Matthei, Tübingen: Hock, 1581 | VD16 O 1230
  9. Jakob Heerbrand, Ein Predig von Fasten, Tübingen: Hock, 1578 | VD16 H 1073
  10. Johannes Schechs, Christliche Predigt [...] auff den Sontag Laetare, Heidelberg: Johan Spies, 1583 | VD16 S 2385
  11. Jakob Heerbrand, Ein Predig Von dem einigen richtigen Weg zu dem ewigen leben, Tübingen: Hock, 1580 | VD16 H 1063
  12. Gottfried Rabe, Ein Christliche Predigt vom Gebett uber das Euangelium am Sontag Vocem Iucunditatis, Lauingen: Pfaltzgräfl. Druckerey, 1601 | VD17 23:328437Z
  13. Jakob Heerbrand, Ein Predigt von der herrlichen gnadenreichen Sighafften vnd Tröstlichen Himmelfahrt Christi, Tübingen: Hock, 1580 | VD16 H 1067
  14. Lucas Osiander, Ein Predig/ Von der Himmelfart [...] gehalten zu Weinmar(sic), Tübingen: Hock, 1583 | VD16 O 1249
  15. Jakob Andreä, Ein Christliche Predigt: Am Tage der heiligen Dreyfaltigkeit, [...] Sampt Erzelung der Reformation vnd Ordnung/ Wie es hinfürder beydes in Kirchen vnd Schulen/ des Churf. Sechsischen Kreises sol gehalten werden, Eisleben: Petri, 1580 | VD16 A 2511
  16. Jakob Heerbrand, Ein Christliche Predig Auff den Sontag der heiligen Dreyfaltigkeit, Tübingen: Gruppenbach, 1575 | VD16 H 964
  17. Lucas Osiander, Ein Christenliche Predig, Von der Heiligen Drifaltigkeit, Tübingen: Hock, 1581 | VD16 O 1189
  18. Jacob Gräter, Dreyfaeltigkeit Bluom, Das ist, Ein Christliche Predig, von der heyligen hochgelobten Dreyfältigkeyt, Tübingen: Hock, 1589 | VD16 deest
  19. Nikolaus Selnecker, Drey Predigten D. Nicolai Selnecceri Vom Reichen man vnd armen Lazaro, Leipzig: Beyer, 1580 | VD16 ZV 14336
  20. Lucas Osiander, Ein Predig Vber das Euangelium/ wölches man auff den tag/ der Heyligen Aposteln Petri vnd Pauli [...] außzulegen pflegt, Tübingen: Hock, 1583 | VD16 O 1237
  21. Jakob Andreä, Eine Predigt, Vom grossen Abentmal, Magdeburg: Roß / Wilhelm, 1579 | VD16 A 2683
  22. Jakob Andreä, Ein Christliche Predig/ Vom hochwürdigen Sacrament, Tübingen. Gruppenbach, 1583 | VD16 A 2527
  23. Lucas Osiander, Zwo Christliche Predig. Die erste. Von dem Heiligen Nachtmal vnsers Herrn Jesu Christi [...]. Die ander. I. Ob die Lehr von der persönlichen Vereinigung beider Naturen in Christo [...] zu dem Handel von dem heiligen Nachtmal Christi notwendig und nützlich sey, Tübingen: Gruppenbach, 1577 | VD16 O 1186
  24. Samuel Neuheuser, Ein Christliche Predig/ Von dem Hochwürdigen Sacrament des Heyligen Abendmals, Tübingen: Hock, 1579 | VD16 ZV 11654
  25. Michael Zeller, Christliche Predig/ Von dem Hayligen Abendtmal, Tübingen: Hock, 1597 | VD16 deest, Unicum
  26. Lucas Osiander, Ein Predig von dem Widertauff [...] Sampt angehenckter Historien/ Welcher gestalt sich die Widertäuffer [...] zu Münster gehalten, Tübingen: Hock, 1582 | VD16 O 1250
  27. Lucas Osiander, Ein Predig/ vom Heyligen Tauff, Tübingen: Hock, 1583 | VD16 O 1248
  28. Christoph Hermann, Ein Predig/ Darinn Gründtliche Vrsachen angezeigt werden/ das der Jungen Kindertauff/ auß Gott vnnd seinem Wort gemäß sey, Tübingen: Hock, 1583 | VD16 H 2339
  29. Jakob Andreä, Ein Christlich Predig Vber das Euangelion Matthei am 22. Cap. vom Gesetz/ vnd der Person Christi, Tübingen: Gruppenbach, 1578 | VD16 A 2519
  30. Jakob Heerbrand, Ein Predig/ Von der hohen Schul zuo Tübingen, Tübingen: Hock, 1578 | VD16 H 1069
  31. Conrad Dieterich, Christliche Kirchen-Predigte, [...] Von Vhrsprung der Tempel vnd Kirchengebeuw, Ulm: Meder, 1615 | VD17 23:258140U
  32. Georg Mylius, Ein Christlich Predig Zu Ehren vnd schuldiger Danckbarkeit der Kirchen/ Statt vnd Schuolen in Straßburg, Lauingen: Reinmichel, 1584 | VD16 M 5327
  33. Johannes Lang, Christliche Predigt/ Von dem rechten Christlichen Gebrauch der Music, vnd der Orglen, Tübingen: Gruppenbach 1602 | VD17 547:718842V
  34. Jakob Scheuermann, Ein Christliche Predig Von den siben Heylthummen [...] Jn des newen Tempels zu Zigenbach einweyhung gehalten, Tübingen: Hock, 1587 | VD16 S 2775
  35. Jakob Heerbrand, Ein Predig Vom Straal/ so zu Tübingen [...] eingeschlagen, Tübingen: Hock, 1579 | VD16 H 1060
  36. Jakob Heerbrand, Ein Predig/ Von dem erschrockenlichen Wunderzeichen am Himmel/ dem newen Cometen, Tübingen: Gruppenbach, 1577 | VD16 H 1064
  37. Jakob Heerbrand, Ein Bußpredig/ Auß dem dritten Capitel deß Heiligen Propheten Jonas, Tübingen: Hock, 1583 | VD16 deest
  38. Conrad Wolfgang Platz, Newe Zeitung vnd Bußspiegel/ Von dem Straal/ so zu Biberach [...] in den Kirchen vnnd Glockenthurn eingeschlagen, Tübingen: Hock, 1584 | VD 16 P 3372
  39. Conrad Dieterich, Vlmische Cometen Predigte, Ulm: Meder, 1619 | VD17 23:250767H
  40. Eustachius Regner, Ein Christliche Predig/ Von der greulichen Sünde der Gotslösterung, Tübingen: Hock, 1581 | VD16 R 612
  41. Georg Mylius, Zwo Christliche [...] Predigen vom ersten Vrsprung vnd Anfang auch volgendem wachsen vnd auffnemmen des Päpstlichen Stuls zu Rom, Tübingen: Gruppenbach, 1584 | VD16 ZV 17075
  42. Conrad Wolfgang Platz, Von der höchsten Kunst der waren Erkäntnuß des gekreutzigten Jesu Christi, Tübingen: Hock, 1580 | VD16 P 3377
  43. Christoph Hermann, Christenlicher Bericht/ von der Pestilentzsucht, Tübingen: Gruppenbach, 1586 | VD16 ZV 7749
  44. Matheus Aulberus / Wilhälmus Bidenbach, Ein Summa etlicher Predigen/ vom Hagel vnd Vnholden, Tübingen: Hock, 1589 | VD16 ZV 287
  45. Nikolaus Blume, Leichpredigt, Uber den Custodirten D. Nicolaum Krell, Tübingen: Gruppenbach, 1602 | VD17 39:138777R
  46. Bonifacius Wolfart, Geduldt/ Ein christlichs/ ausserlesen Büchlin/ von der Geduldt, Tübingen: Hock, 1586 | VD16 ZV 18191

Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Universitätsbibliothek Erfurt (D-EFu): 16-Tp. 8° 02831aah (05)

Beschreibung

Der dunkelbraun verfärbte Pergamenteinband mit Resten eines Bindebandes ist aufgrund von Feuchtigkeit in einem sehr schlechten Erhaltungszustand. Der Buchrücken löst sich ab, so dass die Innenstruktur der Buchdeckel offen liegt und mehrere Lagen Makulatur (frühneuzeitliche theologische Drucke) erkennen sind. Die Buchseiten sind gegen Ende des Bandes hin zunehmend beschädigt. Er wurde 2010 wegen Schimmelbefall Gamma behandelt.

Der Band enthält sieben Predigten der Jahre 1601-1602, von denen sechs in Le Geographicumf Ort: Tübingen Tübingen gedruckt worden sind.

Provenienz

Die Art des Einbands weist ebenso wie die Zusammenstellung der Drucke auf einen Erstbesitzer im 17. Jahrhundert hin, der wahrscheinlich aus dem Tübinger Raum stammte. Als frühester Besitzer nachweisbar ist Lb PersonNeumann, Heinrich (fl. 1710) Johann Heinrich Neumann, um 1710 Kanoniker am Severi-Stift Erfurt, dessen Autograph auf dem Titelblatt des 1. Werks steht: Ex libris d. Henner Neüman canon. ad S. Sever.[7] Wie der Band nach Thüringen in die Hände eines katholischen Geistlichen gelangte, ist ungeklärt. Stempel belegen, dass der Band im 19. Jahrhundert in den Besitz der Königlichen Bibliothek Erfurt, später in denjenigen der Stadtbücherei Erfurt überging. Er ist als Dauerleihgabe der Landeshauptstadt Erfurt am heutigen Standort deponiert.

Enthaltene Werke
  1. Johann Georg Sigwart, Ein Predigt Von den Erdbidemen, Tübingen: Cellius, 1601 | VD17 547:718841N
  2. Lucas Osiander, Ein Predigt/ von dem Erdbidem, Tübingen: Gruppenbach, 1602 | VD17 12:623770Y
  3. Andreas Osiander, Kurtze vnd Einfältige Predigt/ Vom Erdbidem, Tübingen: Gruppenbach, 1601 | VD17 23:268047V
  4. Johann Georg Sigwart, Ein Predigt/ Von den vilfältigen Religions Stritten/ Wie dieselbige anzusehen, Tübingen: Cellius, 1601 | VD17 23:328397H
  5. Johannes Lang, Christliche Predigt/ Von dem rechten Christlichen Gebrauch der Music, vnd der Orglen, Tübingen: Gruppenbach 1602 | VD17 547:718842V
  6. Piotr Skarga, Von der Heuptfrage/ An Haeretico sit Fides servanda: Ob auch einem Ketzer Trew und Glaube zu halten sey? Eine erschreckliche/ blutdürstige Jesuiter Predigt, Leipzig: Gaubisch / Bärwald Erben, 1602 | VD17 547:718844L
  7. Niolaus Blume, Leichpredigt/ Vber den Custodierten D. Nicolavm Krell, Tübingen: Gruppenbach, 1602 | VD17 39:138777R

Freiburg (Breisgau), Universitätsbibliothek (D-FRu): N 6946 (9)

urn:nbn:de:bsz:25-digilib-95236

Beschreibung

Gut erhaltenes Exemplar ohne Nutzerspuren.[8] Teil eines Sammelbandes mit neun Predigtdrucken. Pergamenteinband. Der Band diente Hans-Otto Mühleisen als Ausgangspunkt für seine Analyse der drei darin enthaltenen Erdbebenpredigten.[9]

Provenienz

Der Predigtband befand sich in der Bibliothek des Le Geographicumg Gebäude: St. Peter (Hochschwarzwald), Kloster Benediktinerklosters St. Peter im Schwarzwald. Nach der Auflösung des Klosters im Jahr 1806 gelangte er an den heutigen Standort.

Im Band finden sich mehrere Indizien, die auf den mutmaßlichen Erstbesitzer hinweisen. Vier der enthaltenen Werke weisen handschriftliche Widmungen der Autoren an Lb PersonBreitmaier, Ludwig (1568–1615) Ludwig Breitmayer auf (Nr. 1, 3, 6, 7). Es ist anzunehmen, dass er die Bücher, die ihm Lb PersonSigwart, Johann Georg (1554–1618) Johann Georg Sigwart und seine Verwandten Lb PersonOsiander, Lucas (1534–1604) Lucas und Lb PersonOsiander, Andreas (1562–1617) Andreas Osiander geschenkt hatten, mit weiteren thematisch verwandten Drucken einbinden ließ. Wann und unter welchem Umständen das Konvolut nach St. Peter gelangte, ist unbekannt.

Enthaltene Werke
  1. Johann Georg Sigwart, Vierzehen Predigten/ Darin die gantze Lehr Vom H. Abendtmal Auß der Ersten Epistel S. Pauli an die Corinther ordentlich zusamen verfaßt, Tübingen: Cellius, 1601 | VD16 deest
  2. Matthias Ritter, Siben und zwentzig Predigten Von dem H. Abendmal und Testament unsers Herrn und Heylands Jhesu Christi, Frankfurt am Main: Feyerabendt, 1584 | VD16 R 2537
  3. Lucas Osiander, Drey Predigten/ Von wahrer Christlicher Buß, Tübingen: Gruppenbach, 1601 | VD17 14:680313S
  4. Johann Michael Beuther, Compendium Terraemotuum. Das ist Kurtzer Begriff vnd Gründtliche verzeichnuß Aller vnnd jeder Erdbidemen, die sich [...] biß auff jetzige 1601. Jahre [...] zugetragen haben, Straßburg: Zetzner, 1601 | VD17 23:000331G
  5. Johann Georg Sigwart, Ein Predigt Von den Erdbidemen, Tübingen: Cellius, 1601 | VD17 12:648457A
  6. Lucas Osiander, Ein Predigt von dem Erdbidem, Tübingen: Gruppenbach, 1601 | VD17 547:694128W
  7. Andreas Osiander, Kurtze vnd Einfältige Predigt/ Vom Erdbidem, Tübingen: Gruppenbach, 1601 | VD17 23:268047V
  8. Polycarp Leiser, Glückwünschungs Predigt zu vnterthenigsten Ehren Dem Durchlauchtigsten Hochgebornen Fürsten vnd Herrn, Herrn Christiano II. Hertzogen zu Sachsen, Dresden: Stöckel, 1601 | VD17 23:247037C
  9. Johannes Lang, Christliche Predigt/ Von dem rechten Christlichen Gebrauch der Music, vnd der Orglen, Tübingen: Gruppenbach 1602 | VD17 547:718842V

Lindau (Bodensee), Ehemals Reichsstädtische Bibliothek (D-LIrb): K II 380

Beschreibung

Das Exemplar befindet sich in einem Predigtkonvolut mit rotbraunem Ledereinband. Auf dem vorderen Einband befindet sich das Supralibros der Ehemals Reichsstädtischen Bibliothek Lindau (goldgeprägtes Wappen der Stadt Lindau; bewurzelte Linde; Initialen B L). Auf dem Buchrücken steht als Inhaltsangabe in schwarzer Tinte Geistlicher Calender it. verschiedene Predigten von mancherley Authoren. Darunter wurde in modernerer Hand ergänzt Brem=Drucke. Außerdem ist ein modernes Etikett mit der Signatur K II 380 aufgeklebt.[10]

Der Band enthält 16 Kasualdrucke. Elf davon stammen von dem Lindauer Drucker Lb PersonBrem, Hans Ludwig (1559–1623) Brem und gehören damit zu den Pflichtexemplaren, die dieser an die Reichsstädtische Bibliothek abzuliefern hatte. Mehrere enthaltene Werke spiegeln die engen Kontakte, die es zwischen den Reichsstädten Le Geographicumf Ort: Lindau (Bodensee) Lindau und Le Geographicumf Ort: Memmingen Memmingen gegeben hat. Unter diesen lokal ausgerichteten Kasualschriften sind mehrere Unica, die von den Katalogisierungsmaßnahmen des VD17 noch nicht erfasst worden sind.

Auf den Titelblättern der enthaltenen Werke werden diese mit Bleistift in moderner Schrift gezählt. Dabei wurde die laufende Nummer 14 zweimal vergeben, für Bartholomeus Pistorius' Teutsche Rithmiund Christopher Creutzens Praedicanten Latein, so dass das letzte, 16. Werk die Nummer 15 trägt. In der folgenden Aufstellung der enthaltenen Werke ist dieser Fehler korrigiert.

Der Band besitzt eine durchgehende handschriftliche Paginierung, bei der jeweils die ungeraden Seitenzahlen mit hellbrauner Tinte in der rechten oberen Seitenecke vermerkt wurden. Leere Blätter wurden konsequent mitgezählt. Die handschriftliche Paginierung setzt im zweiten enthaltenen Werk, Johannes Langs Orgelpredigt, auf dem Titelblatt mit der Seitenzahl 63 ein. Notiert sind in diesem Werk folgende Seitenzahlen: 1=63; 11=73; 13=75; 15=77; 17=79; 19=81; 21=83; 23=85; 25=87; 27=89. Auch in den folgenden Werken sind die meisten der gezählten Seiten unbeschriftet geblieben. Zwischen Langs Erdbebenpredigt (Nr. 3) und Nicolaus Haselmayrs Christlicher Lehr vnd TrostPredig (Nr. 4) zeigt eine erkennbare Lücke, dass hier ein oder mehrere Werke aus dem Einband herausgelöst worden sind. Der handschriftlichen Paginierung zufolge fehlen die Seiten 129-170. Im 5. Werk des Bandes, Michael Laminits Leichenpredigt, begegnet ein Paginierfehler. Korrekt gezählt ist noch die S. 195. Die folgenden zwei Blätter blieben ohne neue Seitenzahl. Dann wurde für Seite 201 irrtümlich die Zahl 101 notiert. Diese Seitenzahl bildet die Grundlage der weiteren Zählung, so dass die handschriftlich paginierten Seiten 101-200 doppelt vorkommen. Die Bandpaginierung endet mit dem Eintrag der S. 285 in Ulrich Bollingers Christenlicher Letzungs=Predigt (Nr. 12).

Das Konvolut ist gut konserviert und weitgehend ohne Zusätze. Handschriftliche Marginalien finden sich als einzelne Druckfehlerkorrektur in Nr. 11 (S. [270] / Sig B4v) sowie als inhaltlicher Kommentar im letzten Werk des Bandes.

Provenienz

Der Band gehört zum Altbestand der Reichsstädtischen Bibliothek Lindau. Er dürfte nicht lange nach dem Erscheinen des jüngsten enthaltenen Werks, der 1609 gedruckten Leichenpredigt für Johannes Lang, in Lindau eingebunden worden sein. Siehe ausführlicher unter Einführung in die Edition im Abschnitt Wirkung.

Enthaltene Werke
  1. Ein Geistlicher Kalender/ sampt der Practic/ auff alle Jahr/ biß zu end der Welt. Getruckt in der Keis. Reichstatt Lindaw am Bodensee/ bey Hans Ludwig Brem, Lindau: Brem, 1595 | VD16 deest
  2. Johannes Lang, Christliche Predigt/ Von dem rechten Christlichen Gebrauch der Music, vnd der Orglen, Tübingen: Gruppenbach 1602 | VD17 547:718842V
  3. Johannes Lang, Christliche Predigt Von dem Erdbidem, Lindau: Brem, 1601 | VD17 15:736627G
  4. Nicolaus Haselmayr, Ein Christliche Lehr vnd TrostPredig/ Uber der Leich deß Ehrnuesten Hochgelehrten Herrn Magistri Ioannis Christophori Bremij Lindauiensis, Lindau: Brem, 1594 | VD16 deest, Unicum
  5. Michael Laminit, Christliche Leichpredigt/ Bey der Begrebnus/ weyland deß Ehrwürdigen vnd wolgelerten Herrn/ M. Johannis Langij, Lindau: Brem, 1609 | VD17 deest, weiteres Exemplar jedoch in Stadtbibliothek Memmingen
  6. Elias Schacher, Ein Christliche Predig. Bey der Leych vnd Begräbnuß/ deß Ehrwürdigen vnnd wolgelehrten Herrn/ M: Iosaphat Weinlins, Lindau: Brem, 1604 | VD17 deest
  7. Johann Lang, Christliche Predigt/ Auß den worten deß Predigers Salomo [...] Bey der Christlichen Leich und Begräbnuß deß [...] Herrn Johann Kochs, Nürmberg: Wagenmann, 1606 | VD17 12:194049A
  8. Johann Hafner, Einfaltige/ doch Christliche Erklärung vnd außlegung/ der Sonntags Epistel, [...] Bey der Christlichen Leichlege/ der [...] Frawen/ Helenae geobrenen Königin von Kempten, Lindau: Brem, 1607 | VD17 deest, Unicum
  9. Johann Lang, Christliche Predig/ Auß den Worten deß Predigers Salomo [...] Bey der Christlichen Leich deß [...] Johann Georg Schencken, Lindau: Brem, 1605 | VD17 deest, weiteres Exemplar in Stadtbibliothek Memmingen, Signatur: 16.7.57
  10. Michael Laminit, Christliche Predigt/ Bey der Leich/ deß Edlen vnd Ehrnvesten Herren Conradi Vehlins, Lindau: Brem, 1596 | VD16 L 174
  11. Johannes Lang, Christliche Predig/ [...] Bey der Christlichen trawrigen Leich vnnd begräbnus der [...] Sabina/ geobrnen Schneeweissin, Lindau: Brem, 1607 | VD17 deest, Unicum
  12. Ulrich Bollinger, Ein Christenliche Letzungs=Predigt, Lindau: Brem, 1603 | VD17 deest, weiteres Exemplar in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart
  13. Konrad Fleck, Auß Gottes Wort beständiger Trost, s.l. 1604 | VD17 12:105400C
  14. Bartholomeus Pistorius, Teutsche Rithmi von Betrachtung deß Jüngsten gerichts/ für welchem zur zeit der letzten Posaunen alle Menschen erscheinen vnd das redde rationem villicationis geben mussen, s.l. [1604] | VD17 deest, Unicum
  15. Christopher Creutz, Praedicanten Latein, Straßburg: Kolbe, 1608 | VD17 1:638004V
  16. Raphael Eglin, Beständige Religions Erclärung/ Raphaelen Eglins von Zürich/ Vber den Artickul: von der H. Catholischen/ das ist/ Allgemeinen Kirchen Gottes, Lindau: Brem, 1606 | VD17 deest

Regensburg, Staatliche Bibliothek (D-Rs): 999/4Hom.201

urn:nbn:de:bvb:12-bsb11065859-8

Beschreibung

Das Exemplar ist Teil eines Bandes mit insgesamt 18 Predigten und theologischen Schriften, die zwischen 1598 und 1602 im schwäbischen Raum entstanden sind. Gedruckt wurden sie sämtlich in Tübingen von den Druckern Kircher, Lb PersonCellius, Johann Alexander (1578–1623) Cellius oder Lb PersonGruppenbach, Georg (nach 1571 – 1606) Gruppenbach. Das Konvolut besitzt einen gut erhaltenen hellen Pergamenteinband. Die Orgelpredigt weist ebenso wie die anderen Drucke keine Nutzerspuren auf.

Provenienz

Auf dem Buchrücken steht das Monogramm G Z. Die Auflösung der Initialen als Lb PersonZeiter, Georg Georg Zeiter, ist möglich aufgrund der autographen Widmung des Autors Lb PersonRosa, Georg (1573–1613) Georg Rosa auf dem Titelblatt des ersten enthaltenen Werks (Nr. 1). Georg Zeiter ist für die Zeit von 1561-1616 als Pfarrer von Holzgerlingen belegt. Wann und unter welchen Umständen der Band in den Besitz der Staatlichen Bibliothek Regensburg gelangte, ist nicht geklärt.

Enthaltene Werke
  1. Georg Rosa, Pvero Iesv nato sacra oratio, Tübingen: Kircher, 1600 | VD17 deest, Unikum
  2. Joann Georg Sigwart, Ein Predigt von den Erdbidemen, Tübingen: Cellius, 1601 | VD17 547:718841N
  3. Lucas Osiander, Ein Predigt von dem Erdbidem, Tübingen: Gruppenbach, 1601 | VD17 547:694128W
  4. Andreas Osiander, Kurtze vnd Einfältige Predigt vom Erdbidem, Tübingen: Gruppenbach, 1601 | VD17 23:268047V
  5. Lucas Osiander, Ein Predigt auß dem Euangelio, Tübingen: Gruppenbach, 1598 | VD16 deest
  6. Abel Vinarius, Ein Predigt Vber das Euangelion [...] Vom grossen Abentmal, Tübingen: Gruppenbach, 1589 | VD16 W 1512
  7. Lucas Osiander, Ein Predigt Vom heiligen Abentmal Christi, Tübingen: Gruppenbach, 1598 | VD16 deest
  8. Christoph Hermann, S. Peters Predigt, Tübingen: Gruppenbach, 1600 | VD16 H 2340
  9. Matthias Hafenreffer, Concio secularis, Tübingen: Cellius, 1600 | VD16 H 147
  10. Georg Breuning, Jubel Jar, Tübingen: Cellius, 1600 | VD16 B 8057
  11. Philipp Schickhart, Unterricht vnd Trostpredigt für schwangere geberende Weiber, Tübingen: Gruppenbach, 1600 | VD16 deest
  12. Matthias Hafenreffer, Leuchtpredigt Vber dem Absterben Weilund des Ehrwürdigen [...] Jacob Heerenbrand, Tübingen: Cellius, 1600 | VD16 ZV 7282
  13. Johannes Magirus, Christliche Leichpredigt, Bey der Begräbnus, weiland der [...] Johanna Elisabeth, Pfaltzgräuin bey Rhein, Hertzogin in Beyern, Tübingen: Gruppenbach, 1601 | VD17 deest
  14. Alexander Wolffhard und Heinrich Dauber, Zwo christliche Leichpredigten, Vber dem Tod vnd absterben, Weilund der [...] Johanna Elisabeth, Pfaltzgräuin bey Rhein, Hertzogin in Bayern, Tübingen: Gruppenbach, 1601 | VD17 deest
  15. Lucas Osiander, Predigt auß dem Euangelio am Sontag Exaudi, Tübingen: Gruppenbach, 1598 | VD16 deest
  16. Johannes Lang, Christliche Predigt/ Von dem rechten Christlichen Gebrauch der Music, vnd der Orglen, Tübingen: Gruppenbach 1602 | VD17 547:718842V
  17. Johannes Weininger, Gründtlicher vnd warhafftiger Bericht, Tübingen: Gruppenbach, 1600 | VD16 deest
  18. Kurtzer/ einfältiger/ aber doch gründtlicher Bericht/ was von der newlich in Truck außgesprengten Lästerschrifft zu halten/ welche die Jesuiter den vnschuldigen Luther genennen, Tübingen: Gruppenbach, 1598 | VD16 K 2768

Tübingen, Bibliothek des Wilhelmsstifts (D-Tw): M. th. 561

Die Bibliographie RISM gibt neben dem Lindauer Exemplar auch ein Exemplar des Drucks in der Bibliothek des Wilhelmsstifts Tübingen (D-Tw) an. Diese Information ließ sich zunächst trotz intensiver Suche vor Ort nicht nachvollziehen.[11] Da Tübingen für den vorliegenden Predigtdruck einen naheliegenden Fundort darstellt und um eine Verwechslung der gemeinten Bibliothek bei der RISM-Angabe auszuschließen, wurden auch die weiteren lokalen Bibliotheken in die Recherche einbezogen. Die Universitätsbibliothek Tübingen besitzt den gesuchten Titel nicht. Eine weitere Sammlung, die aufgrund ihrer protestantischen Ausrichtung in Frage kommt, ist die Bibliothek des Evangelischen Stifts Tübingen. Nach Auskunft von Bibliotheksleiter Ulrich Gebhardt ist der komplette Altbestand mittlerweile im OPAC aufgenommen, wo Johannes Langs Orgelpredigt ebenfalls nicht auftaucht. Um Fehlerquellen auszuschließen, wurde zusätzlich vor Ort im alten Zettelkatalog nach dem Titel gesucht.

Den entscheidenden Hinweis gab schließlich Dr. Helmut Lauterwasser (RISM-Arbeitsstelle, Bayerische Staatsbibliothek München). Aufgrund der hier erfassten Signatur konnte das Werk schließlich in der Bibliothek des Wilhelmsstifts identifiziert werden. Es handelt sich um ein Einzelexemplar ohne Gebrauchsspuren, das leider unvollständig ist. Es fehlen die Seiten 23-28.

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Es handelt sich um ein deutschsprachiges Handschriftenfragment. Die Orthographie deutet auf das späte 16. oder frühe 17. Jahrhundert hin. Und wird als vnd geschrieben, ein längerer Passus auf der Rückseite mit typischen Verdoppelungen der Grapheme f und n lautet: so offt sie daß vber kurtz oder lanng, eine Zahl auf der Vorderseite zweyhundert vnd fvnfftzig.
  2. Vgl. Schmidbauer, Augsburger Stadtbibliothekare (1963), S. 248.
  3. Für die vielen hilfreichen Informationen zur Provenienz des Bandes danke ich Wolfgang Mayer, Bibliothekar der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg.
  4. Vgl. https://www.stadtlexikon-augsburg.de/index.php?id=114&tx_ttnews[tt_news]=4028&tx_ttnews[backPid]=119&cHash=80ae1fe448.
  5. Vgl. Zimmermann, Augsburger Zeichen und Wappen (1970) , Nr. 4268 des Katalogs.
  6. Vgl. https://www.stadtlexikon-augsburg.de/index.php?id=114&tx_ttnews[tt_news]=5290&tx_ttnews[backPid]=113&cHash=0fb5f0ab1c.
  7. Für den Hinweis auf die Provenienz danke ich Frau Anke Seifert, Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Erfurt.
  8. Für Auskünfte zu Provenienz und Zustand des Bandes, die Herr Holger Richter, Universitätsbibliothek Freiburg, Projekt Virtuelle Bibliothek St. Peter, erteilte, sei herzlich gedankt.
  9. Vgl. Mühleisen, Erdbeben (2015).
  10. Für die freundliche und sachkundige Hilfe bei den Recherchen in der Ehemals Reichsstädtischen Bibliothek Lindau, Hinweise auf die Geschichte der Sammlung, Bereitstellung von Sekundärliteratur wie auch die Anfertigung verschiedener Scans danken wir Herrn Markus Breitwieser und den Bibliotheksmitarbeiterinnen sehr herzlich.
  11. Für die Hilfe bei der Recherche danke ich Bibliothekar Georg Ott-Stelzner und seinen freundlichen Mitarbeiterinnen. Überprüft wurden der allgemeine Alphabetische Katalog nach Autor und Titel, der allgemeine Systematische Zettelkatalog nach den Lemmata Musiktheorie, Musikgeschichte, Kirchenmusik sowie Orgel. Außerdem wurden die fünf Karteikästen gesichtet, die den Bestand der sog. Königlichen Handbibliothek verzeichnen. Sie enthält ältere theologische Literatur, darunter auch Predigten.

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Letzte Änderung dieses Dokuments am 21. Juni 2022.

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