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Orgelpredigt

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a Musica instrumentalis (Meißen 1605)

Einführung in die Edition

Historischer Hintergrund

Der Bau der Orgel in der Domkirche zu Meißen

Die bau- und konfessionsgeschichtlichen Hintergründe, die 1603 zum Bau einer neuen Ld OrgelMeißener Dom, Frietzsch-Orgel 1603/1604 Orgel im Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Dom Dom zu Le Geographicumf Ort: Meißen Meißen führten, sind bisher nur unzureichend erforscht worden. Die Quellen, die im Archiv des Domstifts, im Stadtarchiv Meißen sowie im Sächsischen Hauptstaatsarchiv aufbewahrt werden, hat Ulrich Dähnert für sein Orgelbaulexikon konsultiert.[1] Seine Auswertung zielte jedoch ausschließlich auf eine Dokumentation der organologischen Fakten ab. Es ist anzunehmen, dass darüber hinaus noch reiches Material zu finden wäre, das Einblick in die näheren Umstände des Orgelbaus gewähren könnte.[2]

Die Domkirche in Meißen konnte als Hauptkirche des Bistums Meißen auf eine lange Orgeltradition zurückblicken. Seit 1354 gab es in der Bistumskirche eine Orgel. Zur Hauptorgel auf der Empore über der Mittelhalle des Westturms kam spätestens 1462 ein weiteres Instrument hinzu. Bekannt ist, dass 1542 mindestens zwei Orgeln im Gebrauch waren.[3]

Diese Tradition erfuhr einen radikalen Einbruch, als der Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Dom Dom am 27. April 1547 von einem Blitzschlag getroffen wurde. Der Westturm geriet in Brand. Dabei wurde die große Domorgel komplett zerstört, die kleinere transferierte man in eine der städtischen Kirchen in Le Geographicumf Ort: Meißen Meißen. Über viele Jahrzehnte hinweg blieb der Kirchenbau auf dem Domberg ohne eine Orgel. Wie Dähnert ausgeführt hat, begnügte man sich noch zu Anfang des 17. Jahrhunderts mit Provisorien. In einem Gesuch des Domkapitels vom 13. November 1601 geht es so um 30-40 Taler, die zur Anschaffung eines kleinen Orgelwerks oder Positivs dienen sollten. Dähnert zitiert die Begründung in diesem Dokument: Man habe sich seit 1547 mit einem Positiv beholfen, welches der Organist gehalten, in zukunft aber es demselben zu schwehr werden will.[4]

1603 beauftragte man den aus Meißen stammenden jungen Orgelbauer Lb PersonFrietzsch, Gottfried (1578–1638) Gottfried Frietzsch, in der Nähe des Westturms eine 17stimmige Orgel mit Rückpositiv in Schwalbennestform zu erbauen.[5] Es ist die erste Arbeit, die von ihm bekannt ist. Das Instrument wurde im Mai 1604 fertig gestellt und von Lb PersonSachse, Ambrosius (1604 – fl. 1605) Ambrosius Sachse aus Le Geographicumf Ort: Dresden Dresden und dem Lb PersonGensreiff, David (fl. 1604) Meißner Stadtorganisten abgenommen. Der feierliche Einweihungsgottesdienst, in dem der damalige Superintendent und Domprediger Lc PredigtautorPolantus, Nicolaus (1559–1612) Nicolaus Polantus seine La OrgelpredigtMusica instrumentalis (Meißen 1605) M Orgelpredigt hielt, fand am 13. Mai 1604 statt. Bereits 34 Jahre später, am 7. März 1638, als die Stadt während des Dreißigjährigen Kriegs von schwedischen Truppen verwüstet wurde, wurde das Instrument wieder zerstört.

Wie die Geschichte der Orgel liegt auch diejenige der gottesdienstlichen und kirchenmusikalischen Praxis, die es am Dom zu Meißen nach der Reformation gegeben hat, weitgehend im Dunkeln. Trotz der offiziellen Einführung der Reformation gab es deutliche Bemühungen, den katholischen Ritus im Dom aufrecht zu erhalten. Zumindest vorübergehend stärkte der Sieg des Lb PersonKarl V. von Habsburg (1500–1558) Kaisers im Schmalkaldischen Krieg die Position des altgläubigen Domkapitels.[6] 1550 soll daher der neu gewählte Bischof Lb PersonNicolaus II. von Carlowitz (–1555) Nikolaus von Carlowitz Lb PersonMoritz von Sachsen (1521–1553) Herzog Moritz um Erlaubnis gebeten haben, mit dem Domkapitel wieder kanonische Gebetsstunden abhalten zu dürfen. Obwohl dies nicht gestattet wurde, deuten entsprechende Verbote im Jahr 1563 darauf hin, dass man weiterhin Vikare und Choralisten beschäftigte.[7] Parallel versuchte man durch den Einsatz evangelischer Prediger der neuen Glaubensrichtung Geltung zu verschaffen. Doch die Visitationsakten der Jahre 1555, 1562 und 1581 beanstanden die Seltenheit der abgehaltenen Predigten.[8] So resümiert Hermann Klemm:

Am Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Dom Dom herrschte ein eigenartiger Zwischenzustand. Neben einem evangelischen Predigtgottesdienst und Stundengottesdiensten Wittenberger Ordnung, die wohl vor allem in der Fürstenkapelle ihre Heimat hatten, herrschte noch die katholische Messe, besonders die zum Totengedächtnis gestiftete. Der allgemeine Festkalender wurde samt den Jahrgedächtnissen noch eingehalten.[9]

Ohne Orgel, mit einem zerstörten Turm und Feuerschäden bot der Dom in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht mehr jenen glanzvollen Ort, den er früher mit seinen feierlichen Messen und dem 1480 gestifteten Ewigen Chor dargestellt hatte. Die Gottesdienste im Dom waren der Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Stadtkirche Stadtkirche, die zum Zentrum der Reformation geworden war, hierarchisch in jeder Hinsicht untergeordnet. So fungierten die Organisten der Stadtkirche bis 1854 zugleich als Domorganisten. Namentlich sind sie erst seit Lb PersonPraetorius, Friedrich (–1645) Friedrich Praetorius (gest. 1645) sicher belegt.[10] Zu ergänzen ist allerdings die beiläufige Information, die Willibald Gurlitt den Meißner Akten zum Orgelbau entnommen hat. Demnach hieß der 1604 amtierende Stadtorganist, der bei der Abnahme des Instruments genannt wurde, Lb PersonGensreiff, David (fl. 1604) David Gensreiff.[11] Ebenso wurde ein selbständiges Kantorenamt am Dom erst 1890 eingeführt. Zuvor waren hier ebenfalls die Stadtkantoren zuständig. Zu Lc PredigtautorPolantus, Nicolaus (1559–1612) Polantus' Zeit versah Lb PersonEilenberg, Wolfgang (1583–1610) Wolfgang Eilenberg dieses Amt. Er war von 1595 bis 1609 Kantor und 3. Lehrer der Stadtschule (Franciscaneum) und wurde dann zum Konrektor befördert.[12]

Insgesamt bildete die Kirchenmusik am Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Dom Dom also mitnichten den Schwerpunkt des protestantischen Musiklebens in Meißen. Dennoch ist der Bau der Ld OrgelMeißener Dom, Frietzsch-Orgel 1603/1604 Frietzsch-Orgel ein Hinweis darauf, dass man versuchte, die Provisorien, die man am Dom lange Zeit hingenommen hatte, zu beenden und die kirchenmusikalische Praxis auf das Niveau anzuheben, das im mitteldeutschen, lutherisch geprägten Raum damals allgemein üblich war. In welchem Maße sich dahinter ein planvoll eingesetzter institutioneller Wandel oder der Wunsch nach konfessioneller Abgrenzung verbergen, kann vor einer umfassenden archivalischen Recherche nicht abschließend beantwortet werden. Die folgenden Ausführungen fassen zusammen, was sich bisherigen Forschungen entnehmen lässt.

Domstift und Domkapitel als Auftraggeber

Als wichtigste Instanz für den Bau der neuen Orgel benennt Lc PredigtautorPolantus, Nicolaus (1559–1612) Polantus auf dem Titelblatt seiner La OrgelpredigtMusica instrumentalis (Meißen 1605) M Predigt das Ehrwürdige Dom=Capitul. Seine Vorrede richtet sich an die Herren/ Domprobsten/ Dechant/ Senioren sowie das ganze Dom=Capitul des hohen Stiffts Meissen. Mehrfach dankt er im Verlauf der Predigt dem Ehrwürdigen ThumCapitul für die Finanzierung des Instruments. Auch die Amtsbezeichnungen der konkreten Verantwortlichen werden erwähnt, wenn es am Ende heißt: Wir dancken ingleichen des Ehrwürdigen ThumCapituls beampten vnnd verordneten allhier dem Herrn Syndico, vnnd Herrn Stiffts Bawmeistern/ etc. Welche dieses Werck getrewlichen helffen befördern.[13]

Das sächsische Hochstift Meißen war wie auch das Bistum Le Geographicumh Territorium: Brandenburg Brandenburg und andere sächsische Hochstifte bereits seit Mitte des 15. Jahrhunderts einem Prozess der Landsässigmachung ausgesetzt gewesen.[14] In den Jahrzehnten nach Einführung der Reformation setzte sich diese Entwicklung fort. Nach dem unerwarteten Tod Lb PersonGeorg der Bärtige (1471–1539) Herzog Georgs des Bärtigen von Sachsen, des Kontrahenten Lb PersonLuther, Martin (1483–1546) Martin Luthers, am 17. April 1539 trat Lb PersonHeinrich von Sachsen (1473–1541) Herzog Heinrich die Regierung in Dresden an.[15] Er folgte dem Beispiel der Ernestiner in Wittenberg, indem er noch im gleichen Jahr die Reformation einführte. Die katholischen Gottesdienste wurden damit im ganzen Land eingestellt. Der amtierende Bischof in Meißen, Lb PersonJohann VIII. von Maltitz (–1549) Johann VIII. von Maltitz, bemühte sich zwar, seine Stellung in Meißen zu halten. Doch im Juli 1539 wurden die von ihm unterbreiteten Vorschläge einer Kirchenreform abgelehnt. Landesweite Kirchenvisitationen wurden eingeleitet, sämtliche Klöster löste man auf.

Das alte Bistum erlebte nun eine schrittweise Demontage. Für den Meißner Dom wurde im Juli 1539 eine erste protestantische Gottesdienstordnung verfasst, die am 5. Januar 1540 verabschiedet wurde, eine weitere ausführliche stammt aus dem Jahr 1546.[16] Auch seine Kirchenschätze musste das Domkapitel in Meißen 1540 an den Lb PersonHeinrich von Sachsen (1473–1541) Herzog ausliefern. Die Bischöfe zogen sich nach Le Geographicumf Ort: Stolpen Stolpen zurück.[17]

Die Führung der Landeskirche vertraute man nun drei Konsistorien an. Das Konsistorium in Le Geographicumf Ort: Meißen Meißen wurde am 16. Februar 1545 gegründet. Auf Betreiben Lb PersonAndreä, Jacob (1528–1590) Jakob Andreaes wurde es 1580 als zentrales Oberkonsistorium nach Dresden verlegt,[18] kehrte jedoch nach dem Regierungsantritt Lb PersonChristian I. von Sachsen (1560–1591) Christians I. 1588 wieder nach Meißen zurück. In der für den Orgelneubau relevanten Zeit befand es sich dort. Erst 1606 erfolgte erneut eine Verlegung nach Dresden. Damit besaß Meißen als ehemaliges religiöses Zentrum des Bistums Sachsen auch in der lutherischen Phase zunächst eine tragende Funktion in der Landeskirchenorganisation. Das Konsistorium befand sich allerdings im Gebäude des Stadtpfarrhauses, hatte also räumlich nichts mehr mit dem bischöflichen Areal auf dem Burgberg zu tun.

Unter dem im Stolpener Exil lebenden Bischof Lb PersonJohann IX. von Haugwitz (1542–1595) Johann IX., der 1579 heimlich zum Protestantismus übertrat und 1581 eine offizielle Kapitulation unterschrieb, kam es schließlich zur Auflösung des Bistums. Die Regierung des personell deutlich reduzierten Hochstifts als einer vor allem wirtschaftlichen Organisation wurde nun dem Kurfürsten übertragen.[19] Bis zum Ende des Königreichs Le Geographicumh Territorium: Sachsen Sachsen blieb das Domkapitel bestehen. An seiner Spitze stand stets als Administrator ein Vertreter des wettinischen Herrscherhauses. Das Stiftsgebiet wurde nochmals verkleinert. Die daraus erwirtschafteten Einkünfte wurden zu einem großen Teil für zentrale Bildungsaufgaben (Professuren, studentische Stipendien) eingesetzt. Dem Domkapitel selbst, das vom Stiftssyndikus geleitet wurde, verblieb nur ein kleiner Teil der Einnahmen, die dem Erhalt des Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Dom Doms dienten.[20]

Blaschke charakterisiert das Hochstift mit seinem kurfürstlichen Administrator folgendermaßen:

In den Jahrhunderten nach 1581 erscheint das Hochstift Meißen als vornehme Körperschaft adliger und gelehrter Männer durchaus noch im Glanze einer großen Tradition. Im Landtage war es in der Kurie der Prälaten und Herren vertreten, so daß seine Stimme bei der Regelung und Beratung politischer Fragen ins Gewicht fiel. Die Mitglieder des Domkapitels genossen mancherlei ständische Vorrechte.[21]

Diese glanzvolle Position des protestantischen Domstifts musste zweifellos in einer Anfangsphase neu definiert werden. Man kann nur vermuten, dass es gerade nach den lokalen Problemen mit Anhängern des Katholizismus, der landesweit geführten Auseinandersetzung mit den Kryptocalvinisten und der kurzen calvinistischen Episode unter Christian I. (1588-1591)[22] um die Jahrhundertwende Bestrebungen gab, diese repräsentative, kurfürstliche Institution in Meißen zu stabilisieren und ihr ein unverwechselbares konfessionelles Gesicht zu geben.

1581 setzte man erstmals regulär einen nebenamtlichen Domprediger ein. Die Zinsen aus dem Verkauf des Silbergeschirrs des Lb PersonJohann IX. von Haugwitz (1542–1595) letzten Bischofs lieferten das Honorar für das neue Amt, das in der Regel dem Superintendenten der Stadt Meißen überlassen wurde. Zur Pflicht gehörte eine zusätzliche sonntägliche Predigt im Dom.[23] Die personelle Besetzung dieses Amts scheint in der Forschung nur unvollständig bekannt zu sein. So erwähnt Junghans als Amtsinhaber der Jahrhundertwende lediglich den 1595 (recte: 1593) eingesetzten Lb PersonStrigenitz, Gregor (1548–1603) Gregor Striegnitz (sic), eine prominente Theologengestalt, deren Wirken in Le Geographicumf Ort: Meißen Meißen sicher noch mehr Aufmerksamkeit verdient. Als seinen am 20. Februar 1612 ernannten Nachfolger bezeichnet er Lb PersonCummer, Abraham (1548–1614) Abraham Cummer, obwohl sich der Termin seines Amtsbeginns offenkundig auf den Tod Lc PredigtautorPolantus, Nicolaus (1559–1612) Nikolaus Polantus' bezieht.[24] Tatsächlich wurde nach dem Tod Strigenitz' im Jahr 1603 Polantus aus Le Geographicumf Ort: Plauen Plauen als Nachfolger berufen.

Neben der Aufwertung der Dompredigten dürfte die architektonische Umgestaltung der Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Dom Domkirche in dieser Zeit eine maßgebliche Rolle gespielt haben. In der reichen kunstgeschichtlichen Literatur zum Meißner Dom bleibt diese Episode bislang völlig im Dunkeln. Edgar Lehmann etwa fasst die baulichen Entwicklungen nach der Reformation in wenigen Worten zusammen:

Das Bennograbmal in der Mitte des Langhauses wurde 1539 schon zerschlagen, die meisten Altäre verschwanden wenige Jahre später. 1591 erhielt das Langhaus eine neue Kanzel. Der Meißner Dom nahm mehr und mehr den Charakter einer Pfarrkirche an. Wie die Stadt Meißen hinter der neuen Residenz Le Geographicumf Ort: Dresden Dresden in den Hintergrund trat und zu einer stillen Landstadt herabsank, so verlor auch der Burgberg an Bedeutung.[25]

Kunsthistorisch weckte die 1591 am zweiten Pfeiler der Nordarkaden des Langhauses angebrachte Kanzel mit wenig Schmuckwerk kein großes Interesse. Sie besitzt achteckige Felder mit Bibelzitaten und eine schlichte Holztür mit anspruchsloser Bekrönung und regte Lehmann zu folgendem Urteil an: Die nüchterne Einfachheit der Kanzel ist gewiß charakteristisch für die Zeit der Entstehung.[26] Gerade die Schlichtheit und der Einsatz von Bibelzitaten zeugen jedoch von dem Willen, den Kirchenraum in protestantischem Sinn umzuformen.

Der Einbau einer Ld OrgelMeißener Dom, Frietzsch-Orgel 1603/1604 Orgel bedeutete einen weiteren Schritt der Aufwertung des Doms, der 1616 dann erneut einer umfassenden Sanierung unterzogen werden sollte. Dass sowohl die La OrgelpredigtMusica instrumentalis (Meißen 1605) M Orgelpredigt als auch die LVD17 23:123456X Renovationspredigt im Druck erschienen, unterstreicht die Bedeutung, die man diesen Ereignissen beimaß. Wie stark beim Orgelbau neben rein musikalischen Beweggründen auch symbolische Aspekte eine Rolle spielten, lässt sich an zwei Themen beleuchten, die Polantus in seiner Vorrede anspricht. Sie werden im Folgenden näher erläutert.

Der Meißner Blitzeinschlag

Wie bereits erwähnt, hing der Neubau einer Ld OrgelMeißener Dom, Frietzsch-Orgel 1603/1604 Orgel für den Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Dom Dom zu Meißen unmittelbar mit der Zerstörung des Vorläuferinstruments zusammen. Dabei nun handelt es sich um ein denkwürdiges lokalgeschichtliches Ereignis, das sich im Kontext des Schmalkaldischen Krieges zutrug. Am 27. April 1547 schlug ein Lm Ereignis27. April 1547: Blitzeinschlag im Meißner Dom Blitz in die drei Turmspitzen der Domkirche ein und verwüstete die Türme der Westfassade, die von diesem Zeitpunkt an fehlten. Sie wurden erst in den Jahren 1902 bis 1906 in neugotischem Stil wieder aufgebaut.[27]

Zerstört wurden durch den Einschlag auch die Glocke und die an der Westfront angebrachte große Orgel. Vergleichbare Unwetterschäden hat es in der Geschichte der Orgel immer wieder gegeben. In Meißen war diese Katastrophe dadurch bemerkenswert, dass sie sich nur drei Tage nach der Lm Ereignis24. April 1547: Schlacht bei Mühlberg ; Schlacht auf der Lochauer Heide Schlacht bei Mühlberg (24. April 1547) ereignete, in der die Truppen des Schmalkaldischen Bundes vom Kaiserlichen Heer besiegt und Kurfürst Lb PersonJohann Friedrich I. von Sachsen (1503–1554) Johann Friedrich von Sachsen gefangen genommen worden war. Für Lb PersonMoritz von Sachsen (1521–1553) Moritz von Sachsen, der im Lm Ereignis1546–1547: Schmalkaldischer Krieg Schmalkaldischen Krieg mit dem Lb PersonKarl V. von Habsburg (1500–1558) Kaiser paktiert hatte, bedeutete dieser Sieg einen großen Triumph. Er ordnete Festgottesdienste in den wichtigen Kirchen des Landes an. Auch das Stift Meißen feierte eine Festmesse in bester katholischer Tradition.[28] Nachdem gegen Mittag des 27. Aprils ein Te Deum im Meißner Dom gesungen worden war, ereignete sich am späten Nachmittag die Unwetterkatastrophe. Diese Koinzidenz wurde von den protestantischen Zeitgenossen als göttlicher Fingerzeig interpretiert. Das zeichenhafte Ereignis ist häufig dargestellt worden und ging in das mündlich tradierte Geschichtswissen der Region über.

Bereits 1876 hat der Historiker Karl Gautsch sich die Aufgabe gestellt, der Überlieferung des Meißner Blitzschlags auf den Grund zu gehen.[29] Denn nicht nur die sächsischen Volkssagen hatten den Vorfall offenkundig ausgeschmückt, auch in Geschichtswerken des 19. Jahrhunderts stößt man auf dramatisierende Darstellungen, die den Blitzeinschlag direkt in die Jubelmesse verlegten.[30] Gautsch stellte klar, dass entgegen diesen Darstellungen der Blitz nicht unmittelbar während des Te Deums einschlug. Er identifizierte die zwei ältesten Berichte, in denen der genaue Zeitpunkt genannt wird: Der erste stammt von Lb PersonFabricius, Georg (1516–1571) Georg Fabricius, in dessen Stadtchronik folgendermaßen von dem Vorgang berichtet wurde:

Basilica V. Calend. Maij de coelo tacta, hora quinta pomeridiana: turres tres, tectum, campanae, organum consumpta incendio: cum eodem die mane circa septimam essent actae gratiae de capto Johanne Friderico. Tacta etiam turris templi divae virginis in urbe, sed hujus flamma statim restinguitur. Nullum aliud fulmen aut antecessit, aut est secutum.[31]

Der chronologisch nächste Bericht wurde 1588 veröffentlicht:

Anno 1547 den 27. Aprilis als die Hispanier vnd Vngern in der Stadt gelegen, vnd man für Mittag auffm Thumb vnd sonsten alle Glocken geleutet vnd das Te Deum Laudamus gesungen, das Churfürst Johann Friedrich gefangen, kam nach Mittag vmb 5 Uhr ein wetter vber Meissen, thet ein einigen schlagk, schlug in die drei hohen Spitzen der Thumbkirchen, zerschmeisset vnd zerschmeltzet alle Glocken sampt der grossen Orgel von der wand herab, das niemand gewust wo alles hingestoben vnd geflohen [...].[32]

Gautsch wendet sich in seinem Beitrag besonders gegen die aus seiner Sicht übertriebene Überlieferung, das Unwetter sei aus heiterem Himmel aufgetaucht. Sein Nachweis, die ältesten Quellen würden darüber nicht berichten, überzeugt jedoch nicht. Zwar begegnet eine solche Formulierung weder bei Lb PersonFaust, Lorenz (1532–1594) Lorenz Faust noch bei Lb PersonFabricius, Georg (1516–1571) Fabricius. Gleichwohl akzentuiert ihre Darstellung den unerwarteten, einmaligen Charakter des Blitzschlags. Fabricius hebt hervor, dass es sich um einen einzigen Blitz handelte, dem keine weiteren vorangingen oder folgten. Faust erwähnt ebenfalls den einigen schlagk des Blitzes.

Dass das Naturereignis von protestantischen Theologen der Zeit als Strafgericht Gottes vereinnahmt wurde, hielt der Heimatforscher Gautsch für eine Verirrung, mit der sich näher zu beschäftigen er ablehnte:

Wir halten für müßig zu untersuchen, welcher Schriftsteller wohl an der Verbreitung dieser Fabeln schuld sei, und wollen nur bemerken, daß dieselben den protestantischen Theologen früherer Zeit ganz willkommen waren, weil sie jenen Unfall im Geiste ihrer damaligen beschränkten Anschauung als ein Strafgericht Gottes, als einen Zornblitz ansahen, darin den Finger Gottes wahrnehmen und gläubigen Zuhörern, welche sich nicht die Mühe nahmen, der Wahrheit dieser Thatsache nachzuspüren, solches als Beleg zu dem Spruche: 'Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten!' vortragen konnten. In lateinischen Schriften jener Zeit findet man deshalb auch jenen Blitzstrahl 'fulmen prodigiosum' genannt. Am liebsten wäre es vielleicht manchen dieser Theologen gewesen, wenn sie hätten berichten können, daß dieser bedeutungsvolle Blitz während des Tedeums mitten unter die Domherren gefahren sei und diese sämmtlich vernichtet hätte. Aber soweit war man in der Verfälschung jener Thatsache noch nicht gekommen.[33]

Polantus' La OrgelpredigtMusica instrumentalis (Meißen 1605) M Predigt nun bietet den besten Beleg für die beschränkte Anschauung eines Angehörigen des konfessionellen Zeitalters. In seiner Darstellung des Blitzeinschlags ist das Grundgerüst aus Laurentius Fausts LVD17 23:123456X Chronik deutlich erkennbar. Nahezu jedes Satzglied ist jedoch durch blumige Wendungen ausgeschmückt, die eine theologisch korrekte Rezeptionslenkung bewirken.

Solcherley WarnungsZeichen ist vnter andern mercklichen vielen nicht der wenigsten eines gewesen/ Daß Anno Christi 1547. 27. Aprilis nach mittag gegen 5. Vhre/ da der von Gottes Gnaden wegen Hochfuerstlicher Geburt/ vnd wegen richtiger vnd standhaffter Bekenntnueß Goettlicher Warheit/ durchleuchtigste Lb PersonJohann Friedrich I. von Sachsen (1503–1554) Churfuerst Joann[es] Friderich gefangen/ vnd folgend an stadt weltlicher Hoheit mit der Laurea gloriosissimi Martyrij beseliget worden/ vnd hierab vnter andern das Baepstische Pfaffengesinde allhier in der Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Dom Domkirchen mit jhrem frolocken vff die eingebrachte Botschafft/ zu hauff gelauffen/ mit allen Glocken geleutet/ vnd das Te Deum laudamus, freilich wenigst zu Gottes Wolgefallen/ Sondern wider Gott/ gesungen/ ein vngewoenlich Wetter/ do es domaln sonst am Himmel allerdings gar keinem Wetter gleich gesehen/ vhrploetzlichen kommen/ vnd durch einen einigen vberauß schrecklichen Plitz oder Schlag/ in gedachter Domkirchen/ die drey hohe vnnd steinerne Thuerne [Thuerme] vnd Spitzen/ zusampt allen schoenen Glocken/ die Ld OrgelMeißener Dom, Frietzsch-Orgel 1603/1604 Orgeln/ ein grosses Stuecke am Gewelbe/ alle das Dach/ vnd anders mehr/ dermassen zerschmettert/ vnd in hauffen geworffen/ daß man nicht wissen koennen/ Wo alles/ zumal von so vielen vnd grossen Geleute/ zerstoben vnd hinkommen.[34]

Die Meißner Orgelpredigt dürfte einen besonders frühen Beleg für eine konfessionell geprägte Instrumentalisierung dieses Motivs liefern.[35] Als einige Jahre später die Sanierung der Le Geographicumg Gebäude: Meißen, Dom Domkirche durchgeführt wurde, die vor allem auf eine protestantische Umdeutung des einstigen bischöflichen Kirchenraums abzielte, fügte auch Lb PersonGedik, Simon (1551–1631) Simon Gediccus in seine LVD17 23:123456X Weihepredigt die Passage des Blitzeinschlags ein. Auch er schreibt den Faustschen Text weiter und gibt dem Leser unmissverständlich zu verstehen, dass es sich um ein Zeichen Gottes handele:

Für grossem frolocken vnserer Widersacher/ wurden den 27. Aprilis/ da die Gottlosen Tyrannischen Spanier/ noch allhie in der Stadt lagen/ vor Mittage auff dem Thumb in der kirchen alle Glocken geleutet/ vnd das Te Deum laudamus gesungen/ darumb/ daß der Churfürst Johan Friederich gefangen were. Aber vnser HERR Gott gab bald ein Zeichen denselben tag/ daß er an solchen beginnen der Gottlosen vnd Teufflischen Schadenfroh kein gefallen hette. Denn nach Mittag vmb 5. Vhr/ kam plötzlich ein Wetter vber Meissen (da man sonst anderswo nichts merckte/ auch in der Nachbarschafft nicht) das thet einen schlag/ vnd schlug in die drey hohe spitzen dieser Thumbkirche/ zerschmeisset vnd zerschmeltzet alle Glocken/ sampt der grossen Orgel von der Wand herab/ daß niemand gewust/ wo alles hin gestoben vnd geflohen.[36]

Naturereignisse als Zeichen Gottes spielen in der Theologie der Zeit eine bedeutende Rolle. Auch Protestanten interpretierten sie als Ankündigung schlimmer Ereignisse oder als zeichenhafte Strafe Gottes, mit der die Gläubigen zu Buße und Bekehrung aufgerufen werden sollten. Dazu gehörten neben Blitzschlägen auch andere Phänomene wie Kometenerscheinungen, Hagel, Frostschäden oder Erdbeben.[37] Lc PredigtautorPolantus, Nicolaus (1559–1612) Polantus diente die Zerstörung der alten Orgel als bestes Zeugnis dafür, dass die im Katholizismus geübte Verwendung der Instrumental- und Figuralmusik Gott nicht gefällig war. Der Bau der neuen Ld OrgelMeißener Dom, Frietzsch-Orgel 1603/1604 Orgel markierte so in besonders sinnfälliger Weise den Wandel, der durch die Reformation eingetreten war. Mit ihr hielt nun nach mehreren Jahrzehnten ein vollgültiger lutherischer Gottesdienst im Dom Einzug. Die Ausführungen der Predigt mit ihren überreichen Anleihen in der Bibel lieferten den Beweis, dass man die kirchenmusikalische Praxis fortan im Einklang mit der Heiligen Schrift pflegen würde.

Die bauliche Umgestaltung des Innenraums des Doms im Jahr 1616 führte diese Tendenz weiter. Die Veränderung betraf zum einen die Errichtung einer neuen, erhöhten Kanzel, zum anderen die Bestuhlung, die in eine richtigere Ordnung gesetzt/ vnd mit vielen bequemen newen Stüelen vermehret[38] worden war. Zu diesen Maßnahmen gesellte sich eine konfessionelle Neubelegung des Kirchenraums, der in Volckreicher versamlung auff das new ist eingeweihet/ vnd der heiligen hochgelobten Dreifaltigkeit zugeeignet worden.[39]

Für die Ausbildung einer lutherischen Musiktheologie ist es interessant, dass Gedik auch der Musik einen substantiellen Anteil an der Weihehandlung zugestand. In Abgrenzung zum katholischen Ritus schrieb Gedik: Wir brauchen zur Einweyhung viererley Chresem.[40] Dieser Chrysam bestand für ihn aus Gottes Wort, dem rechten Brauch der Sakramente und an vierter Stelle dem Gebet. An dritter Position nannte er die Musik, deren Einsatz mithin als integraler Bestandteil einer protestantischen Kirchenkonsekration angesehen wurde:

Der dritte Chresem ist die Geistliche liebliche Musica/ daß wir Gott loben vnd preisen mit Psalmen/ Lobgesängen vnd Geistlichen Liedern/ vnd singen vnd spielen dem Herrn in vnsern Hertzen/ vnd sagen danck allzeit für alles/ Gott vnd dem Vater in dem Namen vnsers Herrn Jesu Christi.[41]

Die Voraussetzung dafür hatte der Orgelbau einige Jahre zuvor geschaffen.

Der hl. Benno

In seiner Vorrede benennt Polantus noch ein weiteres sensibles Thema, das mit der Meißner Kirchengeschichte zu tun hatte. Bereits das Titelblatt erwähnt neben der Predigt selbst auch die dem Druck hinzugefügte Vorrede/ darinnen etwas von Lb PersonBenno von Meißen (ca. 1010 – 1106) Bischoffs Bennonis Wundern/ wider die Baierische Papisten/ berühret worden.

Die Heiligsprechung des Meißner Bischofs Bennos I. war vom Meißner Domkapitel seit 1498 vorangetrieben worden. Herzog Lb PersonGeorg der Bärtige (1471–1539) Georg von Sachsen nahm sich dieser prestigeträchtig erscheinenden Sache an und erreichte die Lm Ereignis31. Mai 1523: Heiligsprechung Bennos von Meißen Heiligenerhebung durch Papst Lb PersonHadrian VI. (1459–1523) Hadrian VI. Die großen Feierlichkeiten, mit denen dieses Ereignis am 31. Mai 1523 in Le Geographicumh Territorium: Sachsen Sachsen begangen wurde, lösten eine heftige Gegenreaktion in reformatorischen Kreisen aus. Lb PersonLuther, Martin (1483–1546) Martin Luther polemisierte gegen diesen Versuch, den Katholizismus in Sachsen zu stärken. Eine ganze Welle von Streitschriften, aber auch von Spottprozessionen wurde der unzeitgemäßen Kanonisierung Bennos entgegengesetzt.[42]

In den Jahren, die der Orgelpredigt vorausgingen, gewann das Benno-Thema erneut an Aktualität. Nach ihrer Rettung waren die Reliquien 1576 heimlich nach Le Geographicumh Territorium: Bayern Bayern verkauft worden, wo man sie zunächst in aller Stille aufbewahrte, um nicht den Ärger des Kurfürsten Lb PersonAugust von Sachsen (1526–1586) August von Sachsen zu erregen. Bereits 1578 kam jedoch die Idee auf, die Reliquien in die Münchner Le Geographicumg Gebäude: München, Frauenkirche Pfarr- und Stiftskirche Zu Unserer Lieben Frau zu überführen, um dort einen würdigen Rahmen für ein jährliches Heiligenfest zu erhalten. 1580 führte man dieses Vorhaben durch.[43] Die Entstehung eines neuen Heiligenkults beschleunigte sich mit dem Regierungsantritt Lb PersonMaximilian I. von Bayern (1573–1651) Herzog Maximilians im Jahr 1598. Den Auftakt gab das Schauspiel LVD16 A 3254 Comedi von S. Benno, das am 14. Oktober 1598 am Jesuitengymnasium in Le Geographicumf Ort: München München aufgeführt wurde.[44] 1601 verzierte man das Benno-Reliquiar mit einer großen Silberbüste. 1604 erfolgte auf Wunsch Herzog Maximilians I. und seines Vaters Lb PersonWilhelm V. von Bayern (1548–1626) Wilhelms V. der Bau des Benno-Bogens, der sich wie ein antiker Triumphbogen über das Grabmal des Wittelsbacher Kaisers Lb PersonLudwig der Bayer (1282–1347) Ludwig des Bayern, den Kreuzaltar und den Altar des hl. Benno spannte.[45] Die monumentale Anlage wurde zum Zentrum eines lebhaften Bennokults. Wallfahrten und Bittgänge aus ganz Bayern führten an diesen Ort. Die mediale Ausgestaltung dieser Ereignisse mit großen Prozessionen, sorgfältig inszenierten Einzügen in die Städte, musikalischer Begleitung und eigens komponierten Pilgerliedern über den Heiligen Benno hat Alexander Fisher ausführlich anhand der überlieferten Quellen beleuchtet.[46]

Parallel dazu häuften sich in München Publikationen, die in Bayern die Kenntnis über Lb PersonBenno von Meißen (ca. 1010 – 1106) Bennos Leben und Wirken verbreiten sollten. Zunächst erschienen Nachdrucke der Päpstlichen Bulle zur Kanonisierung des Heiligen, in der seine Vita und die von ihm überlieferten Wunder enthalten waren, sowie eine Beschreibung seines Festoffiziums.[47] Daneben kamen die ersten Mirakelbücher auf. Nachdem 1601 über 49 Wunder berichtet wurde, die noch in Meißen vorgefallen waren, folgten in den nächsten Jahren Schlag auf Schlag Publikationen über neu vorgefallene Wunderheilungen, die der Heilige in München erwirkt hatte. Den Anstoß gab die spektakuläre Heilung der Agatha Obermayr im Jahr 1601, deren fast abgestorbener Fuß nach der Wallfahrt zum Grab des heiligen Benno gerettet wurde.[48]

Die ersten vier Mirakelbücher, die über etwa 150 Wunder berichteten, fallen in die Jahre 1602 bis 1604, in die Zeit also, in der der Orgelbau in Le Geographicumf Ort: Meißen Meißen geplant und durchgeführt wurde. Die Reaktion aus Meißen erfolgte damit genau in dem Moment, als die Münchner Wunder publizistisch besonders stark verbreitet wurden. In den nächsten Jahren sollten noch einige weitere Mirakelberichte nachfolgen. Das Intervall der Veröffentlichungen verlängerte sich in dieser späteren Phase jedoch signifikant.[49]

Das Titelblatt von Polantus' La OrgelpredigtMusica instrumentalis (Meißen 1605) M Orgelpredigt verleiht dem Druck den Charakter einer Antwort auf ein aktuelles Phänomen, von dem man auch in Meißen Kenntnis erhalten hatte. Mit der Vorrede wurde dem Predigtdruck ein zweites, inhaltlich selbstständiges Thema hinzugefügt, das mit der Orgelweihe nichts zu tun hatte. Polantus distanziert sich von den Münchner Wunderberichten und erinnert seine Leser daran, dass man die Reliquien bei der Einführung der Reformation beseitigt hatte. Die Gebeine des Lb PersonBenno von Meißen (ca. 1010 – 1106) Heiligen waren in der Le Geographicumi Gewässer: Elbe Elbe versenkt worden. Dass die Überreste des Heiligen heimlich in Sicherheit gebracht worden waren, erwähnt der Superintendent nicht. Für ihn waren die Geschehnisse in Le Geographicumf Ort: München München eine Propagandamaßnahme der Jesuiten in Bayern, die binnen kürzester Zeit mit einer geballten medialen Kampagne einen Wunderkult ins Leben gerufen hatten.

Wirkung

Polantus' La OrgelpredigtMusica instrumentalis (Meißen 1605) M Musica instrumentalis steht nach Johannes Langs La OrgelpredigtChristliche Predigt (Tübingen 1602) M Christlicher Predigt an der zweiten Stelle in der Chronologie der Orgelpredigten. Überliefert sind von dem Werk fünf Exemplare. Drei davon sind (bzw. waren) einzeln eingebunden und bieten keinerlei Hinweise auf ihre ersten Besitzer. Die Exemplare in der Universitätsbibliothek Leipzig und in der Forschungsbibliothek Gotha hingegen befinden sich in Predigt-Sammelbänden, die in etwa aus der Entstehungszeit der Predigt stammen. Der Leipziger Band besitzt auf dem Vordereinband das Supralibros M T W H | 1612. Das Monogramm steht für Lb PersonWeinrich, Thomas (ca. 1587 – 1629) Magister Thomas Weinrich Hirschbergensus (Hirschbergensis) und bezieht sich auf den Leipziger Theologen Prof. Dr. Thomas Weinrich (1587c - 1629). Er war 1611 Magister an der Universität Leipzig geworden und amtierte seit 1612 als Pfarrer in Le Geographicumf Ort: Meuselwitz Meuselwitz. 1614 wurde er Subdiakon, 1619 Diakon und 1621 schließlich Archidiakon der Leipziger Le Geographicumg Gebäude: Leipzig, Nikolaikirche Nikolai-Kirche, in deren Besitz der Band vermutlich nach seinem Tod im Jahre 1629 überging. Die dreißig enthaltenen Drucke stammen aus den Jahren zwischen 1585 (Nr. 3, 21) und 1612 (Nr. 22). Offenbar wurde der Band also tatsächlich 1612 in dieser Form zusammengebunden. Nach 1612 ist er nicht mehr ergänzt oder verändert worden. Damit liegt hier eine zeitnahe Rezeption der 1604 erschienenen Orgelpredigt vor, die in eine typische Theologenbibliothek gelangte. Obwohl man vermuten kann, dass Weinrich sich das Konvolut mit aktuellen Predigten aus seinem Umfeld 1612 in Leipzig zusammenstellte, bevor er seine erste Pfarrerstelle antrat, findet man praktisch keine Lektürespuren. Von einer Nutzungsintention zeugt jedoch das handschriftliche Inhaltsverzeichnis im vorderen Spiegel. Als wichtigstes Kriterium steht hier an erster Position die behandelte Bibelstelle, also bei Lc PredigtautorPolantus, Nicolaus (1559–1612) Polantus Ly BibelstellePsalmen 69 Psalm 69. Auf diese Weise konnte der Band leicht befragt werden, wenn es darum ging, Modelle für Predigten zu einem bestimmten Bibeltext aufzufinden. Titel, Autor, Anlass oder Jahr erschienen dagegen als nachrangig. Da eine Handschriftenprobe von Weinrich nicht vorlag, ist es nicht auszuschließen, dass die Inhaltsübersicht nicht von ihm selbst, sondern nach 1629 von den Bibliothekaren der Nikolai-Kirche angelegt worden ist. Ein ähnliches, jedoch aufwändiger strukturiertes und von einer anderen Hand angefertigtes Inhaltsverzeichnis mit derselben Überschrift Contenta begegnet im Band D-LEu: St.Nicolai.858, in dem Lc PredigtautorWinter, Erasmus (1548–1611) Erasmus Winters La OrgelpredigtElogium Organi Musici (Altenburg 1610) M Orgelpredigt überliefert ist. Auch nach der Inkorporierung in die Bibliothek der Nikolai-Kirche wären dieser Hypothese zufolge die homiletischen Sammelbände für die Nutzung durch andere Prediger bereitgehalten worden.

Der in der Forschungsbibliothek Gotha überlieferte, stark beschädigte Band trägt im Supralibros die Initialen I B V. Die auf dem Einband eingeprägte Jahreszahl 1621 weist das Konvolut ebenfalls als frühes Rezeptionsdokument aus, das mutmaßlich von einem Theologen aus dem sächsischen Raum stammt. Dass die Besitzer der beiden Bände einen ähnlichen Kreis von Publikationen im Blick hatten, kommt darin zum Ausdruck, dass der Träger der Initialen I.B.V. nicht nur ebenfalls Polantus' Orgelpredigt sowie zwei Werke von Lb PersonHoë von Hoënegg, Matthias (1580–1645) Matthias Hoë von Hoënegg gesammelt hat, sondern auch eine Publikation von Lb PersonWeinrich, Thomas (ca. 1587 – 1629) Thomas Weinrich. Der sehr viel schmalere Band ist in seinem Spektrum allerdings enger. Die Drucke sind ausschließlich im sächsisch-thüringischen Raum entstanden. Vier der Predigten weisen einen direkten lokalen Bezug zu Meißen auf. Von besonderem Interesse ist überdies die noch stärkere inhaltliche Konzentration auf verschiedene Arten von Einweihungspredigten. Neben zwei Valet- und einer Probepredigt bieten die dreizehn enthaltenen Werke Beispiele für die Einweihung von Schulen, Orgeln, Taufsteinen, Altären und Kirchen, außerdem Predigten zur Grundsteinlegung und Renovierung von Kirchengebäuden. Die zwischen 1604 und 1619 gedruckten Texte gaben ihrem Besitzer also aktuelle Modelle für fast jede mögliche Einweihungsgelegenheit an die Hand. Deutlich erkennbar ist gegenüber dem mit 1612 datierten Konvolut des Thomas Weinrich, dass der Trend zur Veröffentlichung von Einweihungspredigten seit 1611 im Zunehmen begriffen war. Sieht man von Polantus' Orgelpredigt ab, sind die anderen Einweihungspredigten des Gothaer Bandes alle in den Jahren ab 1611 erschienen. Weinrich sind sie also noch nicht zugänglich gewesen. Die wenigen Jahre, die zwischen den zwei Sammlungen liegen, führten so zu einem ganz anders ausdifferenzierten Tableau in diesem Gattungsbereich.

Vielleicht aufgrund ihres Erscheinungsorts (Le Geographicumf Ort: Leipzig Leipzig) ist Polantus' Predigt weniger in Vergessenheit geraten als manche anderen frühen Vertreter der Gattung. Neben den Orgelpredigten von Lc PredigtautorDieterich, Conrad (1575–1639) Conrad Dieterich (in der La OrgelpredigtKirchweih= oder Orgel=Predigt (Frankfurt a. M. / Leipzig 1669) M Leipziger Ausgabe von 1669), Lc PredigtautorHedler, Matthäus (1607–1674) Matthäus Hedler (1647), Lc PredigtautorOlearius, Johannes (1611–1684) Johann Olearius (1667) und Lc PredigtautorWeber, Immanuel (1633–1677) Immanuel Weber (1671) wird das Werk so 1685 in Martin Lipenius' LVD17 12:648852K Bibliotheca Realis Universalis in der Rubrik Organon pneumaticum, s. musicum. verzeichnet. Lipenius gibt allerdings ein falsches Erscheinungsjahr an: Polanti Predigt vom Christlichen Gebrauch der Orgeln. Leipz. 1655.[50] Da es sonst keinerlei Hinweise auf einen Nachdruck der Predigt im Jahr 1655 gibt, handelt es sich vermutlich um einen Druckfehler. Damit war das Werk für die kommenden Theologengenerationen zumindest aber bibliographisch dokumentiert.

Nur zwei Jahre später eröffnete auch der Altenburger Pfarrer Lc PredigtautorSagittarius, Paulus Martinus (1645–1694) Paulus Martinus Sagittarius in seiner La OrgelpredigtDas dem Allmächtigen abzustattende Lob (Altenburg s.a.) M Orgelpredigt den Katalog von Orgelweihpredigten, in deren Tradition er sich sah, mit der La OrgelpredigtMusica instrumentalis (Meißen 1605) M Musica instrumentalis des Lc PredigtautorPolantus, Nicolaus (1559–1612) Polantus.[51] Die Angabe des korrekten Datums der Meißner Orgeleinweihung, 13. Mai 1604, deutet darauf hin, dass Sagittarius der Druck vorgelegen hatte.

Gleich zwei Exemplare von Polantus Predigt erwarb Lb PersonPonickau, Johann August von (1718–1802) Johann August von Ponickau für seine regional ausgerichtete Bibliothek, die er der Universitätsbibliothek Wittenberg vermachte und die später mit den Wittenberger Beständen nach Le Geographicumf Ort: Halle (Saale) Halle verlagert wurde. Eines der zwei Büchlein ist 1947 in den Wirren der Nachkriegszeit verloren gegangen. Das zweite Exemplar war nach den umfassenden Katalogisierungsmaßnahmen der Kasualliteratur aus der Sammlung Ponickau als Dublette ausgesondert worden. 1897 wurde es von der Königlichen Öffentlichen Bibliothek zu Dresden erworben. Wie alle Orgelpredigten aus Ponickaus Bibliothek, wurde der Druck aus einem größeren Sammelband herausgelöst, sodass über den ursprünglichen Sammelkontext keine Aussagen möglich sind. Unbekannt ist schließlich die Provenienz des Exemplars, das sich heute in der Library of Congress (Washington) befindet. Es liegt ebenfalls als Einzeldruck vor.

Vermutlich dank seiner Präsenz in den zentralen öffentlichen Bibliotheken in Halle und Le Geographicumf Ort: Dresden Dresden wurde Polantus' Predigt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in der Forschung rezipiert. In Georg Rietschels Untersuchung zur Geschichte der gottesdienstlichen Funktion der Orgel wird die Predigt in Bezug zu der Rechtfertigung der Wittenberger Theologen gesetzt, mit der kryptocalvinistische Strömungen in Sachsen bekämpft wurden.[52] Anhand einiger Textzitate hebt Rietschel in der Predigt die Polemik gegen die Anhaltischen Calvinisten hervor, deren ablehnende Haltung gegenüber Instrumenten im Gottesdienst Polantus mit verschiedenen Argumenten widerlegt. Außerdem dient Rietschel die Predigt als Beleg dafür, dass die Orgel zu Beginn des 17. Jahrhundert noch mehrheitlich getrennt vom Gemeindegesang erklang, als ein Instrument, das die Gemeinde vor allem hörend wahrnehmen sollte. In Anlehnung an Rietschel erwähnt auch Paul Graff die Orgelpredigt.[53]

Hinweise auf die Quelle findet man dann in verschiedenen orgelkundlichen Nachschlagewerken und Untersuchungen.[54] Auch Willibald Gurlitt stieß während seiner Arbeit über den Meißner Orgelbauer Lb PersonFrietzsch, Gottfried (1578–1638) Gottfried Frietzsch auf den Predigtdruck.[55] Erfasst wurde die Predigt schließlich als musiktheoretisches Werk im Ln LiteraturRISM B, 6-2 M Répertoire International des Sources Musicales.[56]

Mit Ernst Kochs Aufsätzen über Orgelweihpredigten setzt ein modernes musiktheologisches Interesse an dieser Predigtgattung ein, wobei auch Polantus' Text berücksichtigt wird.[57] Johann Anselm Steiger greift in mehreren Arbeiten auf die vorliegende Orgelpredigt zurück. Sie dient ihm als Referenzwerk, um die Äußerungen Lb PersonBirken, Sigmund von (1626–1681) Sigmund von Birkens über die himmlische Musik der Engel in der Vorrede zu seinen Catechismus-Liedern zu kontextualisieren.[58]

Die Digitalisierung der Predigt durch die Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek Dresden macht das Werk inzwischen auch online verfügbar. Bis zu einem gewissen Grade ist bereits eine Volltextsuche unter Google möglich. Auf diesem Wege dürfte Irmtraud Baier bei ihrer Suche nach der Herkunft der Devise Musica noster amor auf Polantus' Predigt gestoßen sein. Die Devise ist Teil eines Motettentextes, den Lb PersonMoritz von Hessen (1572–1632) Landgraf Moritz von Hessen 1605 vertont und Lb PersonPleninger, Andreas (1555–1607) Andreas Pleninger auf einem steinernen Musiktisch eingraviert hatte. Die Herkunft des Zitats konnte bisher nicht ermittelt werden. Baier schreibt:

Die Wendung Musica noster amor scheint um 1600 ein stehender Begriff zu sein, dessen Gehalt alle Gebildeten verstanden: Weit weg von Kassel im lutherischen Meißen predigt Nicolaus Polantus 1604 über den rechten Gebrauch der Musik im Gottesdienst. Seine vehemente Verteidigung der Kirchenmusik gipfelt in den Worten: Wer köndte der göttlichen freyen Sing vnd Spielkünste Nutzen, Tugend, Lust vnnd Herrligkeit außreden? Musica, noster amor: Alles, was Odem hat, lobe den Herrn Alleluja.[59]

1615 sollte auch Lc PredigtautorFrick, Christoph (1577–1640) Christopher Frick die Devise in seiner Orgelpredigt zitieren:

Aber wer köndte der Music (in jhrem rechten gebrauche) Nutz/ Lust Tugendt/ Herrligkeit gnug erzehlen? Musica noster amor: Alles was Odem hat/ lobe den HERRN/ Halleluja.[60]

In der überarbeiteten Fassung seiner Orgelpredigt, die 1631 erschien, hat Frick das Zitat noch um zwei Zeilen erweitert:

Aber wer köndte der Music (in jhrem rechten Gebrauche) Nutz/ Lust/ Tugend/ Herrligkeit gnug erzehlen?

Musica noster amor;
Musica noster honor;
Musica grata Deo:
Musica grata homini:
Alles was Odem hat/ Lobe den HErrn/ Halleluja.[61]

Erhalten blieben die Kombination mit dem Zitat aus Psalm 150 und die nur leicht umformulierte rhetorische Frage zu Beginn, die einen Bezug zwischen Frick und Polantus wahrscheinlich machen. Es bleibt allerdings offen, ob beide Predigtautoren sich auf eine gemeinsame Quelle gestützt haben oder ob Frick die Predigt seines Meißner Kollegen gekannt hat.

Quellenbeschreibung

Es handelt sich um einen Druck im Quartformat. Die Paginierung umfasst 46 Seiten sowie ein unpaginiertes Blatt. Die erste Seitenzahl erscheint auf S. 3. Die insgesamt 6 Bögen haben die Signaturformel A1 - F4. Auf der Rectoseite des letzten Blatts befindet sich ein Kolophon mit dem Druckersignet der Firma Lb PersonBärwald, Zacharias (vor 1582 – 1598) Beerwald. Es zeigt einen Bären im Wald.

Der Text ist in Vorrede und Predigtteil untergliedert. Am Ende ist wohl zur Füllung der leeren Seite ein Abdruck des Ly BibelstellePsalmen 150 Psalms 150 hinzugefügt. Er tritt so ergänzend zur offiziellen Bibelstelle dieser Predigt, die mit Ly BibelstellePsalmen 69,35 Psalm 69,35 angegeben ist.

Im OPAC der deutschen digitalen Nationalbibliographie VD17 werden zwei Varianten von Nicolaus Polantus' Orgelpredigt verzeichnet, denen jeweils eine separate VD17-Nummern zugewiesen worden ist. Unter VD17 14:018757U ist das Exemplar aus der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden erfasst. Das Exemplar der Forschungsbibliothek Gotha besitzt dagegen die Nummer VD17 39:139354N.

Die Abweichungen zwischen den zwei Drucken betreffen die Angabe zum Verleger im Kolophon. Der Druck aus Gotha weist auf der letzten Druckseite folgende Formulierung auf:

Jn verlegung Johann: Börners des ältern/ Druckts Jacob Popporeich. Jm M. DC. V. Jahr.

Dagegen heißt es im Kolophon des Dresdner Exemplars:

Jn verlegung Johann: Börners des jüngern/ Druckts Jacob Popporeich. Jm M. DC. V. Jahr.

Firmiert auf dem einen also der in Leipzig wirkende Lb PersonBörner der Ältere, Johann (1539–1616) Johann Börner (Borner) der Ältere als Verleger, so steht im anderen Lb PersonJeremia Johann Börner der Jüngere an dessen Stelle. Dieser war ein Neffe des schon lange in Leipzig verwurzelten Buchhändlers und Verlegers. Er ist seit etwa 1603 ebenfalls in Leipzig nachweisbar, tritt aber sehr viel seltener in Erscheinung.

Beim Gothaer Exemplars steht die Angabe im Kolophon im Widerspruch zu derjenigen auf dem Titelblatt des Drucks. Beide Exemplare haben hier folgende Drucker- und Verlegerangabe:

Gedruckt zu Leipzig/ Typis Beerwaldin: Durch Jacobum Popporeich/ Jn Verlegung Johann: Borners/ des ältern/ Jm M. DC. V. Jahr.

Abgesehen von diesem Unterschied sind die beiden Drucke jedoch identisch. In VD17 besitzen daher die Drucke aus der Forschungsbibliothek Gotha und der SLUB denselben Fingerprint: t,ns n.er D.a, Liso 3 1605R.

Das Exemplar der Universitätsbibliothek Leipzig entspricht dem Dresdner Exemplar mit der Nummer VD17 14:018757U. Beim Exemplar der Library of Congress (Washington) fehlt das letzte Blatt mit dem Kolophon.[62] So lässt sich hier nicht mehr feststellen, welcher Typ vorliegt.

Nutzerspuren haben sich in den vier heute noch zugänglichen Exemplaren nicht erhalten.

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Vgl. Dähnert, Historische Orgeln in Sachsen (1980), S. 203.
  2. Vgl. den Überblick über die gut erhaltenen Archivbestände des Hochstifts Meißen bei Blaschke, Archiv des Hochstifts Meißen (1973), S. 23-29.
  3. Vgl. Dähnert, Historische Orgeln in Sachsen (1980), S. 203.
  4. Dähnert, Historische Orgeln in Sachsen (1980), S. 203.
  5. Vgl. Gurlitt, Gottfried Fritzsche (1937), S. 108f.
  6. Vgl. Junghans, Geistliche Versorgung (1973), S. 323f.
  7. Vgl. Klemm, Geschichte des Gottesdienstes im Dom zu Meißen (1973), S. 140.
  8. Vgl. Junghans, Geistliche Versorgung (1973), S. 324.
  9. Liebe / Klemm, Meissen (1969), S. 139. Vgl. auch Rüling, Geschichte der Reformation zu Meissen (1839), S. 113; Kandler, Reformation des Hochstifts Meißen (1973), S. 200-204.
  10. Vgl. Vollhardt, Geschichte der Cantoren (1899), S. 221f.
  11. Vgl. Gurlitt, Gottfried Fritzsche (1937), S. 109.
  12. Vgl. Vollhardt, Geschichte der Cantoren (1899), S. 219.
  13. Musica instrumentalis (Meißen 1605), S. 44.
  14. Wolgast, Hochstift und Reformation (1995), S. 237, vgl. im Einzelnen zur Reduktion der Reichsstandschaft auf einen Formalstatus, S. 238f.
  15. Vgl. Hasse, Kirche und Frömmigkeit (2005), S. 477f.
  16. Vgl. Klemm, Gottesdienstordnungen (1968), S. 113-119.
  17. Vgl. zur Phase von 1537-1549: Rittenbach / Seifert, Geschichte der Bischöfe von Meißen (1965), S. 368-374.
  18. Vgl. Hasse, Kirche und Frömmigkeit (2005), S. 495.
  19. Vgl. Liebe / Klemm, Meissen (1969), S. 141 ; Wolgast, Hochstift und Reformation (1995), S. 251f.
  20. Vgl. Blaschke, Archiv des Hochstifts Meißen (1973), S. 18f.
  21. Blaschke, Archiv des Hochstifts Meißen (1973), S. 19.
  22. Vgl. Hasse, Kirche und Frömmigkeit (2005), S. 498-509.
  23. Vgl. Junghans, Geistliche Versorgung (1973), S. 324f.
  24. Vgl. Junghans, Geistliche Versorgung (1973), S. 325. Das Sterbedatum des Autors der Orgelpredigt ist im Übrigen ebenfalls noch ungesichert, vgl. den Personenartikel zu Lc PredigtautorPolantus, Nicolaus (1559–1612) Nikolaus Polantus.
  25. Lehmann / Schubert, Dom zu Meissen (1971), S. 53.
  26. Lehmann / Schubert, Dom zu Meissen (1971), S. 224.
  27. Vgl. Lehmann / Schubert, Dom zu Meissen (1971), S. 53.
  28. Dieser Umstand belegt das Wiedererstarken des Katholizismus, das in den Jahren nach dem Schmalkaldischen Krieg zu beobachten war. In der sächsischen Historiographie wird diese Episode selten erwähnt. Tatsächlich amtierte von 1550 bis 1555 in Le Geographicumf Ort: Meißen Meißen wieder ein katholischer Bischof, Lb PersonNicolaus II. von Carlowitz (–1555) Nikolaus von Carlowitz, vgl. Wolgast, Hochstift und Reformation (1995), S. 249.
  29. Vgl. Gautsch, Miscellen (1876).
  30. Vgl. https://de.wikisource.org/wiki/Der_Dombrand_zu_Mei%C3%9Fen.
  31. Fabricius, Annales Misniae (1569), zitiert nach Gautsch, Miscellen (1876), S. 89.
  32. Faust, Fürstlicher Stambaum (1588), S. 60.
  33. Gautsch, Miscellen (1876), S. 86f.
  34. Musica instrumentalis (Meißen 1605), S. 7f.
  35. Für eine noch frühere Übernahme dieses Exemplums vgl. Pauli, Postilla (1572), Hh3v.
  36. Faust, Fürstlicher Stambaum (1588), S. 35.
  37. Vgl. Ehmer, Zeichen und Wunder (1988), S. 189-192.; Mühleisen, Erdbeben (2015).
  38. Gediccus, Encaenia sacra (1616), S. 8.
  39. Gediccus, Encaenia sacra (1616), Titelblatt.
  40. Gediccus, Encaenia sacra (1616), S. 41.
  41. Gediccus, Encaenia sacra (1616), S. 42.
  42. Vgl. Volkmar, Heiligenerhebung Bennos von Meissen (2002); Zur Polemik siehe auch Böck, Verehrung des hl. Benno (1990), S. 23-25, sowie die Übersicht über die Streitschriften, S. 53, Absatz D.
  43. Vgl. zur Entstehung des Münchner Benno-Kults, Götz, Benno-Verehrung in Altbayern (2017).
  44. Vgl. Comedi von S. Benno (1598). Siehe auch Fisher, Music, piety, and propaganda (2014), S. 226.
  45. Vgl. Götz, Benno-Verehrung in Altbayern (2017), S. 398; Fisher, Music, piety, and propaganda (2014), S. 56f.
  46. Vgl. Fisher, Music, piety, and propaganda (2014), S. 272f., 289-291, 326-329.
  47. Vgl. die Übersicht bei Böck, Verehrung des hl. Benno (1990), S. 54.
  48. Vgl. Götz, Benno-Verehrung in Altbayern (2017), S. 399.
  49. Böck, Verehrung des hl. Benno (1990) weist Publikationen von 1606, 1609, 1615, 1622, 1643 nach. Von den 13 Titeln erschienen damit die ersten fünf zwischen 1601 und 1604. Die weiteren acht dagegen sind über die Jahre 1606 bis 1697 verstreut.
  50. Vgl. Lipenius, Bibliotheca Realis Universalis 2 (1685), S. 383.
  51. Vgl. Das dem Allmächtigen abzustattende Lob (Altenburg s.a.), S. 21.
  52. Vgl. Rietschel, Aufgabe der Orgel (1893), S. 42f.
  53. Vgl. Graff, Auflösung der alten gottesdienstlichen Formen (1937), S. 411.
  54. Vgl. Reuter, Bibliographie der Orgel (1973), S. 153, Nr. 5379; RISM B, 6-2, S. 662; S. 298-300, S. 296.
  55. Vgl. Gurlitt, Gottfried Fritzsche (1937), S. 108.
  56. Vgl. RISM B, 6-2, S. 662.
  57. Vgl. Koch, Orgelweihpredigten (1995), S. 298-300, 303. Siehe auch Sato, Theologische Disputationen über Kirchenmusik (2014), S. 104.
  58. Vgl. Birken, Werke 5,2 (2009), S. 671. Siehe auch Steiger, Orgelprospekt im Kloster Lüne (2015), S. 126.
  59. Baier, Musica noster amor (2014), S. 74.
  60. Musica Christiana (Leipzig 1615), S. 102.
  61. Music-Büchlein (Lüneburg 1631), 1631, S. 123.
  62. Für die Auskunft und Überlassung von Scans der relevanten Seiten danken wir Susan Clermont, Mitarbeiterin der Music Division der Library of Congress (Washington).

Exemplare

Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl): Hist.Sax.H.499, 15.hd

urn:nbn:de:bsz:14-db-id3336937953

Beschreibung

Das Exemplar hat die VD-Nummer VD17 14:018757U. Im Kolophon steht die Angabe Jn verlegung Johann: Börners des jüngern/ Druckts Jacob Popporeich. Jm M. DC. V. Jahr. Das Exemplar liegt als Einzeldruck ohne Einband vor.

Auf dem Titelblatt ist oben rechts ein ovales weißes Etikett mit der Signatur Yd 1630 aufgeklebt. In der unteren linken Ecke des Titelblatts ist ein rechteckiges weißes Signaturschild mit der aktuellen Signatur angebracht: Hist.Sax.H.499, 15.hd. Oben links ist quer mit schwarzer Tinte ein weiteres Kürzel notiert, das möglicherweise eine ehemalige Bibliotheksnummer ist. Es lässt sich als H B 420. entziffern. Auf der Rückseite findet man sowohl oben die mit Blaustift durchgestrichene alte Signatur Yd 1630, als auch unten die heute gültige Signatur.

Zu weiteren bibliothekarischen Vermerken auf dem Titelblatt siehe unter Provenienz.

Das Exemplar weist keine Nutzerspuren auf.

Provenienz

1897 wurde das Werk für die Königliche Öffentliche Bibliothek zu Dresden erworben (Besitzstempel auf dem Titelblatt mittig links). Dies belegt die mit Bleistift auf dem rechten Rand des Titelblatts notierte Akquisitionsnummer 1897 *4043. Der Vorbesitzer ist ebenfalls durch einen Besitzstempel auf dem Titelblatt ausgewiesen. Demnach gehörte das Buch ursprünglich der Bibliotheca Ponickaviana, deren Stempel unten rechts zu sehen ist. Darunter befindet sich außerdem ein Stempel der Universitätsbibliothek Halle mit dem Text: Dupium Biblioth. Acad. Halens. vend.

Man kann davon ausgehen, dass das Werk sich spätestens 1791 in der Bibliothek Lb PersonPonickau, Johann August von (1718–1802) Johann August von Ponickaus befand, denn in diesem Jahr wurde die aufwändige Verschiffung der Bücher nach Wittenberg 1791 durchgeführt, deren Universität die Sammlung als Schenkung erhalten hatte.[1]

Nachdem die Universität Wittenberg 1817 mit der Hallenser Universität vereinigt wurde, gelangte die Sammlung in einem komplizierten Überführungsvorgang nach Halle.[2]

Erhalten blieb beim Dresdner Exemplar in der oberen rechten Ecke des Titelblatts das typische ovale weiße Etikett mit der Signatur Yd 1630, das trotz der Ausstreichung erkennbar ist. Es verdeckt eine noch ältere Zahl in Tinte, deren sichtbarer Teil nicht mehr entzifferbar ist. Vermutlich handelt es sich hier um die Signatur, die bei der ersten, 1836 begonnenen und immer wieder unterbrochenen Katalogisierung der Sammlung Ponickau erteilt wurde.[3] Die neue Signatur Yd 1630 geht auf die Phase nach der Einstellung des Bibliothekars Otto Hartwig zurück, der sich bei seiner Neukatalogisierung nach dem Modell des Marburger Katalogs richtete. Polantus' Orgelpredigt wurde in der Systematik unter Geschichte Meißens einsortiert. 1893 kam die Katalogisierung der Kleinen Schriften endgültig zum Abschluss.[4] Danach wurde eine systematische Aussonderung von Dubletten aus der Ponickau-Sammlung vorgenommen. In der Tat lag in Halle unter der Signatur Pon Vk 2487,QK ursprünglich ein weiteres Exemplar von Polantus' Orgelpredigt vor, das jedoch 1947 verloren gegangen ist, so dass das Werk heute im Bestand der Universitätsbibliothek Halle fehlt.

Gotha, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Forschungsbibliothek Gotha (D-GOI): Theol 4° 00977 (10)

urn:nbn:de:urmel-9499f7df-64c3-449f-ae89-b8c7a15293fc-00010167-018

Beschreibung

Das Exemplar hat die VD-Nummer VD17 39:139354N. Im Kolophon steht, anders als im Dresdner Exemplar, die Angabe Jn verlegung Johann: Börners des ältern/ Druckts Jacob Popporeich. Jm M. DC. V. Jahr.

Die Predigt wurde mit zwölf weiteren Predigten zu einem Band zusammengebunden (Grundsignatur: Theol 4° 00977). Der Pergamenteinband ist besonders am Buchrücken stark brüchig. Auf dem vorderen Vorsatzblatt ist ein handschriftliches Inhaltsverzeichnis angelegt, das nur die Titel der Werke ohne Angabe der Autoren aufzählt. Die Werke sind in den Jahren 1605-1619 gedruckt worden und stammen aus dem sächsisch-thüringischen Raum. Auffallend ist die starke inhaltliche Konzentration auf die Einweihungs- und Ordinationsthematik. Auch Le Geographicumf Ort: Meißen Meißen stellt einen wichtigen Bezugspunkt dar. Neben Polantus' Orgelpredigt finden sich drei Predigten eines seiner Nachfolger, des Superintendenten und Dompredigers Lb PersonGedik, Simon (1551–1631) Simon Gedik. Zwei Texte stammen von Lb PersonHoë von Hoënegg, Matthias (1580–1645) Matthias Hoë von Hoënegg.

Die enthaltenen Werke haben auf dem Titelblatt eine mit Bleistift notierte laufende Nummer. Auf dem Titelblatt der Orgelpredigt ist in der rechten oberen Ecke die Nummer 10 notiert. Folgende Worte des Titels sind mit schwarzer Tinte unterstrichen: Christlichem Brauch der Orgelwerck vnnd Seytenspiel/ bey dem heiligen Gottesdienst/ Eine Predigt/ Gehalten in der Domkirchen Meißen/ Alß die Newe Orgel so das Ehrwürdige Dom-Capitul [e]tc[etera] von newem erbawen lassen/ allda zu erst gebrauchet ward Weitere Nutzerspuren gibt es nicht.

Provenienz

Das Supralibros besteht aus den Initialen: I B V und der weiter unten eingeprägten Jahreszahl 1621, bei der die Ziffern teilweise spiegelverkehrt erscheinen. Aufgrund der Erscheinungsjahre der enthaltenen Werke dürfte 1621 die einzig sinnvolle Auflösung der Zahlenkombination sein. Der Name des Eigentümers konnte bislang nicht identifiziert werden. Über die Provenienzsuche im OPAC der Bibliothek lässt sich lediglich ein weiterer Band mit dem Supralibros I B V ermitteln, der ebenfalls die mutmaßliche Jahreszahl 1621 mit teils spiegelverkehrten Ziffern aufweist. Dieser Oktavband mit der Signatur D-GOI: Theol 8° 00497/02 Theol 8° 00497/02 hat einen Besitzstempel der Königlichen Bibliothek Gotha mit der Jahreszahl 1799, die sich offenbar auf das Zugangsdatum bezieht. Er enthält drei Werke, die in denselben Zeitraum fallen wie diejenigen des Bandes D-GOl: Theol 4° 00977 und einen sächsischen Theologen aus Polantus' Wirkungszeit als Besitzer wahrscheinlich machen:

  1. Hermann Samson, Wolgegründte außführung und lehrhaffte anweisung/ Wie es ein beschaffenheit habe so wol umb des Herren Lutheri, alß aller Lutherischen Praedicanten Vocation und beruff/ wie auch Ordination und Priesterweihe, Altenburg in Meissen: Grosse, 1611 | VD17 14:639477Q
  2. Henning Dedekind, FeyerAbend/, Das ist/ Auff die drey Christliche hochfeyerliche HauptFesta: Weyhnachten/ Ostern/ und Pfingsten/ Gottselige Ubungen, [Leipzig]: [Nerlich, Jansonius], [1617 oder 1618], mit Notenbeilage | VD17 547:713229F
  3. S. Georgens Reisebüchlein Oder Bewehrtes Kunststücke/ Christlich zu krancken unnd selig zu sterben, Alten Stettin: Landtrachtinger, 1617 | VD17 547:712675A
Enthaltene Werke
  1. Johann Goeldel, Probpredigt/ Auß dem 68. Psalm Gehalten Zu Northausen, Jena: Weidner, 1616 | VD17 39:139304E
  2. Elias Andreas, Valetpredigt M. Eliae Andreae Saxo-Hallensis, Leipzig: Lamberg, 1605 | VD17 39:139307C
  3. Michael Rosinus, Vier Christliche Predigten: I. Concio Dokimastikē; II. Concio Valedictoria; III. Arae Inauguratio; IV. Baptisterii Consecratio, Magdeburg: Neumann, Schmied, 1614 | VD17 39:139313D
  4. Paul Röber, Vindiciae adiaphorias Altarium Rettung Christlicher Freyheit/ an Rechtmessigen gebrauch der Altarn/ Bey Einweyhung Eines Newen Altars, Magdeburg: Kirchner, Betzel, 1619 | VD17 39:139324T
  5. Matthias Hoë von Hoënegg, Christliche Predigt/ Bey Fundation oder Legung/ Des ersten Grundsteins/ einer Kirchen/ für die Evangelischen Teutscher Nation/ in der Königlichen alten Stadt Prag, Leipzig: Lamberg, 1611 | VD17 12:189921U
  6. Johann Hoffmann, Concio Valedictoria Das ist: GesegnungsPredigt/ An der Newerbaweten PfarrKirchen zu Haynsburg, Altenburg: Meuschke, 1615 | VD17 39:139333S
  7. Georg Weinrich, Christliche Einweyhungs-Predigt/ des schönen und Kunstreichen/ Newerbawten Tauffsteins/ in der Kirchen zu S. Thomas in Leipzig, Leipzig: Lamberg, 1615 | VD17 3:300975W
  8. Christoph Gaudich, Schulfest oder Schulpredigt, Jena: Weidner, 1615 | VD17 39:139351Q
  9. Simon Gedik, Encaenia Sacra, Oder Christliche Predigt/ Bey Renovation oder ernewerung der [...] Dom Kirche zu Meissen, Freiberg: Hoffmann, 1616 | VD17 1:036015N
  10. Musica instrumentalis (Meißen 1605)
  11. Simon Gedik, ValetPredigt/ Simonis Gedicci, Freiberg: Hoffman, 1616 | VD17 39:139357L
  12. Simon Gedik, Investitura Misnensis, Freiberg: Hoffman, 1616 | VD17 39:139363M
  13. Matthias Hoë von Hoënegg, Publicatio Et Introductio, Scholae Novae Evangelicae Pragensis, Leipzig : Lamberg, 1612 | VD17 12:131317Z

Halle (Saale), Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (D-HAu): Pon Vk 2487,QK [Verlust 1947]

Beschreibung

Dieses Exemplar aus der Sammlung Ponickau dürfte einzeln eingebunden gewesen sein, wie alle anderen Orgelpredigten dieser Provenienz. Es ist im OPAC der Bibliothek als Verlust ausgewiesen. Der Verlust wird auf das Jahr 1947 datiert. Offenbar verschwand der Druck im Zusammenhang mit den Vorfällen der Kriegsjahre. Seit September 1943 wurden besonders kostbare Teile der Bibliotheksbestände an Orte ausgelagert, die vor Luftangriffen sicher waren. Unter diesen Beständen war auch die Sammlung Ponickau:

Bei der Rückführung der 280.000 ausgelagerten Bände bis zum Spätsommer 1946 in die unbeschädigte Universitätsbibliothek zeigte sich, daß begrenzte Verluste und Schäden durch Witterungseinflüsse, Ungeziefer und Mißbrauch entstanden waren. Das betraf vor allem wertvolle Karten- und Porträtsammlungen und die Ponickauische Bibliothek für sächsische und thüringische Geschichte.[5]

Nicht weniger wahrscheinlich als ein Verlust bei den Transportmaßnahmen ist aber auch eine Beschlagnahmung seit dem Spätsommer 1945, als nicht nur Propagandaliteratur auf Befehl des Alliierten Kontrollrates ausgesondert wurde, sondern gelegentlich auch andere Titel.[6]

Gegenwärtig lässt sich die Frage nach dem Schicksal der Orgelpredigt nicht genauer erhellen.

Leipzig, Universitätsbibliothek, »Bibliotheca Albertina« (D-LEu): St.Nicolai.857/5

Beschreibung

Das Exemplar ist vollständig erhalten und entspricht aufgrund der Angabe Jn verlegung Johann: Börners des jüngern/ Druckts Jacob Popporeich. Jm M. DC. V. Jahr. im Kolophon dem Dresdner Exemplar mit der VD-Nummer VD17 14:018757U.

Die Orgelpredigt ist Teil eines umfangreichen Predigtbandes mit der Grundsignatur St.Nicolai.857. Er besitzt einen gut konservierten, weißen Pergamenteinband mit Prägungen an den Schnittkanten. Das Konvolut umfasst insgesamt 30 Werke. Auf dem vorderen Vorsatzblatt befindet sich ein handschriftliches Inhaltsverzeichnis. Es listet 40 Nummern auf. Diese höhere Anzahl an Titeln resultiert daraus, dass jeder inhaltlichen Einheit eine eigene Nummer zugewiesen wurde. Dies betrifft die Sammeldrucke Nr. 1, 3, 22, 23 und 25. Die Orgelpredigt des Polantus hat so im Inhaltsverzeichnis die Nr. 8 erhalten. Diese Zählung unterscheidet sich von derjenigen des Erstbesitzers Lb PersonWeinrich, Thomas (ca. 1587 – 1629) Thomas Weinrich, der 30 Werke erwähnt (siehe dazu unter Provenienz). Die stärker ausdifferenzierte Zählung dürfte von den Bibliothekaren der Nikolaikirche angelegt worden sein, um den Lesern die Benutzung zu erleichtern. Mit Bleistift hinzugefügt ist im Inhaltsverzeichnis aber auch die noch heute gültige Zählung mit 30 Werken. Diese Bleistiftzählung scheint auf eine spätere, aber immer noch historische bibliothekarische Bearbeitung zurückzugehen.

Das Konvolut enthält Kasualpredigten der Jahre 1585 bis 1612. Aus dem 16. Jahrhundert stammen nur vier der Drucke. Der Schwerpunkt liegt in den Jahren 1601-1612. Die Werke sind thematisch stringent gruppiert. Zahlenmäßig dominieren Hochzeitspredigten (Nr. 9-14). Daneben gibt es Predigten zu politischen Ereignissen (Nr. 1, 7-9), zu dienstlichen Anlässen in der Pfarrerlaufbahn (Valet und Investitur, Nr. 27-30), zu wichtigen Festen des Kirchenjahrs (Himmelfahrt Nr. 16, Advent Nr. 22), Psalmpredigten (Nr. 24-25), Kontroverspredigten (Nr. 18-19) u.a. Vier Werke gehören zur Gattung der evangelischen Einweihungspredigt (Nr. 2-5). Es fällt auf, dass der Besitzer des Bandes zur Bestückung dieses thematischen Bereichs den sonst dominierenden zeitlichen und regionalen Rahmen überschritten hat. Einerseits beschaffte er sich eine Predigt aus dem fernen Gießen (Nr. 2); andererseits griff er auf einen Anfang der 1590er Jahre entstandenen Text zurück, die in zahlreichen Nachdrucken verbreitete Predigt, die Lb PersonMirus, Martin (1532–1593) Martin Mirus 1591 anlässlich der Umgestaltung des Halberstadter Doms gehalten hatte.

Unter den Autoren stellt Lb PersonHoë von Hoënegg, Matthias (1580–1645) Matthias Hoë von Hoënegg als einziger vier Predigten. Der österreichische Exulant war seit 1602 in Le Geographicumh Territorium: Sachsen Sachsen als Pfarrer tätig. Er wurde 1603 Superintendent in Le Geographicumf Ort: Plauen Plauen. Bereits vor seiner Ernennung zum sächsischen Hofprediger im Jahre 1612 lässt sich damit erkennen, dass seinen Publikationen besonderes Gewicht beigemessen wurde. Mehrfach vertreten sind auch Schriften der sächsischen Theologen Lb PersonPamler, Caspar (1573–1624) Caspar Pamler und Lb PersonHammer, Martin (1560–1626) Martin Hammer.

Provenienz

Der Band besitzt auf der Vorderseite das Supralibros M T W H | 1612. Das Monogramm ist aufzulösen als Magister Thomas Weinrich Hirschbergensus [oder: Hirschbergensis]. Es bezieht sich auf den Leipziger Theologen Lb PersonWeinrich, Thomas (ca. 1587 – 1629) Thomas Weinrich. Auf der Rückseite der letzten enthaltenen Predigt (Nr. 30) vermerkte der Besitzer unten in Tinte: M T W G 30 Finis. Neben der neuerlichen Nennung der Initialen ist hier offenbar auch die Anzahl der enthaltenen 30 Drucke berücksichtigt.

Vermutlich nach dem Tod dieses Erstbesitzers ging der Band in den Bestand der Le Geographicumg Gebäude: Leipzig, Nikolaikirche Nikolaikirche in Leipzig über, an der Weinreich zuletzt als Archidiakon amtiert hatte. Auf dem Buchrücken steht oben eine alte Signatur 795, unten die heute noch gültige, die auf die Bibliothek der Nikolaikirche hindeutet: Nic | 857. Die Bestände der Kirchenbibliothek blieben über die Jahrhunderte in ihrem historischen Zustand erhalten. Die etwa 1650 Werke, von denen 1404 aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen, gelangten erst im Jahr 1930 als Dauerleihgabe an die Universitätsbibliothek Leipzig.[7]

Das gesamte Konvolut weist praktisch keine Lektürespuren auf. Auch die darin enthaltene Predigt des Polantus besitzt keinerlei Einträge oder Unterstreichungen.

Enthaltene Werke
  1. Matthias Hoë von Hoënegg, Zwo Glückwünschungs, Danck, vnd Frewden Predigten, Leipzig: Lamberg, 1610 | VD17 23:270718Q
  2. Hartman Braun, Eine Christliche Dancksagungs Predigt / für die newe Lutherische Academia zu Giessen, Darmstadt: Hofman,1608 | VD17 3:601928X
  3. Adam Crato, Christliche Schulpredigten, Magdeburg: Francke, 1585 | VD16 K 2170
  4. Martinus Mirus, Encaenia oder Renoualia der Stiffts Kirche zu Halberstadt, Jena: Richtzenhan / Donat, 1591 | VD16 M 5443
  5. Musica instrumentalis (Meißen 1605)
  6. Hartmann Braun, Eine Christliche Quaestion/ sampt der Responsion/ Warumb die Mütter lieber Söhne als Töchter haben?, Giessen: Chemlein 1611 | VD17 14:072357R
  7. Matthias Hoë von Hoënegg, Eine Christliche Rhatspredigt, Leipzig: Lamberg, 1605 | VD17 12:207558N
  8. Laurentius Drabitius, HuldungsPredigt, Leipzig: Lamberg, 1602 | VD17 14:008680B
  9. Polycarp Leiser, Eine Christliche Predigt sampt beygefügter Erinnerung, Gehalten bey dem Fürstlichen Beylager Des [...] Fürsten [...] Johannis Georgii, Hertzogen zu Sachsen, Dresden: Stöckel, 1604 | VD17 15:732693E
  10. Martin Hammer, Paromoia Coniugalia Duo. Zwo Vorgleichungen des Ehestandes und Ehelichen Lebens, Leipzig: Börner / Rehfeld / Beyerus / Kober, 1611 | VD17 39:113191X
  11. Martin Hammer, Rebecca sponsa. Christliche Hochzeit Predig, Wittenberg: Hellwig / Meißner, 1604 | VD17 39:113203K
  12. Daniel Henich, Eheliche BrautKrone, Leipzig: Börner / Popporeich, 1607 | VD17 39:113208X
  13. Caspar Pamler, Sermon vnd Hochzeitpredigt, Leipzig: Typis Beerwaldin, 1603 | VD17 23:334389C
  14. Matthias Hoë von Hoënegg, Eine christliche Predigt [...] Von deß Heiligen Ehestandes fürtreffligkeit, Leipzig: Lamberg, 1606 | VD17 3:631153V
  15. Lucas Osiander, Von der ewigen Gnadenwahl der Kinder Gottes, Tübingen: Gruppenbach, 1615[8] | VD17 15:732714R
  16. Matthias Hoë von Hoënegg, Eine Christliche/ Einfeltige/ Lutherische Predigt/ von dem Hochwichtigen schweren Artickel/ der Siegreichen Himmelfarth, Leipzig: Lamberg, 1604 | VD17 75:672438D
  17. Matthaeus Tragen, Die Ander Predigt von dem Hochwirdigen Testamente, Dresden: Bergen, 1593 | VD16 T 1810
  18. Hieronymus Toxites, Die Lehre des heiligen Geistes/ Vnd die Zwinglische/ Calvinische Irrthumen, Jena: Richtzenhan, 1602 | 23:328417M
  19. Paulus Scheidlichius, De officio episcopali, Schmalkalden: Schmuck, 1589 | VD16 S 2526
  20. David Reutz, Puer sunamiticus, Alten Stettin: Rhete, 1611 | VD17 23:634878X
  21. Michael Saxonus, Eine Lehr vnnd Trostreiche Predigt, Erfurt: Wittel, 1585 | VD16 S 713
  22. Daniel Schaller, Vier Advents Predigten, Magdeburg: Francke / Schmidt, 1612 | VD17 23:270930C
  23. Erasmus Rothmaler, Vier Christliche [...] Predigten/ Von unterschiedlicher Materien, Leipzig: Lamberg, 1604 | VD17 39:111452M
  24. Paulus Nicandrus, Geistlicher Palmenbawm, Leipzig: Lamberg, 1604 | VD17 1:058082A
  25. Caspar Pamler, Drey Christliche Predigten/ Vber den dritten Psalm, Leipzig: Bärwald / Börner, 1599 | VD16 ZV 19425
  26. Caspar Pamler, Eine Predigt von dem lieben Creutze, Leipzig: Gaubisch, 1601 | VD17 15:732716F
  27. Gabriel Güttener, Fidelitas Moysis [...] Zum Valet vnd Abschiede [...] gehalten, Leipzig: Lantzenberger / Freiberg: Hofman, 1611 | VD17 125:010058D
  28. Elias Andreas, Valetpredigt, Leipzig: Lamberg, 1604 | VD17 39:139307C
  29. Andreas Cotta, Geistliches Pacem, Leipzig: AmEnde, 1610 | VD17 15:732717P
  30. Johannes Scultetus, Vocatio et missio P. Mosis, Breslau: Perfert, 1610 | VD17 14:072365G

Washington, D.C., Library of Congress (US-Wc): ML3001. P65

Beschreibung

Das Exemplar der Library of Congress (Washington) ist separat in einen neuzeitlichen Einband eingebunden. Im Exemplar fehlt das letzte Blatt mit dem Kolophon. Daher lässt sich nicht entscheiden, welche Variante des Drucks vorliegt.

Der Druck enthält keine Nutzerspuren mit Ausnahme einer schwer entzifferbaren Kombination zweier Buchstaben (Namenskürzel) in schwarzer Tinte auf dem rechten unteren Rand des Titelblatts. Im Einband befinden sich in Tinte die LC call number und die Akquisitionsnummer.

Provenienz

Die Provenienz des Buchs lässt sich nur bis in das Jahr 1911 zurückverfolgen. Zu diesem Zeitpunkt erwarb die Library of Congress den Druck von dem Berliner Antiquar Lb PersonLiepmannssohn, Leo (1840–1915) Leo Liepmannssohn. Er war zuvor in dessen Katalog zum Verkauf angeboten worden.[9]

Auskünfte zur Beschaffenheit und Provenienz des Exemplars erteilte Susan Clermont (Library of Congress, Washington, Music Division) in ihrer Mail vom 7. März 2018. Freundlicherweise stellte sie auch Scans der Titel- und Schlussseite zur Verfügung.

Lucinde Braun

Einzelanmerkungen

  1. Vgl. Henning, Johann August von Ponickau (2002), S. 30f. Frühere Vorbesitzer lassen sich nicht ermitteln.
  2. Vgl. Henning, Johann August von Ponickau (2002), S. 33-40.
  3. Vgl. Henning, Johann August von Ponickau (2002), S. 48-55.
  4. Vgl. Henning, Johann August von Ponickau (2002), S. 57f.
  5. Zitiert nach: http://fabian.sub.uni-goettingen.de/fabian?Universitaets-_Und_Landesbibliothek_Sachsen-Anhalt
  6. Vgl. http://fabian.sub.uni-goettingen.de/fabian?Universitaets-_Und_Landesbibliothek_Sachsen-Anhalt
  7. Vgl. Handbuch der historischen Buchbestände 18 (1997), S. 44, S. 159.
  8. Die Jahreszahl auf dem Titelblatt ist ein Druckfehler. Sie lautet richtig 1595. Siehe dazu den Kommentar zum Exemplar der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel: VD17 23:631697D.
  9. Liepmannssohn, Katalog 176 (1910), S. 72. Folgendermaßen lautet die Beschreibung: 946a. - Polantus (Nicolaus), Musica Instrumentalis, von Christlichem Brauch der Orgelwerck vnnd Seytenspiel / bey dem heiligen Gottesdienst / Eine Predigt / Gehalten in der Domkirchen zu Meissen / Als die Newe Orgel / ... allda zuerst gebrauchet ward. Gedruckt zu Leipzig 1605. kl. 4. br. (46 SS.) 8.- Fehlt bei Eitner. Im selben Auktionskatalog ist auch Lc PredigtautorKretschmar, Gottfried (1654–1711) Gottfried Kretschmars La OrgelpredigtEinweihungs-Predigt (Görlitz 1704) M Orgelpredigt aufgelistet, vgl. Liepmannssohn, Katalog 176 (1910), S. 66.

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Letzte Änderung dieses Dokuments am 14. Februar 2022.

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